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„Tante Enso“, Rewe und Co. Kommentar zu Sonn- und Feiertagsöffnungen für personallose Dorfläden: Überstürzte Reform

Es ist gut, dass Sachsen-Anhalts Koalition gegen das Supermarkt-Sterben auf dem Land vorgeht. Doch MZ-Redakteur Jan Schumann kritisiert, dass die Fraktionen große Bedenken von Landtagsjuristen bei dieser Reform einfach beiseite wischen.

Von Jan Schumann 06.02.2025, 14:31
MZ-Redakteur Jan Schumann kritisiert, dass die Koalition verfassungsrechtliche Bedenken einfach wegwischt.
MZ-Redakteur Jan Schumann kritisiert, dass die Koalition verfassungsrechtliche Bedenken einfach wegwischt. (Foto: MZ/Andreas Stedtler)

Magdeburg/MZ - Es ist eine bemerkenswerte Reform in Sachsen-Anhalt, deren Grundgedanke ohne Zweifel richtig ist: Supermarkt-Ketten sollen gesetzliche Sicherheit haben, wenn sie 24/7-Läden ohne Personal im ländlichen Raum betreiben wollen.

In diesem Konzept kommt technischer Fortschritt in seiner sinnvollsten Form zum Einsatz. Automatische Läden, die ohne Mitarbeiter auskommen, können dort die Lücke füllen, wo sich traditionelle Supermärkte zurückgezogen haben. Wenn das funktioniert, ist für viele Dörfer ein Stück Lebensqualität gewonnen.

Viel spricht dafür, den Läden auch Öffnungen sonn- und feiertags zu erlauben

Sollten solche Läden auch an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen? Viel spricht dafür, das zu erlauben. Denn der einst viel striktere Schutz dieser Tage ist schon heute stark aufgeweicht. Wer das erleben will, muss sonntags nur zu einem Hauptbahnhof seiner Wahl fahren. Dort öffnen Bäcker, Fleischer und voll ausgestattete Supermärkte.

Mehr zum Thema: In diesem Dorf können Bürger jetzt rund um die Uhr einkaufen gehen

An dieser Stelle dürften sich viele Sachsen-Anhalter tatsächlich fragen: Was spricht dann gegen die Öffnung eines Supermarktes in meinem Dorf – zumal dort im Gegensatz zum Bahnhof nicht mal Personal nötig wäre.

Zwar soll die gesetzlich vorgesehene Sonntagsruhe auch Kunden schützen. Doch dieses Ansinnen ist in Teilen alltagsfremd geworden. Wer am Sonntag dringend Besorgungen machen will, kann das durch die Einkaufsangebote in Bahnhöfen und Co. längst tun.

Wieso verabschiedet die Koalition diese Reform so überstürzt?

Insofern dürften CDU, SPD und FDP mit ihrem Vorstoß einen großen Teil des Landes hinter sich haben. Umso unverständlicher ist es, wieso die Abgeordneten die erheblichen, nun öffentlich gewordenen Bedenken der Landtagsjuristen einfach ignorieren. Immerhin haben diese verfassungsrechtliche Zweifel am Gesetz.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

Eine Anhörung und leichte Anpassungen im Gesetzestext hätten die Wahrscheinlichkeit von Klagen verringert. Doch offenbar wollte die Koalition den schnellen Erfolg – kurz vor der Bundestagswahl. Das kann sich rächen, falls tatsächlich gegen das Gesetz geklagt wird.