Angeln in Sachsen-Anhalt Angeln in Sachsen-Anhalt: Vereine erleben großen Zulauf - das freut aber nicht alle

Halle (Saale) - Wenn Gerhard Jarosz von seinem liebsten Hobby spricht, gibt es kein Halten mehr. Die Angelei sei eine der ersten Formen der Nahrungsbeschaffung, ein uraltes Kulturgut und überhaupt ein besonderes Naturerlebnis. Die Begeisterung für das Angeln scheint Jarosz mittlerweile mit zunehmend mehr Menschen in Sachsen-Anhalt zu teilen.
„Wir erleben einen deutlichen Zuwachs in den Angelvereinen“, sagt Jarosz, der auch als Sprecher des Landesanglerverbandes Sachsen-Anhalt tätig ist. Etwa 800 Neueintritte habe es im vergangenen Jahr gegeben.
Die Umstände der Corona-Pandemie tragen laut Jarosz ganz wesentlich zu dem Zulauf bei. „Angeln ist eine Alternative zu der Stuben-Hockerei“, so der Rentner. Irgendwann sei auch der Sättigungsgrad beim Konsumieren elektronischer Medien erreicht und man müsse raus an die frische Luft. Eine naturnahe - und corona-taugliche - Freizeitbeschäftigung sei eben auch das Angeln. „Wir konnten die Angelei vollumfänglich weiterführen“, erklärt Jarosz.
Nabu: Druck auf die Natur nimmt zu
Den Sport könne man mit relativ wenig Aufwand und bis ins hohe Alter betreiben, sagt Jarosz. Lediglich ein Fischereischein sei die grundsätzliche Voraussetzung. Für den Großen Fischereischein, der zum Angeln auf Raub- und Friedfische berechtigt, sei ein mehrtägiger Lehrgang erforderlich.
Der Naturschutzbund (Nabu) Deutschland bemerkt derweil eine zusehends größer werdende Beanspruchung der Natur. „Wir merken, dass durch die Pandemie und die Sehnsucht nach Freizeitbeschäftigung vielerorts auch der Druck auf die Natur zunimmt“, sagt Kim Cornelius Detloff, Meeresbiologe beim Nabu. Wichtig sei der schonende Umgang mit der Natur - auch beim Angeln.
„Wenn Schutzgebiete nicht beachtet, Abfälle zurückgelassen, Schilfgürtel niedergetreten und massiv Nährstoffe durch das weit verbreitete Anfüttern in Gewässer gebracht werden, dann steigen die Konflikte mit dem Naturschutz“, führt Cornelius weiter aus. Beim „Anfüttern“ werden oftmals Friedfische wie Karpfen mit Mengen an Mais oder Kartoffeln über mehrere Tagen oder gar Wochen an eine bestimmte Gewässerstelle gelockt. „Oft ist es Unwissenheit oder Fehlverhalten Einzelner, wo wir ansetzen müssen“, fügt Dettloff hinzu.
Händler profitieren vom Angel-Boom
Hinter dem Hobby Angeln steht eine ganze Branche die mit Ködern, Schnüren, Ruten und Bekleidung jährlich Millionen umsetzt. Auch der Futtermittelhersteller „Fishing Tackle Max“ aus Oschersleben (Börde) profitiert vom Angel-Boom. „Wir verkaufen definitiv mehr“, sagt Gründer Diethard Schmiedecke. Etwa um 30 Prozent sei der Umsatz gestiegen. Die Firma verkauft unter anderem Lebendköder wie Würmer oder Maden und Köder aus Gummi oder Plastik.
Gerhard Jarosz schätzt seine Ausgaben für sein Angelzeug im Jahr auf etwa 900 Euro. „Das ist nicht so wild“, sagt der 64-Jährige. Andere würden deutlich mehr für ihr Hobby bezahlen. Schade sei, dass wegen der Corona-Pandemie zuletzt Feste, Jugendlager oder Wettbewerbe oft ausfielen. Nichtsdestotrotz wisse er um das „Glück“, seinem Hobby weiter nachgehen zu dürfen. (Wilhelm Pischke, dpa)