Rechtsextreme Partei trifft sich in Magdeburg AfD Sachsen-Anhalt sieht Mitgliederzuwachs: Streit um Parteitag-Regelung
Allein im Jahr 2023 traten 600 neue Mitglieder der AfD in Sachsen-Anhalt bei. Künftig soll die Teilnehmerzahl auf Parteitagen begrenzt werden können: Warum Kritiker einen Rückschlag für die Basisdemokratie befürchten.

Magdeburg/MZ - Das gab es lange nicht mehr. Plötzlich sind Buhrufe auf einem Parteitag der AfD in Sachsen-Anhalt zu hören. Am Rednerpult steht am Sonntagmittag Partei-Vizechef Hans-Thomas Tillschneider, er will den Mitgliedern etwas Neues schmackhaft machen: Weil die AfD in Sachsen-Anhalt immer stärker wächst, mittlerweile gut 2.000 Mitglieder hat, sollen in Zukunft Delegiertenparteitage erlaubt werden – die Plätze für die Versammlungen sollen also begrenzt werden.
Bisher kennen die Regeln der AfD im Land nur sogenannte Mitgliederparteitage. Es darf also theoretisch jeder kommen. So wie am Sonntag. In Magdeburg sind es rund 500 Leute.
Lauter Zoff um Delegiertensystem bei AfD
Doch jetzt hagelt es Buhrufe, als Tillschneider sich für das neue Delegiertensystem stark macht. Einige Mitglieder befürchten, dass ihnen mit einer Vorauswahl womöglich die Macht auf Parteitagen genommen werden könnte.
Hannes Loth, Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz, sieht das Prinzip der Basisdemokratie in der AfD wackeln. „Prinzipiell bin ich für Mitgliederparteitag von Anfang bis Ende“, ruft er. Es folgt kräftiger Applaus.
Als Tillschneider dann fast schon brüllend dagegenhält, „jedes Mitglied, das will, kann Delegierter werden“, gibt es stattdessen Buhrufe. Tillschneider brüllt weiter: „Jeder, der das will, schafft das auch!“
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Doch der Unmut ist gut hörbar. Der Bundestagspolitiker Jan Wenzel Schmidt, der die Versammlung leitet, sagt ins Mikro: „Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt.“
AfD-Parteispitze setzt sich mit Vorschlag durch
Am Ende setzt sich die Parteispitze mit ihrem Vorschlag zwar deutlich durch. Die Verfechter des Delegiertensystems betonen: Das ist künftig nur eine Option, keine Pflicht. Und der Landtagsabgeordnete Christian Hecht argumentiert angesichts der stark steigenden Mitgliederzahlen: „Wir werden in Bereiche kommen, in denen wir gar keine Hallen mehr finden.“
Allein im Jahr 2023 hatte die Landespartei nach eigenen Angaben 600 neue Mitglieder aufgenommen, sie rechnet mit weiterem Zuwachs. „Es geht uns darum, den Landesverband in schwierigen und stürmischen Zeiten handlungsfähig zu halten“, sagt Landeschef Martin Reichardt. Künftig können AfD-Parteitage also auf 250 Delegierte begrenzt werden.
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Früher waren lautstarke Auseinandersetzungen auf AfD-Parteitagen Standard: Doch seitdem der Richtungsstreit zwischen dem radikalen und gemäßigterem Lager entschieden ist, sind sie überaus selten.
So schießt die als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei am Sonntag scharf gegen Verfassungsschutz und Bundesregierung – in den Feindbildern ist sich der AfD-Landesverband einig. „Die schlechteste Regierung aller Zeiten fährt Deutschland mit aller Kraft vor die Wand“, sagt Reichardt unter lautem Applaus.
Er stellt klar: Die AfD sei gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen Russlandsanktionen. Stattdessen wolle sie Friedensverhandlungen. Ähnlich äußert sich Gastredner und Bundesparteichef Tino Chrupalla in Magdeburg.
„Die Ukraine ist nicht das 17. Bundesland Deutschlands.“ Er kritisiert „Kriegsgetrommel“ der Bundesregierung – auch in anderen Konflikten. „Die Fregatte Hessen kreuzt im Roten Meer, wo sie nichts verloren hat“, meint Chrupalla.