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Städten droht Verödung Städten in Sachsen-Anhalt droht Verödung: Kleine Geschäfte und Kaufhäuser auf dem Rückzug

Von Steffen Höhne 18.08.2017, 17:45
Leere Geschäfte in der Weißenfelser Innenstadt trüben die Einkaufslust der Einwohner.
Leere Geschäfte in der Weißenfelser Innenstadt trüben die Einkaufslust der Einwohner. Peter Lisker

Halle (Saale) - Kleine Geschäfte und Kaufhäuser sind in Sachsen-Anhalt auf dem Rückzug. Die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) warnt in ihrem am Freitag vorgelegten „Handelsatlas 2017“ davor, dass es ohne Gegenmaßnahmen durch Händler und Städte in einigen Jahren „ein vielfältiges und breites Angebotsspektrum nur noch in größeren Städten und modernisierten Einkaufszentren gibt“.

Verkaufsflächen im südlichen Sachsen-Anhalt: Rückgang vor allem bei Fachgeschäften

Nach Angaben der IHK sind die Verkaufsflächen im südlichen Sachsen-Anhalt seit 2012 um insgesamt 3,2 Prozent auf rund zwei Millionen Quadratmeter gesunken. Das entspricht der Größe von zehn Fußballfeldern. Besonders drastisch fällt der Rückgang dabei bei Fachgeschäften mit einem Minus von 11,6 Prozent aus. Vor allem Buch- und Spielwarenläden sowie Elektrogeschäfte verschwinden. Auch das Warenhaus verliert mit knapp neun Prozent. Zuwächse gibt es im stationären Handel nur bei den Supermärkten, sie erweiterten ihre Fläche um 17,3 Prozent. Insgesamt stehen in der Region 2 859 Geschäfte leer.

„Der Kampf um Kunden und Standorte wird härter“, erklärte IHK-Geschäftsführerin Antje Bauer. Neben dem Bevölkerungsrückgang macht der rasant wachsende Online-Handel den hiesigen Händlern zu schaffen. Laut Branchenverband E-Commerce und Versandhandel ist der Umsatz im Onlinehandel in Deutschland 2016 um zwölf Prozent auf 70 Milliarden Euro gewachsen. Auf ihn entfallen bereits 13 Prozent der Einzelhandelsumsätze. In bestimmten Branchen wie Elektronik und Sportartikel sind die Marktanteile besonders hoch.

Experte: Von einer Entspannung im stationären Handel weit entfernt

Bauer geht davon aus, dass der Umsatz an bestimmten Standorten durch die Konkurrenz aus dem Netz noch weiter „erheblich zurückgehen“ wird. „Wir sind von einer Entspannung im stationären Handel weit entfernt.“ Denn noch immer entfallen statistisch gesehen auf jeden Bürger im südlichen Sachsen-Anhalt 1,67 Quadratmeter Verkaufsfläche, was über dem Bundesschnitt liegt.

Die Situation ist in jeder Stadt und Region unterschiedlich. Die IHK wird im Laufe des Jahres detaillierte Berichte für die einzelnen Standorte vorlegen. Beim Rückgang der Verkaufsflächen stark betroffen ist Dessau-Roßlau mit einem Minus von 12,6 Prozent seit 2012, Zerbst verliert sechs Prozent und der Landkreis Mansfeld-Südharz 6,4 Prozent. In Halle, der größten Stadt in der Region, sind die Verkaufsflächen um 5,4 Prozent zurückgegangen.

IHK-Geschäftsführerin: Städte müssen sich auf ihre Wurzeln besinnen

IHK-Geschäftsführerin Bauer sieht einen „dringenden Handlungsbedarf“ - nicht nur für Handelsfirmen, sondern auch bei Kommunen. „Der Handel muss zum festen Bestandteil eines ,Wir-Gefühls’ in der Stadt werden.“ Nach ihrer Ansicht müssen sich Städte auf ihre Wurzeln besinnen und wieder zu unverwechselbaren Zentren des täglichen Lebens werden, in denen gewohnt, gearbeitet, Freizeit gestaltet, gehandelt, kommuniziert und genossen wird. Dafür müsse es Konzepte geben. Im IHK-Kammerbezirk hätten Halle und Köthen dazu bereits gute Ansätze. In Sachsen-Anhalt gelinge ein solcher Mix auch Aschersleben und Wernigerode bereits ganz gut. Laut Bauer sollten auch neue Ansätze von Gastronomie mit Dienstleistungen getestet werden. „Die Akteure vor Ort müssen ihre Optionen wahrnehmen, sonst droht früher oder später eine Verödung, die nicht schnell rückgängig gemacht werden kann“. (mz)