Ärger um Abschiebehaft Ärger um Abschiebehaft: Ausreisepflichtige Flüchtlinge sollen in reguläre Gefängnisse

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will Abschiebehäftlinge in regulären Gefängnissen unterbringen. Entsprechende Vorbereitungsgespräche laufen nach MZ-Informationen bereits zwischen den Ministerien für Inneres und Justiz in Magdeburg.
Kommt es dazu, werden festgehaltene Abschiebekandidaten künftig in den gleichen Einrichtungen einquartiert wie verurteilte Verbrecher. Von den Koalitionspartnern SPD und Grünen kommt Widerstand.
Abschiebehaft im normalen Gefängnis ist legal
Juristisch ist das Vorhaben des Innenministeriums gedeckt: Der jüngst vom Bundestag verabschiedete Migrationspakt erlaubt bis 2022 eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Justizvollzugsanstalten (JVA) - so lange Migranten und Strafgefangene räumlich getrennt sind.
Das Innenministerium bestätigte der MZ nun, diese Möglichkeit solle genutzt werden. „Die Abstimmungsgespräche hierzu sind noch nicht abgeschlossen“, sagte Ressortsprecher Danilo Weiser.
Hintergrund: Das Land hat kein eigenes Abschiebegefängnis. Ein geplanter Umbau in Dessau-Roßlau mit 30 Plätzen verzögert sich bis ins Jahr 2022 (die MZ berichtete). Deshalb nutzt Sachsen-Anhalt Haftplätze in anderen Ländern, schloss zuletzt einen Vertrag mit Niedersachsen.
Abschiebehaft: Stahlknecht will konsequenter handeln
Geht es nach Stahlknecht, ist in Sachen Abschiebehaft mehr Konsequenz der Behörden nötig, um die Ausweisung ausreisepflichtiger Migranten zu beschleunigen. „Fehlende Haftplätze stellen einen Grund für die unzureichenden Rückführungszahlen dar, wie die hohe Anzahl untergetauchter Ausreisepflichtiger zum Rückführungstermin belegt“, so das Ministerium. In Haft nimmt die Polizei jene Personen, die im Verdacht stehen, sich der Abschiebung zu entziehen. Fast 6400 Menschen gelten in Sachsen-Anhalt als ausreisepflichtig, sie haben keinen Asylanspruch.
Die Koalitionspartner SPD und Grüne sind von der Ankündigung der CDU-Häuser überrascht. „Es gibt mit uns keine Verständigung darüber, und ich gehe auch nicht davon aus, dass es sie geben wird“, sagte der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel der MZ. „Wir würden einem solchen Plan widersprechen.“ Er sehe derzeit kein Gefängnis in Sachsen-Anhalt, in dem die Unterbringung von Abschiebehäftlingen möglich wäre. Zum einen, weil die Trennung zur Strafhaft nicht gegeben wäre, zum anderen weil die Gefängnisse bereits jetzt zu wenig Justizpersonal hätten. „Wir unterstützen hingegen das Vorhaben in Dessau“, so Striegel.
Abschiebehaft-Pläne: SPD und Grüne skeptisch
Auch das Sozialministerium unter Petra Grimm-Benne (SPD) ist skeptisch. Der Plan des Innenministeriums und entsprechende Vorbereitungsgespräche „sind hier nicht bekannt“, so das Sozial-Ressort. Es betont aber, dass es sich bereits gegen die entsprechende Neuregelung im Migrationspakt ausgesprochen habe.
Kritisch zeigen sich auch Teile der Polizei. „Man sollte nicht den Eindruck erwecken, dass man ausreisepflichtige Migranten und Straftäter auf eine Stufe stellt“, sagte Uwe Bachmann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Abschiebehaft dürfe nur Ultima Ratio sein - „gerade wenn
dies in Justizvollzugsanstalten geschieht“.
Bachmann sagte, es werde wohl kaum möglich sein, in kurzer Zeit entsprechende Umbauten in den Gefängnissen umzusetzen. In Halle, Raßnitz, Burg und Volkstedt sitzen derzeit etwa 1750 Gefangene ein, ungefähr 200 Haftplätze sind unbelegt. (mz)