Tierschutz in Loburg Loburger Vogelschutzwarte: Beinprothesen für Störche?

Loburg/Erfurt - Tierdrama im Doppelpack: Sie können kaum auf einem Bein stehen, sind erschöpft, entkräftet, regelrecht abgeklappert und von den Qualen ihrer Leiden gezeichnet.
Zwei Störche - einer davon aus dem thüringischen Görsbach -, die im Storchenhof Loburg (Sachsen-Anhalt) derzeit wieder aufgepäppelt werden, haben jeweils bei Unglücken ein halbes Bein verloren. „Der eine Storch das rechte, der andere das linke“, erzählt Geschäftsführer Michael Kaatz.
Um auch diesen Vögeln ein Überleben zu ermöglichen, wird sogar über eine Beinprothese nachgedacht. „Wir hatten schon einmal einen Schwarzstorch, der bei uns lange Zeit mit einer Prothese gelaufen ist“, sagt Kaatz. Fliegen sei mit Handicap möglich, in der Natur zu überleben kaum. Derzeit sind 17 Störche auf dem Hof im Jerichower Land.
Voruntersuchungen stehen noch aus
Weltweit sorgen immer wieder seltene Eingriffe im Bereich der Veterinärmedizin für Aufsehen. So wurde zu Jahresbeginn in Costa Rica dem Tukan „Grecia“ ein künstlicher Schnabel eingesetzt. Die Prothese für den Tropenvogel wurde aus Nylon in einem 3D-Drucker gefertigt.
„Grundvoraussetzung ist, dass der Tierarzt entscheidet, ob eine Prothese bei einem Wildvogel überhaupt möglich ist“, dämpfte Kaatz zu allzu hohe Erwartungen an ein Storchenwunder. Die Voruntersuchungen in einer Magdeburger Praxis stünden noch aus. „Unabhängig davon müssen die Vögel erst wieder zu Kräften kommen.“ Denn erst seit einigen Tagen ist der - vermutlich weibliche - Storch aus Görsbach in Loburg
Der etwa vier oder fünf Jahre alte Vogel hatte in einem Nest auf einem Haus ein Junges gebrütet. Per Kamera entdeckten Nestbetreuer das Drama und brachten den Storch nach Sachsen-Anhalt in die mit kranken Tieren erfahrene Vogelschutzwarte. „Der Storch hatte sich vermutlich auf einem Gewässer in einer Angelschnur verfangen und sich dann damit den Fuß abgeschnürt“, schildert Kaaz.
Der zweite Storch aus Griebo (Landkreis Wittenberg/Sachsen-Anhalt) war mit einem Zeh am Strommast hängengeblieben und hatte sich dabei das Bein so schwer gebrochen, dass es amputiert werden musste. Er ist seit dem 20. Mai in Loburg.
Papa kümmert sich
Beim Neuzugang aus Thüringen war die Verletzung auch so schlimm, dass sein ganzer Fuß abgefallen war. Kaatz: „Das Storchenkind ist nun im Nest ohne seine Mutti.“ Denn auch wenn dem Vogel vielleicht eine Beinprothese angepasst werden kann, sei es eher unwahrscheinlich, ihn wieder in die freie Wildbahn entlassen zu können.
Das fedrig-kuschelige Junge werde dann von einem zweiten Storch, vermutlich dem Vater, betreut und mit Futter versorgt. „Da es schon etwas größer ist, ist das auch vertretbar“, meint Kaaz. Ansonsten müsse man über einen Umzug in ein Adoptivnest nachdenken. „Aber ich denke, der Vater schafft das schon allein.“
Die Loburger Vogelschutzwarte gibt es seit 1979. Rund 1.700 Störche wurden seither aufgenommen. Sie wurden zum Großteil durch Unfälle verletzt. „70 Prozent konnten wieder ausgewildert werden, 20 Prozent sind Dauerpatienten geblieben, 10 Prozent gestorben oder mussten eingeschläfert werden, um sie von ihrem Leid zu erlösen“, bilanziert der Geschäftsführer. Nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) Deutschland lebten allein 2014 rund 6.100 Weißstorchpaare in der Republik. (dpa)