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Paukenschlag bei der Linken Gebhardt wirft hin und teilt gegen Gegner in der Linkspartei aus

Eine Woche nach dem schlechten Wahlergebnis mit nur einer Stimme Mehrheit tritt der Parteichef zurück - welche schweren Vorwürfe er gegen Parteifreunde erhebt.

Von Kai Gauselmann Aktualisiert: 13.03.2022, 16:43
Haben nur gut eine Woche lang als Doppelspitze die Linken in Sachsen-Anhalt geführt: Janina Böttger und Stefan Gebhardt
Haben nur gut eine Woche lang als Doppelspitze die Linken in Sachsen-Anhalt geführt: Janina Böttger und Stefan Gebhardt Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbil

Halle/MZ - Der Vorsitzende der Linkspartei in Sachsen-Anhalt, der Hettstedter Stefan Gebhardt, ist am Sonntag mit sofortiger Wirkung von seinem Parteiamt zurückgetreten. Der 48-Jährige war erst vor gut einer Woche bei einem Parteitag in Leuna (Saalekreis) im Amt bestätigt worden - und hatte mit der Hallenserin Janina Böttger eine Co-Parteichefin an die Seite bekommen.

Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Wahlkampfleitung und Pressesprecher so gegen das gewählte Spitzenpersonal der eigenen Partei arbeiten.

Stefan Gebhardt, Ex-Parteichef

In einem fünfseitigen Schreiben an seine Parteifreunde begründet Gebhardt seinen Abgang und beklagt, dass in Leuna „Gräben“ in seiner Partei sichtbarer geworden seien. „Meine Schlussfolgerung lautet, dass die stattgefundenen Wahlen mit ihren Ergebnissen, insbesondere mein Ergebnis innerhalb der neuen Doppelspitze und die Zusammensetzung des neuen Landesvorstandes, keine Grundlage darstellen, um die bevorstehenden Probleme zu bewältigen. Ich muss euch deshalb mitteilen, dass ich fortan für das Amt des Landesvorsitzenden nicht mehr zur Verfügung stehe“, schreibt Gebhardt.

Strategische Ausrichtung offen

Es sei unklar, wohin sich die Linke entwickelt. Gebhardt: „Die offene Frage lautet: Verfolgen wir weiterhin das Konzept einer linken Volkspartei? Das heißt: Wollen wir Interessen der Mehrheit vertreten, auf Wahlerfolge und somit auch auf die Kraft der Parlamente setzen? Wollen wir wirklich etwas für die Leute draußen verändern? Ist für uns der kommunalpolitische Unterbau das Herzstück der Partei? Oder richten wir uns ein in Debatten über doppelt quotierte Rednerlisten und Trennung von Amt und Mandat?“

Kein Vorstandsmitglied aus Strukturwandel-Region

Konkret bemängelt Gebhardt etwa, der auch Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Landtagsfraktion ist, dass es der Parteitag versäumt habe, jemanden aus dem Burgenlandkreis in den Vorstand zu wählen. „Wie soll da die Projektarbeit zum Strukturwandel gelingen, wenn der am tärksten davon betroffene Kreisverband erst mal außen vor ist?“ Er kritisiert auch, dass der Ex-Oberbürgermeister von Halberstadt, Andreas Henke, bei der Vorstandswahl durchgefallen ist. „Damit haben wir auf viel kommunalpolitische Kompetenz im Landesvorstand verzichtet“, so Gebhardt. Er bezweifle, dass die Linke so die Vorbereitung zu den Kommunalwahlen 2024 und weitere Ober- und Bürgermeisterwahlen meistere.

„Kluft“ zwischen Partei und Fraktion

Gebhardt beklagt in seinem Rücktrittsschreiben auch eine „Kluft“ zwischen Partei und Landtagsfraktion. Und er erhebt schwere Vorwürfe gegen den Parteiapparat. So sei zum Beispiel der Auftakt des Landtagswahlkampfes nicht ausreichend unterstützt worden. „Dieser Wahlkampfauftakt fand ohne die gewählte Wahlkampfleitung statt. Achim Bittrich und Sabine Krems-Jany kamen einfach nicht“, moniert Gebhardt. Bittrich ist Schatzmeister der Partei, Krems-Jany Geschäftsführerin. Ohne die „ehrenamtliche Hilfe“ durch Mitarbeiter der Landtagsfraktion wäre die Veranstaltung „nicht zu stemmen“ gewesen. Die Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur sei „eine Katastrophe“ gewesen „und der Pressesprecher äußerte sich mehrfach öffentlich gegen die gewählte Spitzenkandidatin“, kritisiert Gebhardt. Pressesprecher der Partei ist Alexander Sorge, er wurde in Leuna zum Parteivize gewählt. Gebhardts Kritik gipfelt in eine Art Sabotage-Vorwurf: „Um es auf den Punkt zu bringen: Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass Wahlkampfleitung und Pressesprecher so gegen das gewählte Spitzenpersonal der eigenen Partei arbeiten.“ Parteisprecher Sorge war am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.