ParteienParteien: AfD und Grüne gewinnen in Sachsen-Anhalt viele neue Mitglieder
Halle (Saale) - Die AfD und Bündniss90/Die Grünen gewinnen in Sachsen-Anhalt viele neue Mitglieder. Die CDU und die SPD verlieren dagegen weiter.

Im politischen System Sachsen-Anhalts verschieben sich die Gewichte in überraschend hohem Tempo. Wachsen konnten im vergangenen Jahr lediglich zwei Parteien:
im rechten Lager die AfD, im linken Lager die Grünen. In der politischen Mitte setzten CDU und SPD ihren seit Jahren dauernden Sinkflug fort. Dasselbe dürfte für die Linkspartei gelten.
Die erst vor knapp sieben Jahren gegründete AfD zählte nach eigenen Angaben zum Jahresende in Sachsen-Anhalt 1 222 Mitglieder, rund 200 mehr als im Vorjahr. Die Grünen nahmen im vergangenen Jahr das tausendste Mitglied auf und kamen am Silvestertag auf 1 050 Personen, rund 180 mehr als ein Jahr zuvor.
Damit sind beide Parteien um ein Fünftel gewachsen.
AfD und Grüne verstehen sich selbst als schärfste politische Kontrahenten. „Wir sprechen die Menschen an, die sich dem Klimawahn entgegenstellen und die die ungelösten Probleme der illegalen Zuwanderung sehen“, sagte AfD-Landeschef Martin Reichardt.
Sebastian Striegel, einer der beiden Grünen-Landesvorsitzenden, nennt gerade den Aufstieg der AfD als Grund für Neueintritte in seine Partei. „Viele fragen sich: Wollen wir denen Raum geben, die die Demokratie abschaffen wollen? Unsere Neumitglieder wollen die Demokratie verteidigen und sich der Klimakrise stellen.“
Auch andernorts liefern sich beide Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Im Nachbarland Sachsen konnten die Grünen die AfD zum Jahresende bei der Mitgliederzahl überholen.
Die wachsende Basis spült einerseits mehr Mitgliedsbeiträge in die Kassen. Über die staatliche Parteienfinanzierung werden diese eigenen Einnahmen noch einmal aufgestockt. Gleichzeitig können die Parteien bei Wahlen mehr Kandidaten ins Rennen schicken und werden durch freiwillige Helfer schlagkräftiger.
Mitgliederstärkste Partei im Land bleibt die CDU. Ende November - aktuellere Zahlen hat die Partei nicht - gab es 6 318 zahlende Mitglieder, 270 weniger als zum Jahresende 2018. Die SPD schrumpfte leicht um 46 auf 3 530. Die Linke kam vor einem Jahr auf 3 614 Mitglieder, aktuelle Daten hat sie noch nicht.
CDU und Linke, die organisatorisch Vorläufer in der DDR hatten, schrumpfen vor allem durch Todesfälle. Seltener sind Austritte aus politischen Gründen. „Es gelingt uns noch immer nicht vollständig, die Verluste durch Neueintritte zu kompensieren“, sagte CDU-Generalsekretär Sven Schulze.
Abgänge von Funktionsträgern gab es in nur wenigen Fällen. Die CDU schloss im Landkreis Stendal mehrere Kommunalpolitiker um Osterburgs Bürgermeister Nico Schulz aus und begründete das mit nicht gezahlten Beiträgen. Die Geschassten selbst vermuten, dass die Parteiführung sie loswerden wollte, weil sie die aus ihrer Sicht unzureichende Aufklärung der Stendaler Wahlfälschung kritisieren.
Einen prominenten Abgang gab es bei der AfD: Zum Jahresbeginn 2019 war der einstige Landes- und Fraktionsvorsitzende André Poggenburg ausgetreten. Er kam einem drohenden Ausschluss zuvor.
Um jüngere Menschen anzulocken, setzen die Parteien vor allem auf soziale Netzwerke. So veröffentlichen die Christdemokraten unter dem Namen „House of CDU“ seit Oktober bei Instagram Fotos und kurze Erklär-Videos zu politischen Themen. Chefin des vierköpfigen Teams ist die 19-jährige Anne Nickell aus Blankenburg (Harz), 700 Abonnenten folgen dem Angebot derzeit. In mehreren Parteien erprobt sind auch Treffen oder Seminare für Neumitglieder.
„Wichtig ist die schnelle persönliche Ansprache und eine persönliche Einladung“, sagte ein SPD-Sprecher. (mz)