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Geldwäsche über lukrative Sportwetten? Geldwäsche über lukrative Sportwetten?: Landtag Magdeburg befasst sich mit Lotto-Toto

Von Jan Schumann 16.11.2019, 08:00
Spielschein von Oddset: Mit auffällig deutlich angewachsenen Wetteinsätzen in Sachsen-Anhalt beschäftigen sich jetzt AfD-Abgeordnete im Magdeburger Landtag.
Spielschein von Oddset: Mit auffällig deutlich angewachsenen Wetteinsätzen in Sachsen-Anhalt beschäftigen sich jetzt AfD-Abgeordnete im Magdeburger Landtag. imago stock&people

Magdeburg - Eine Weisheit für Freunde der Sportwette soll ja von Franz Beckenbauer stammen: Wer richtig tippt, hat keine Ahnung von Fußball. Soll er so oder so ähnlich gesagt haben. Unbestritten aber ist, dass im Sportwettgeschäft Millionen bewegt werden. Und damit ist es interessant für Kriminelle aller Art. Kann mit Sportwetten Geld gewaschen werden?

Also Geld aus kriminellen Geschäften wie dem Drogenhandel zurück in den regulären Finanzkreislauf gebracht werden, um Spuren zu verwischen? Diesem Verdacht gehen AfD-Abgeordnete derzeit im Lotto-Untersuchungsausschuss im Magdeburger Landtag nach.

1,3 Millionen im Jahr gesetzt

Anlass sind deutlich wachsende Wetteinsätze einzelner Spieler in Sachsen-Anhalt. Laut Innenministerium stieg die Anzahl der Spieler, die jährlich 10.000 Euro und mehr setzten, von 58 (Jahr 2014) auf zuletzt 90 (2018). Der Extremfall liegt sogar im Millionenbereich. 2018 investierte ein Spieler unglaubliche 1,3 Millionen Euro in Oddset-Spielscheine. Noch unglaublicher: Er gewann damit 1,5 Millionen. Aufgedeckt hat diese Zahlen der AfD-Abgeordnete Jan Wenzel Schmidt.

Fachleute sind besorgt, denn es wäre der ideale Weg, Geld aus dunkler Quelle sauber zu waschen. Der Strafrechtsexperte Kai Bussmann von der Martin-Luther-Universität Halle warnt seit langem: „Gerade Sportwetten eignen sich gut zur Geldwäsche.“ Gegen genau diese Missbrauchsversuche hat Lotto deshalb ein Warnsystem installiert. Es soll beim ersten Verdacht (auch auf Spielsucht) anschlagen. Der Schutz der Spieler, die Prävention von Geldwäsche - „all das steht vor dem Umsatz“, sagt am Freitag ein Lotto-Bezirksleiter im Untersuchungsausschuss.

Oddset-Sportwette: Einsätze pro Verkaufsstelle sind strikt begrenzt

Deshalb gelten für alle Lotto-Verkaufsstellen im Land strenge Regeln: Wöchentlich dürfen pro Verkaufsstelle nicht mehr als 10.000 Euro in Oddset fließen - wohlgemerkt alle Kunden zusammengezählt. Bereits ab 8.000 Euro bekommt der übergeordnete Bezirksleiter eine Warnmeldung. „Dann kriegt die Verkaufsstelle einen Anruf: Gab es Aufälligkeiten, ist der Kunde persönlich bekannt?“, sagt ein Mitarbeiter aus.

Wenn aber die Einsätze pro Verkaufsstelle so strikt begrenzt sind - wie setzt man dann eine Million im Jahr? Offenbar nur mit viel Aufwand, indem Kunden reihenweise Spielstellen abklappern. Die Lotto-Mitarbeiter nennen am Freitag bei den hohen Umsätzen Zerbst, Haldensleben und Magdeburg als Schwerpunkte der vergangenen Jahre. „In der Regel zahlen Kunden in bar“, sagt einer.

Vor allem in Zerbst habe es „relativ regelmäßig“ Warnmeldungen gegeben. Dort sei auch Lottos Geldwäschebeauftragter aktiv geworden, habe Fälle geprüft. Wie mittlerweile bekannt ist, nahm Lotto-Toto einige Verdachtsfälle in den vergangenen fünf Jahren im Land so ernst, dass es sogar die zentrale Anti-Geldwäscheeinheit des Zoll in Köln einschaltete. Insgesamt neun solcher Meldungen nennt Lotto nun auf MZ-Anfrage.

Doch trotz aller Präventionsmaßnahmen sah sich Lotto im November 2018 offenbar gezwungen, noch strenger durchzugreifen. Seitdem gilt auch ein persönliches Einsatzlimit für jeden Spieler - es liegt bei 4.000 Euro pro Woche, wie Mitarbeiter am Freitag sagen. Seitdem gebe es „weniger Warnmeldungen“. Der AfD-Abgeordnete Schmidt sagt nach der Ausschusssitzung: „Offenbar hat Lotto an dieser Stelle erkannt, dass doch nicht alles koscher gewesen ist.“ Er habe aber den Verdacht, dass Lotto nicht alles dafür getan habe, um Missbrauch durch Geldwäsche und Spielsucht zu verhindern. Lotto indes betont seine vielfältigen Bemühungen bei der Prävention.

Es geht nicht nur um Gewinn

Geldwäscheexperte und Strafrechtsprofessor Bussmann warnt indes: Vor allem bei „Großspielern“ liege der Verdacht auf Geldwäsche nahe, „so dass hier verstärkte Sorgfaltspflichten angebracht sind“. Bei der Geldwäsche gehe es Kriminellen weniger um einen Gewinn, sondern eher um die Verschleierung der illegalen Herkunft des Geldes.

„Selbst bei überschaubaren Verlusten wird das Ziel der Geldwäsche erreicht. Immerhin handelt es sich in der Regel um unversteuerte Einnahmen aus Straftaten der organisierten Kriminalität, aber auch aus Korruption und Steuerhinterziehung“, so Bussmann. „Kurz gesagt: Jeder Verlust der unterhalb des Steuersatzes liegt, ist für den Geldwäscher ein profitabler Gewinn“, sagte er der MZ. (mz)

Illustration zum Thema Geldwäsche: Banknoten in einer Geschirrspülmaschine.
Illustration zum Thema Geldwäsche: Banknoten in einer Geschirrspülmaschine.
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