Landespolizei "Reichsbürger" bei der Landespolizei Sachsen-Anhalt: Vier Verfahren derzeit

Magdeburg - Die sogenannten Reichsbürger sorgen seit den tödlichen Schüssen auf einen SEK-Beamten in Mittelfranken bundesweit für Diskussionen - nun wurde bekannt, dass sie auch bei der Landespolizei in Sachsen-Anhalt zu finden sind.
Es laufen vier Disziplinarverfahren gegen Bedienstete, die einen Bezug zu den „Reichsbürgern“ haben, wie das Innenministerium am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
In drei Fällen sei bereits eine Suspendierung ausgesprochen worden. Welche Aufgaben die vier Bediensteten haben und seit wann die Verfahren laufen, blieb zunächst unklar.
Reichsbürger widersetzen sich der Polizei
Die „Reichsbürger“ sind Gruppierungen oder Einzelpersonen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen. Ihrer Ideologie zufolge existiert das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 weiter, daher verweigern sie oft die Zahlung von Steuern und Abgaben.
Im mittelfränkischen Georgensgmünd hatte ein Anhänger der Bewegung beim Einsatz eines Spezialeinsatzkommandos auf Polizisten geschossen. Ein 32-Jähriger starb, drei weitere Beamte wurden verletzt.
In Reuden im Burgenlandkreis war es Ende August ebenfalls zu einer Schießerei zwischen einem 41 Jahre alten „Reichsbürger“ und dem SEK gekommen. Drei Beamte wurden leicht, der 41-Jährige schwer verletzt.
Schusswaffengebrauch unter Reichsbürgern ist neu
In Sachsen-Anhalt gibt es nach Angaben des Innenministeriums etwa 80 „Reichsbürger“. Ein Viertel von ihnen habe Bezüge zu Rechtsextremisten. Der Verfassungsschutz könne nur Informationen über solche „Reichsbürger“ sammeln, denen tatsächlich verfassungsfeindliche Bestrebungen nachzuweisen sind. Das sei bei der Mehrheit nicht der Fall.
Bisher fielen die Anhänger neben der Zahlungsverweigerung vor allem durch Bedrohungen, Einschüchterungen und Nötigungen auf. Ein Schusswaffengebrauch wie zuletzt in Reuden stelle eine neue Dimension dar, erklärte ein Ministeriumssprecher. Die Schießerei in Reuden war demnach Anlass, um beobachtete „Reichsbürger“ speziell auf legalen Waffenbesitz zu überprüfen.
Gegen Reichsbürger vorgehen
Aus Sicht der Linksfraktion im Landtag wurde das Phänomen lange unterschätzt. Sie hält die Zahl der „Reichsbürger“ mit extremistischem Hintergrund für deutlich höher als vom Ministerium angegeben. „Die zentrale Idee der Reichsbürger entspringt einem rechten Geschichtsrevisionismus“, erklärte die Innenexpertin Henriette Quade.
„Dass sich hier auch ein paar Spinner sammeln, die sich von der Idee des Steuerboykotts oder der Bußgeldverweigerung angezogen fühlen, tut dem Kern der rechtsextremistischen Zuordnung keinen Abbruch.“
Es gelte, all jene zu unterstützen, die auf unterschiedlichen Ebenen von den Reichsbürgern bedrängt oder angegriffen würden. „Dazu zählen insbesondere Staatsbedienstete.“ (dpa)