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1,95-Milliarden-Plan der Regierung Geldregen gegen Corona: Verstößt Sondervermögen gegen die Schuldenbremse?

Von Jan Schumann Aktualisiert: 18.11.2021, 14:32
Verteidigt seine Pläne zum Corona-Sondervermögen: Sachsen-Anhalts Finanzminister Michael Richter (CDU).
Verteidigt seine Pläne zum Corona-Sondervermögen: Sachsen-Anhalts Finanzminister Michael Richter (CDU). Foto: dpa

Magdeburg/MZ - Sachsen-Anhalts Koalition aus CDU, SPD und FDP ist sich uneins über die Pläne von Finanzminister Michael Richter (CDU), ein Schuldenpaket von 1,95 Milliarden Euro zur Überwindung der Corona-Pandemie aufzunehmen. Während die SPD das geplante „Sondervermögen“ am Donnerstag im Landtag begrüßte, äußerte die FDP Zweifel an der Schuldenhöhe: Die Liberalen wollen den Gesetzentwurf bis Dezember kritisch prüfen, kündigte Finanzexperte Jörg Bernstein an.

Knackpunkt: Die Liberalen sehen bei einigen Maßnahmen des Schuldenpakets gar keinen Bezug zur Pandemie - etwa beim geplanten Bau einer Laserschussanlage für die Polizei und bei der Digitalisierung historischer Ortschroniken. „Das Sondervermögen ist kein Freibrief für eine exzessive Haushaltspolitik“, warnte Bernstein.

Viel Kritik aus der Opposition

Dabei ist der Corona-Bezug die Grundbedingung für dieses historisch große Schuldenpaket, darüber ist sich der Landtag einig. Allerdings: Wie genau dieser Bezug aussehen soll, dazu gibt es unterschiedliche Interpretationen. Finanzminister Richter betonte: Bei allen 60 Einzelmaßnahmen liege der Corona-Bezug „auf der Hand“. Sein Plan sieht etwa vor, 975 Millionen Euro ins Gesundheitswesen zu pumpen, rund 719 Millionen Euro in die Digitalisierung und 256 Millionen in die gebeutelte Wirtschaft.

Richters Werben hat auch diesen Hintergrund: In Hessen kassierte das Verfassungsgericht bereits ein Sondervermögen, deshalb schaut das Parlament in Magdeburg jetzt auf jeden Euro. Die oppositionellen Grünen sind unter anderem deshalb kritisch, weil aus dem Sondervermögen neue Polizei-Smartphones bezahlt werden sollen. „Man könnte den Eindruck bekommen, dass ohne Corona eine Digitalisierung in Sachsen-Anhalt nicht vorgesehen war“, so Grünen-Finanzpolitiker Olaf Meister. Geht es nach ihm, erfüllt sich die Regierung mit dem Schuldenpaket allzu viele Wünsche, die schon vor der Pandemie in den Schubladen lagen.

AfD behält sich Klage vor

Noch weiter geht die AfD am Donnerstag. „Wir behalten uns eine Klage gegen den Schattenhaushalt vor“, sagte Jan Moldenhauer. Er kritisiert, dass die Regierung in früheren Jahren trotz Rekordsteuereinnahmen kaum Schulden abgebaut habe, nun fehle das Geld wegen „Corona-Missmanagement“ an allen Ecken.

Der CDU-Abgeordnete Guido Heuer kündigte am Donnerstag an, seine Fraktion werde bis zum Dezember jede einzelne Maßnahme der Landesregierung streng unter die Lupe nehmen. „Das Corona-Sondervermögen ist keine Pinnwand für politische Wünsche“, sagt er.

Für das geplante Sondervermögen hat die Koalition klare Regeln festgeschrieben, die Schulden sollen in rund 20 Jahren wieder getilgt sein. Kritik an all den Plänen kam am Donnerstag auch von der Linksfraktion - anders als Grünen und AfD ist der Linken das Sondervermögen aber nicht groß genug. Zudem komme es zu spät. „Aber besser spät als gar nicht“, so Finanzpolitiker Andreas Henke.

Auch Neubau in Halle strittig

Neben der Opposition im Landtag gibt es auch einflussreiche Experten, die die Pläne der Regierung in Zweifel ziehen. So hat der Landesrechnungshof Bedenken, dass Teile des Investitionspakets gegen die Schuldenbremse verstoßen könnten. Die Experten bezweifeln etwa, dass die pauschale Geldspritze in Höhe von 320 Millionen Euro für die zwei Unikliniken rechtlich sauber ist. Auch deshalb, weil der Regierungsentwurf nicht einmal darlege, wie das Geld zwischen den Häusern aufgeteilt wird. Der Rechnungshofes warnt: „Das Sondervermögen darf nicht zum Bypass für den Haushalt werden.“

Das heißt: Liegt kein direkter Corona-Anlass für Investitionen vor, muss das Geld aus der regulären Landeskasse kommen. Das gilt auch für das Lösen von Problemen, die schon vor der Pandemie bestanden. Daher sieht der Rechnungshof auch den geplanten Neubau der Verbraucherschutzzentrale in Halle kritisch, der 70 Millionen kosten soll: Das Haus bröckele bereits seit 15 Jahren, geben Finanzprüfer zu Bedenken. Im Dezember soll das Sondervermögen verabschiedet werden.