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Tierschutz Starker Protest von Peta: "Geringer Tierschutz in Sachsen-Anhalt ist beschämend"

Nach der Anzeige um die Schimpansen im Magdeburger Zoo und dem Kutschunglück im Harz mit Todesfall hat sich die Tierrechtsorganisation Peta wieder eingeschaltet. Für Sachsen-Anhalt fordert sie umgehende Verbesserungen beim Tierschutz.

Von Arne Birger Jeske Aktualisiert: 19.10.2023, 20:09
Die Peta setzt sich immer wieder für das Tierrecht ein. In Sachsen-Anhalt fordert die Organisation viele Verbesserungen für das Wohl aller Tiere.
Die Peta setzt sich immer wieder für das Tierrecht ein. In Sachsen-Anhalt fordert die Organisation viele Verbesserungen für das Wohl aller Tiere. Foto: IMAGO / Funke Foto Services / Thomas Schmidtke

Magdeburg - In Sachsen-Anhalt gibt es eine Vielzahl von Fällen, in denen der Schutz und die Rechte der Tiere laut der Tierrechtsorganisation Peta nicht weit genug reichen. Die letzten Vorkomnisse aus dem Zoo in Magdeburg oder die Kutschunglücke in Sachsen-Anhalt zeigen laut der Organisation auf, wie wichtig es sei, weiterhin für das Wohl der Tiere einzustehen.

Peta und die letzten Vorfälle in Sachsen-Anhalt

Zuletzt meldete sich Peta in Sachsen-Anhalt, als am 7. Oktober eine Pferdekutsche auf der Landesstraße 24 zwischen Adersleben und Deesdorf umstürzte, weil das Pferd scheute. Dabei verletzte sich die Mitfahrerin bei dem Sturz leicht. Auch im Vormonat September kam es im Jerichower Land zu einem Kutschenunfall.

Peta fordert für Sachsen-Anhalt deswegen ein Kutschenverbot auf den Straßen. Kutschen sind laut Aussage der Organisation nicht durch Airbags gesichert und gefährden den normalen Autoverkehr durch den gravierenden Geschwindigkeitsunterschied.

Insgesamt gibt es im Landkreis Harz 26 registrierte Reit- und Fahrbetriebe, mit insgesamt 194 Pferden, hinzu kommen 985 Pferdehalter mit insgesamt 3173 Pferden. Sie besitzen alle den tierschutzrechtlichem Sachkundenachweis, wie die Pressestelle vom Landkreis Harz bekannt gab.

Auch interessant: Peta schaltet sich nach Unfall ein - Bald Kutschenverbot im Harz?

Das Veterinäramt im Harz bedauert jeden Unfall, jedoch ist die Forderung von Peta aus Sicht der Veterinäre realitätsfern. "Pferde sind Nutztiere und werden seit Jahrhunderten als solche  eingesetzt", erklärt Amtstierarzt Dr. Rainer Miethig. "Ein generelles Verbot würde auch den Freizeitpferdesport betreffen und wäre mit einem Berufsverbot für 26 Gewerbebetriebe gleichzusetzen."

Für den Verkehr gilt überall in Deutschland "Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme", wie das Landratsamt Harz auf erneute Anfrage bekannt gab.

Gefordertes Kutschenverbot der Peta ist laut Ministerium unwahrscheinlich

Auch Andreas Tempelhof, Pressesprecher des Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt, erklärt: "Wie überall im Straßenverkehr können Unfälle vermieden werden, wenn sich alle Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten. Ein grundsätzliches Verbot von Kutschen ist daher, auch im Sinne der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer, unverhältnismäßig."

Für Gespannfuhrwerke gelten im öffentlichen Verkehr wie für alle anderen Fahrzeuge die allgemeinen Verkehrsregeln, Zeichen, Verkehrseinrichtungen und Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, heißt es weiterhin aus dem Ministerium.

"Kutschen gehören als Fahrzeuge zur Personenbeförderung und zum Gütertransport seit vielen Jahrhunderten zu den zugelassenen Fahrzeugen im Straßenverkehr. Sind Straßen für den Verkehr mit Kutschen nicht geeignet, gilt entweder ein gesetzliches Verkehrsverbot oder es können im Einzelfall Verkehrsverbote durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde angeordnet werden", erklärt Tempelhof weiter.

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Peta-Kampagne: "Menschenaffen raus aus Zoos" - auch in Magdeburg

Der Zoo in Magdeburg war durch die Peta in den letzten Jahren oft negativ behaftet. Grund dafür waren die Zustände im Schimpansenhaus, auf die die Tierrechtsorganisation aufmerksam wurde. Da den Menschenaffen einige Zeit nicht das große Außengehege zur Verfügung stand, zeigten sie laut der Tierrechtsorganisation nun psychische Verhaltensstörungen. Peta erstattete darauf Anzeige gegen den Zoo Magdeburg.

"2021 haben wir uns, neben der initiierten Strafanzeige, auch an den Magdeburger Stadtrat gewandt und anlässlich einer Abstimmung über die Finanzierung und bauliche Planung des Zoos dazu appelliert, sich gegen die geplante Zucht und Haltung von Schimpansen und Elefanten auszusprechen. Die beiden Tiergruppen leiden besonders stark unter der Gefangenschaft in Zoos.", erklärt Frau Dr. Yvonne Würz, Fachreferentin Zoo und Zirkus und Senior Biologin bei Peta.

Peta hat deswegen die Kampagne "Menschenaffen raus aus Zoos" ins Leben gerufen. Laut eigener Aussage zeigt die Kampagne Erfolg. Über 115.000 Menschen habe die Petition bereits unterzeichnet.
Auf Anfrage, ob der Zoo erneut Stellung zu der wiederaufgenommenen Klage von Peta nehmen möchte, kam noch keine Antwort.

Zur weiteren Information: Schimpansenhaltung im Zoo Magdeburg: Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen wieder auf

Forderung nach Verbot von Totschlagfallen bei der Jagd für Sachsen-Anhalt

Totschlagfallen sind in Deutschland politisch sehr umstritten, weswegen bereits sieben der 16 Bundesländer diese Fallen bereits verboten haben. Demnächst werden auch Rheinland-Pfalz und Brandenburg diese Fallen aus dem dem Jagdkatalog nehmen. 

Warum der Einsatz dieser Fallen in den Bundesländern so unterschiedlich ist, weiß Torsten Reinwald, Pressesprecher und stellvertretender Geschäftsführer vom Deutschen Jagverband (DJV). "Der Einsatz dieser Fallen ist Ländersache und hängt oft von politischen Interessen ab, dabei geht es nicht immer nur um Artenschutz."

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Deutscher Jagdverband: Totschlagfallen werden bei gewissen Tieren benötigt

Manche fleischfressenden Jäger, wie der Steinmarder, lassen sich effektiver mit Totschlagfallen jagen, da die herkömmliche Jagd hierfür zu ineffektiv und aufwendig ist, heißt es vom DJV.

"Bei der Jagd geht es immer auch um das Tierwohl der bedrohten und bejagten Arten. Steinmarder geraten in Lebendfallen in Panik und können vom Menschen nur schwer bejagt werden, da sie nachtaktiv sind. Deswegen kommen beim Marder die Totschlagfallen zum Einsatz, um die Population in Grenzen zu halten. Diese Fallen sind so effektiv, dass das Tier nicht unnütz leiden muss", erklärt Reinwald.

Viel schlimmer findet der Jagdexperte, dass man in normalen Baumärkten und im Handel diverse Totschlagfallen kaufen kann. "Diese Fallen sind für jeden frei verfügbar und werden oft illegal eingesetzt. Dies endet wirklich oft in Tierquälerei und hat mit der Jagd und der Ausrüstung, wie wir sie vom DJV kennen, nichts mehr zu tun", so Reinwald.

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Um auf Nummer sicher zu gehen, hat der DJV alle eigenen Fallen, neben den strikten Vorgaben durch die EU, auch noch einmal extern überprüfen lassen. Für Sachsen-Anhalt gilt dabei auch nur der moderate Einsatz von Fallen, versichert der stellvertretende Geschäftsführer des DJV.

Ministerium LSA lässt Jagdgesetz überprüfen

Auf Anfrage zu dem Thema Totschlagfallen meldete sich auch das Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt.

Pressereferent Massimo Rogacki erklärt: "Laut Bundesjagdgesetz ist in Deutschland die Jagd durch Fangen von Wild grundsätzlich erlaubt, für bestimmte Fanggeräte aber durch 'Sachliche Verbote' gesetzlich beschränkt."

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Für das Bundesland gilt, wer Jagen will, muss dafür die Jägerprüfung absolvieren. "Eine Anpassung des Landesjagdgesetzes hinsichtlich der zulässigen Fangmethoden wird im Rahmen einer Gesetzesnovelle allerdings geprüft", sagt der Sprecher des Ministeriums.

Hundeführerschein in Sachsen-Anhalt von PETA gefordert 

Der Hundeführerschein ist Sekundarnachweis für angehende Hundehalter. Die Vorgaben für diesen Schein sind dabei auch in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Der Hundeführerschein stellt sicher, dass der Halter nachweisen kann, dass er seine Hund im Griff hat und richtig zu behandeln weiß.

"Durch einen Sachkundenachweis, wie ihn Niedersachsen seit Jahren erfolgreich anwendet, lassen sich Beißvorfälle reduzieren und Spontankäufe von Hunden im Internet verhindern", weiß Frau Dr. Würz von der Peta.

PETA auch aktiv bei der Gefahrtierverordnung

In Deutschland haben bereits neun von 16 Bundesländern eine Gefahrtierverordnung. Diese untersagt das Halten von bestimmten gefährlichen exotischen Tieren wie Tiger, größere Affenarten oder Giftschlangen. "Es gab schon mehrere gemeinsame Briefe von Peta zusammen mit anderen Tierschutzorganisationen, der letzte von 2022. Doch eine Antwort erfolgte bisher nicht", erklärt Frau Dr. Würz.

In Sachsen-Anhalt dürfen aktuell noch alle Tierarten gehalten werden. Hier müssen die Halter nur nachweisen, dass sie fachkundig und zuverlässig mit den Tieren umgehen. Auch hier fordert die Organisation vom Ministerium Nachbesserungsbedarf. 

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Fazit: Sachsen-Anhalt ist laut Peta sehr rückständig beim Thema Tierschutz

Aus Sicht der Tierrechtorganisation belegt Sachsen-Anhalt damit einen weit abgeschlagenen Platz im Vergleich zu anderen Bundesländern.

"Insgesamt ist festzuhalten, dass die Landesregierung in Sachsen-Anhalt dem Tierschutz einen so geringen Stellenwert einräumt, wie in kaum einem anderen Bundesland. Im Koalitionsvertrag steht fast nichts zum Thema Tierschutz. Das ist sehr beschämend, wenn man sich andere Länder anschaut, wie beispielsweise Niedersachsen, wo sehr viele Tierschutzvorhaben vereinbart sind," so Frau Dr. Würz.

Auf Anfrage beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, ob das Bundesland einen Hundeführerschein benötigt und ob die Gefahrtierverordnung überarbeitet werden muss, wurde noch keine Antwort gesendet.

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Was ist die Peta?

Peta steht für People for the Ethical Treatment of Animals, also „Menschen für die ethische Behandlung von Tieren“. Die Organisation wurde bereits in den 1980'ern in den USA gegründet und ist die weltweit größte Tierrechtorganisation. Fünf Millionen Menschen weltweit unterstützen Peta. 

Die Organisation will über Tiermissbrauch aufklären und das Mitgefühl bei Menschen schaffen, um den Tieren ein besseres Leben zu ermöglichen. Als eine gemeinnützig Hilfsorganisation finanziert sie sich fast ausschließlich über Spenden.

In Deutschland ist die Tierschutzorganisation seit 1993 als eingetragener Verein aktiv und hat hierzulande knapp 1,5 Millionen Unterstützer.