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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Abi künftig auch mit null Punkten in einer Prüfung

Von Anja Förtsch 13.06.2016, 18:53

Magdeburg - Zwölf Jahre dauert der Weg zum Abitur in Sachsen-Anhalt. Sechs Jahre Gymnasium, und dann einige Stunden Prüfungen, schriftlich und mündlich. Prüfungen, die im äußersten Fall die gesamte Oberstufenzeit zunichte machen können: In nur einer Prüfung null Punkte zu kassieren, bedeutet in Sachsen-Anhalt bisher das Aus für das Abitur. Egal, wie gut die Noten vorher waren.

Diese Null-Punkte-Regel in der Oberstufenverordnung des Landes wird nun fallen. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) erklärte, es werde „zu einer Variation der Leistungsansprüche an Abiturienten kommen“. Wann die angekündigten Änderungen greifen werden, ist allerdings noch unklar.

Unverhältnismäßige Vorschrift

Im Vorfeld hatte das Verwaltungsgericht Magdeburg die entsprechende Null-Punkte-Regel als „unverhältnismäßig“ bezeichnet und für unwirksam erklärt.

„Das Bildungsministerium akzeptiert das Urteil und wird keine weiteren Rechtsmittel einlegen“, sagt Ministeriumssprecher Stefan Thurmann. Neben der Null-Punkte-Regel sollen auch weitere Punkte der Oberstufenverordnung geprüft und gegebenenfalls geändert werden.

Um welche Aspekte es sich genau handelt, steht derzeit aber noch nicht fest, so der Sprecher.

Die Oberstufenverordnung Sachsen-Anhalts sieht vor, dass Schüler, die in einer von fünf Prüfungen null Punkte erreichen, automatisch und ungeachtet der sonstigen Leistungen durch das Abitur fallen.

Genau das war einem Bernburger Schüler im Jahr 2013 passiert. Der junge Mann klagte - und das Gericht entschied in seinem Sinne: Es hob den Bescheid über das Nichtbestehen auf. Der Bernburger kann damit vom Landesschulamt einen Termin für eine Wiederholungsprüfung verlangen.

Winfried Borchert von der Eltern-Initiative „Aktion Faires Abi“ hält das Urteil allerdings für längst überfällig: „Das ist der neuerliche Beleg dafür, wie junge Leute in Sachsen-Anhalt durch die Schulbehörde jahrelang benachteiligt werden.“

Vor acht Jahren hatte das Gericht einen ähnlichen Fall verhandelt - und war bereits damals zum Schluss gekommen, dass die Null-Punkte-Regel nicht zulässig ist. „Hier wurde absichtsvoll jungen Menschen geschadet und es wurden Karrieren verbaut“, so Borchert. Das müsse nun innerhalb des Behördenapparats personelle Konsequenzen haben.

Zudem müsse geklärt werden, wie mit weiteren Betroffenen umgegangen wird, die ebenfalls wegen null Punkten in nur einer Prüfung durchgefallen sind - Borchert könne sich vorstellen, dass diese nun Schadenersatz geltend machen können.

Der Bernburger Schüler hatte die mündliche Abiturprüfung im Fach Religion nicht bestanden. Der damals 19-Jährige legte Widerspruch ein und erstattete später Klage gegen die Schule. Er habe im Unterricht zum gleichen Thema eine „sehr gute“ Note erhalten, die Bewertung mit null Punkten sei daher unmöglich.

Dem entspricht auch das Gericht in seinem Urteil: Demnach sei ein „einmaliges vollständiges Versagen in einer mündlichen Abiturprüfung von 22 Minuten Dauer kein hinreichendes Indiz für fehlende Hochschulreife“. (mz)