Buch-Empfehlung für Kitas Buch-Empfehlung für Kitas: Wenn Prinzessinnen Ritter sein wollen

Magdeburg - Violetta ist keine typische Prinzessin; sie möchte lieber reiten und kämpfen, so wie ihre großen Brüder. Heimlich übt sie, um beim Turnier als geheimnisvoller Ritter aufzutreten... Der König braucht eine Frau, aber er verliebt sich in einen Mann. Also regieren eben zwei Könige das Land...
„Der geheimnisvolle Ritter Namenlos“ und „König und König“ - zwei aus einer Reihe von Kinderbüchern, die Sachsen-Anhalts Gleichstellungsministerium in einer neuen Broschüre auflistet: Kita-Erzieherinnen können passende Literatur auswählen, um so schon Kita-Kinder für Rollenklischees, geschlechtliche und familiäre Vielfalt zu sensibilisieren. Sprich: Dass es mehr gibt, als die klassische Vater-Mutter-Kinder-Familie. Dass es normal ist, wenn Mama eine Frau liebt oder Jungs lieber mit Puppen spielen als mit Autos.
In einer Auflage von 2.000 Stück ist die Broschüre gedruckt worden. Alle Exemplare sind bereits verteilt, an mehr als 100 kommunale Kita-Träger und über 30 Grund- und Gemeinschaftsschulen im Land. „Die Nachfrage ist riesig“, sagt Ministeriumssprecher Detlef Thiel. „Wir bereiten gerade den Nachdruck in dreistelliger Höhe vor.“
Die kindgerechten Literatur-Empfehlungen sind nur der Anfang des landeseigenen Aktionsprogramms für mehr Akzeptanz sexueller Minderheiten. Folgen soll der Kita-Koffer, jenes Gepäckstück, das schon in der alten Koalition für Verstimmung sorgte, weil die CDU es nicht zur Pflicht machen wollte. Dabei soll es bleiben: Kindergärten sollen sich den Koffer bei Bedarf ausleihen können, ab 2017, so sieht es das Aktionsprogramm vor. Was der Koffer beinhalten wird, steht im Detail noch nicht fest, gedacht ist ebenfalls an Bücher, aber auch an Lehrmaterialien.
In jedem Fall, betont Thiel, werde es eine fachliche Begleitung geben: In jede Kita, die mit dem Koffer arbeitet, solle mit dem Thema Geschlechtervielfalt vertrautes Personal geschickt werden; dazu will das Land mit Beratungsstellen und anderen einschlägigen Institutionen zusammenarbeiten. Wie viele Koffer es geben wird, ist noch offen.
Der Kita-Koffer ist keine Erfindung Sachsen-Anhalts. Ein ähnliches Projekt gibt es seit 2012 in Rheinland-Pfalz. Dort sind zwölf Koffer im Umlauf, ihr Inhalt: Ein Dutzend Kinderbücher zu den Themenkomplexen „Anderssein“, „Geschlechterrollen“ und „Regenbogenfamilien“, dazu ein Memory-Spiel, das diese Aspekte aufgreift, indem es zum Beispiel Kinder unterschiedlicher Hautfarbe abbildet.
„Die Resonanz ist gut“, sagt Joachim Schulte vom Verein „Queernet Rheinland-Pfalz“, der die Koffer an Kitas vermittelt. „Die Koffer sind praktisch ständig unterwegs, in jeder Kita drei bis vier Wochen.“ Die Koffer könnten dabei helfen, sich altersgerecht mit Fragen auseinanderzusetzen, die Kinder früh bewegten - etwa nach der eigenen Identität oder der Verschiedenheit von Menschen. „Kinder fragen sich: Wer bin ich?, oder: Warum reagieren Menschen unterschiedlich?“ (mz)