"Weniger Messer heißt geringere Gefahr" Sachsen-Anhalt: "Weniger Messer heißt geringere Gefahr": Kommt das Verbot von Stichwaffen?

Magdeburg - In Sachsen-Anhalt wächst der Druck, weitreichende Messerverbote auf Straßen und Plätzen zu erlassen. Hintergrund ist die Zunahme von Straftaten mit Stichwaffen in den vergangenen Jahren. „Weniger Messer heißt geringere Gefahr“, erklärte SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben. Neue Verbote fordert auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Jedes Messer, das nicht in der Öffentlichkeit mitgeführt wird, ist ein Problem weniger“, sagte Landeschef Uwe Bachmann der MZ. Wie Erben setzt er auf eine Gesetzesverschärfung auf Bundesebene, die auch in Sachsen-Anhalt greifen könnte.
Konkret soll der Bundesrat im September entscheiden, ob künftig Messerverbotszonen an belebten öffentlichen Orten eingerichtet werden können. Bahnhöfe, Einkaufszentren, Großveranstaltungen und das Umfeld von Schulen wären potenziell betroffen.
Verbote nur an nachgewiesenen Kriminalitätsschwerpunkten möglich
Bisher sind solche Verbote nur an nachgewiesenen Kriminalitätsschwerpunkten möglich. Zusätzlich soll es ein Generalverbot für Springmesser und Klingen ab sechs Zentimeter geben. Bisher sind zwölf Zentimeter erlaubt. Hinter dem Antrag im Bundesrat stehen die Länder Niedersachsen und Bremen. Erben fordert jetzt auch Sachsen-Anhalts Regierung auf, sich anzuschließen.
Anlass sind gehäufte Fälle wie dieser: In Halle wurde am Dienstagabend ein 39 Jahre alter Mann bei einer Auseinandersetzung schwer verletzt - laut Polizei mutmaßlich mit einem Messer. Festgenommen wurden zwei 20 und 21 Jahre alte Männer, die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen versuchten Totschlags.
Problematisch für Sicherheitsexperten: Verlässliche Zahlen zu Straftaten mit Messern gibt es in Sachsen-Anhalt nicht. Es fehlt an einer Pflicht für Polizisten, diese Tatwaffe zu erfassen, anders als bei Schusswaffen. Dennoch kann das Innenministerium teilweise nachvollziehen, dass die Fälle seit 2013 tendenziell zunehmen.
Bis 2017 gab es einen Anstieg um 21 Prozent auf 724 Fälle. Messer wurden etwa zur Drohung eingesetzt (rund 310 Fälle), aber auch zur gefährlichen Körperverletzung (230). Brisant: Geht es nach diesen Zahlen, verdoppelten sich die Körperverletzungen mit Messern an öffentlichen Plätzen seit 2013 auf 113 Fälle. Die GdP fordert eine verpflichtende Erfassung von Fällen, in denen Messer Tatwaffe sind.
Die Grünen in Sachen-Anhalt halten nicht von Waffenverbotszonen
Zugleich hält Gewerkschafter Bachmann Verbotszonen aktuell für sinnvoll, trotz lückenhafter Datenbasis. „Es gibt Orte, wo dies angebracht wäre: etwa Hauptbahnhöfe, aber auch Marktplätze und andere Treffpunkte.“ SPD-Politiker Erben sagte: „Viele Messerangriffe finden nicht unbedingt an Kriminalitätsschwerpunkten statt. Zu schützen ist unter anderem das Umfeld von Schulen.“ Es gehe tendenziell um junge Täter, „die im Affekt ein Messer ziehen“. Deshalb seien neue Verbotszonen sinnvoll.
Die Grünen in Sachen-Anhalt unterstützen strengere Regeln für das Mitführen von Messern, halten aber nicht viel von Waffenverbotszonen. Angesichts der bundesweiten Debatte fürchtet unter anderem der Bayerische Trachtenverband eine Verschärfung des Waffenrechts. „Dieses Gesetz würde, zumindest zum Teil, auch uns als Trachtler einschränken, ist doch das Tragen eines Messers bei vielen Trachten ein wichtiger Bestandteil der Tracht als solches“, warnte der Vorsitzende Max Bertl.
Die Justizministerkonferenz plädierte am Donnerstag mit der Mehrheit der CDU für härtere Strafen in Fällen gefährlicher Körperverletzung mit Messern. Das Mindeststrafmaß könne angehoben werden, sagte Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) der MZ. Es liegt bei sechs Monaten Haft. „Es geht um eine spürbare Sanktion“, so Keding.
(mz)