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Schwarzbuch der Steuerzahler Steuerverschwendung: Diese fünf Fälle aus Sachsen-Anhalt stehen am Pranger

Gut gemeint, schlecht gemacht – unter dieses Motto lässt sich fassen, was der Bund der Steuerzahler kritisiert. Fünf Beispiele aus Sachsen-Anhalt sind dabei.

Von Hagen Eichler 09.11.2021, 11:00
Bei der Corona-Nachverfolgung hat Sachsen-Anhalt viel Geld in die Luca-App investiert. Doch die Berhörden nutzen die App nicht. Erst zwei Mal wurden Daten abgerufen.
Bei der Corona-Nachverfolgung hat Sachsen-Anhalt viel Geld in die Luca-App investiert. Doch die Berhörden nutzen die App nicht. Erst zwei Mal wurden Daten abgerufen. Foto: dpa-Zentralbild

Magdeburg/MZ - Gut gemeint, schlecht gemacht – unter dieses Motto lässt sich fassen, was der Bund der Steuerzahler kritisiert. Fünf Beispiele für die Verschwendung von Steuergeld aus Sachsen-Anhalt sind dabei.

Eine Corona-App, die fast nie genutzt wird

Rund eine Million Euro zahlte das Land, damit die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten die Luca-App nutzen können. Allerdings: Auch wenn sich viele Sachsen-Anhalter in Cafés und Museen fleißig mit der App anmelden, greifen die Behörden auf die Daten kaum zurück. Eine MZ-Recherche zeigte: In den ersten fünf Monaten gab es lediglich zwei Datenabrufe. Rechnerisch kostete damit jeder einzelne eine halbe Million Euro. Die Anschaffung der App sei „übereilt“ erfolgt, rügt der Steuerzahler-Bund nun. Ihn ärgert vor allem, dass das Land kein nutzerabhängiges Preismodell vereinbart hat und Serverkapazitäten im Voraus bezahlt wurden.

Fischtreppe mit Handbetrieb

7,9 Millionen Euro kostete eine in Dessau errichtete Aufstiegsanlage, die Fischen in der Mulde das Wandern flussaufwärts ermöglichen soll. Allerdings funktioniert die Anlage laut einem Gutachten nur dann, wenn der Wasserdurchfluss manuell gedrosselt wird. Dafür ist ein „beträchtlicher personeller Aufwand“ nötig. Der Steuerzahlerbund rügt, der Landesbetrieb für Hochwasserschutz habe es versäumt, Alternativen zu prüfen. Fazit: „So muss der Steuerzahler nicht nur für eine nicht voll funktionierende millionenschwere Anlage aufkommen, sondern auch für den laufenden Unterhalt und für mögliche Nachbesserungen.“

Unzuverlässige Sanduhren in Wittenberg

Mit der Beschaffung von 2.500 Sanduhren wollte die Lutherstadt Wittenberg Autofahrern zeigen, wie lange sie kostenlos parken dürfen. Dumm nur: Der Sand rieselte viel zu schnell durch das Glas – die Stadt zog die defekten Geräte aus dem Verkehr. „Offensichtlich gehen die Uhren am Herstellungsort etwas schneller als in Wittenberg“, spottet der Bund der Steuerzahler, wird dann aber grundsätzlich: „Es ist wenig nachvollziehbar, warum im digitalen Zeitalter und trotz der ohnehin geplanten Installation der Brötchentaste noch getestet wird, ob Sanduhren richtig rieseln und ob sie von Autofahrern angenommen werden.“

Teurer Rauswurf der Lotto-Geschäftsführer

Wegen Verfehlungen in Zusammenhang mit der Sportwetten-Affäre setzte das Finanzministerium im vergangenen Jahr die Lotto-Geschäftsführung ab – zunächst durch eine bezahlte Freistellung, danach durch fristlose Kündigung. Ins Leere fiel das Führungsduo nicht. Ex-Lotto-Chefin Maren Sieb kassierte für die Freistellung 30.000 Euro und nach MZ-Informationen noch eine Abfindung von 175.000 Euro. „Ungeheuerlich und nicht akzeptabel“ nennt der Steuerzahlerbund dieses Vorgehen – verantwortlich dafür sei das Land, das Geschäftsführerverträge schlecht gestaltet habe und sich juristische Fehleinschätzungen geleistet habe.

Eine Brücke für nur wenige Tage

Als überflüssig stuft der Steuerzahlerbund den Neubau einer Straßenbrücke über ein nur selten genutztes Eisenbahngleis ein. Zwischen Gräfenhainichen und Jüdenberg (Landkreis Wittenberg) führt die B 107 über die neue Brücke. Das darunter liegende Gleis werde nur an wenigen Tagen im Jahr für Fahrten zum Museums- und Veranstaltungsort „Ferropolis“ genutzt, rügt der Verband. „Ein ganz normaler unbeschrankter Bahnübergang mit Andreaskreuz hätte es auch getan, zumal bei Großveranstaltungen die Polizei vor Ort ist.“ Die reinen Baukosten der Brücke liegen bei voraussichtlich 1,5 Millionen Euro, Planungskosten kommen noch dazu.