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Nix gelesen und geprüft Nix gelesen und geprüft: Staatssekretär ahnungslos bei Millionenvertrag-Abschluss

Von Hagen Eichler 11.08.2018, 10:00
Ex-Staatssekretär Thomas Wünsch (SPD).
Ex-Staatssekretär Thomas Wünsch (SPD). imago stock&people

Magdeburg - Ein zwei Millionen Euro teurer Vertrag mit einem Beratungsinstitut für Gleichstellung ist 2015 offenbar ohne Kontrolle durch die Spitze des Justizministeriums abgeschlossen worden.

Der damalige Staatssekretär Thomas Wünsch (SPD, heute in gleicher Funktion im Wirtschaftsministerium) bestätigte am Freitag im Untersuchungsausschuss, er habe sich zwar regelmäßig den Stand berichten lassen. Allerdings habe er den ausgehandelten Vertrag weder gelesen noch habe er die vereinbarte Bezahlung geprüft.

Der Auftrag hatte Schlagzeilen gemacht, weil eine Preistabelle einen Stundensatz von 480 Euro nennt. Er könne nicht erklären, wie es zu dieser Zahl gekommen sei, sagte Wünsch.

Landtag wurde über Vertragsabschluss nicht informiert

Mit der Ausschreibung und der Unterzeichnung des Vertrages hatte das Justizressort das Landesverwaltungsamt beauftragt. Geschäftspartner wurde die Firma Wanzek Consult.

Sie sollte der Landesregierung in Sachen Gleichstellung voranhelfen, geplant waren unter anderem Beratungsleistungen und die Schulung von Mitarbeitern. Der Landtag wurde nicht informiert - bei Beraterverträgen ist das ab 20.000 Euro vorgeschrieben.

Ex-Staatssekretär Thomas Wünsch verteidigt Entscheidung

Wünsch verteidigte diese Entscheidung ausdrücklich. Zwar würde er heute anders entscheiden. Ein Verstoß gegen die Transparenzregeln des Landtags liege jedoch nicht vor. Es sei vor allem um die Schulung von Mitarbeitern und bei der Beratung um die Außendarstellung der Regierung gegangen - in diesen beiden Fällen gebe es keine Verpflichtung, den Landtag einzuschalten.

Diese Meinung hatte Wünsch indes exklusiv. Wulf Gallert (Linke) wollte wissen, welcher Beratervertrag angesichts solcher Ausnahmeregeln überhaupt vorgelegt werden müsste. Wünsch: „Das kann und möchte ich an dieser Stelle nicht sagen.“ Gallert: „Das überrascht mich nicht.“

Ministerium widerspricht Ex-Staatssekretär Wünsch

Auch die jetzige Spitze des Ministeriums widerspricht Wünsch. Für den jetzigen Justizstaatssekretär Hubert Böning (CDU) steht fest: Der Auftrag hätte dem Landtag vorgelegt werden müssen. Zwar sei nicht die gesamte Vertragssumme für Beratung vorgesehen - diese Vertragsanteile seien aber eindeutig oberhalb der 20.000-Euro-Grenze.

Bönings Fazit: „Lieber einmal mehr vorgelegt als einmal zu wenig. So etwas fällt einem sonst auf die Füße.“

Böning bemängelte zudem, der Wanzek-Vertrag sei zu vage formuliert. „Die Leistungen sind mir zu wenig konkret.“ Im vergangenen Jahr kündigte das Ministerium den Vertrag, er lief zum Jahresende aus. Unklar ist, wie viel Geld bereits geflossen ist. Böning konnte die Frage nicht beantworten und kündigte an, die Summe nachzureichen.

Eine wichtige Zeugin hat sich unterdessen freiwillig zur Aufklärung angeboten: Firmen-Inhaberin Ute Wanzek. (mz)