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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Übernahme von Stasi-Leuten verteidigt

09.07.2009, 19:19

MAGDEBURG/DPA. - Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hat die Übernahme tausender Ex-Stasi-Mitarbeiter in den Landesdienst nach der Wende verteidigt. "Alternative wäre gewesen, prinzipiell niemanden zu übernehmen. Das hielt ich damals schon für unsinnig", sagte er am Donnerstag in Magdeburg. "Denn die eigentlich politisch Verantwortlichen waren die Leute in den höheren Funktionen bei der SED und nicht die kleinen Spitzel bei der Stasi. Und demzufolge haben wir damals schon gesagt, es muss eine individuelle Bewertung erfolgen." Das sei damals auch so umgesetzt worden, sagte Böhmer.

"Es war seit 1991 so, dass bei jemandem, der seine Tätigkeit für die Stasi zugegeben und nichts verschwiegen hat, und bei dem die individuelle Überprüfung keine gravierenden Umstände ergab, dies auch kein Grund für die Kündigung war", so Böhmer weiter. "Das war geltendes Recht, und das ist auch heute noch so. Insofern ist diese ganze Diskussion heute, nach 20 Jahren, ein wenig gekünstelt."

Anlass für eine neue Stasi-Überprüfungsrunde sieht Böhmer nicht. Er verwies darauf, dass 2004 nach dem Auftauchen der sogenannten Rosenholz-Datei - einer Agentenkartei der DDR-Auslandsspionage - 17 700 leitende Mitarbeiter in Verwaltung und Justiz nochmals überprüft worden seien.

Laut Böhmer wäre es seinerzeit nicht praktikabel gewesen, keinen Ex-Stasi-Mitarbeiter in den öffentlichen Dienst zu übernehmen. "Ich habe eine Pauschalregelung erlebt: 1945, als kein Lehrer aus dem Schuldienst weiter unterrichten durfte. Das war eine Notlösung mit Nachteilen." Nach 1990 sei bewusst anders verfahren worden.

In Sachsen-Anhalt waren nach der Überprüfung in den 90er Jahren etwa zwei Drittel der Bediensteten mit Stasi-Vergangenheit weiterbeschäftigt worden - rund 4 400. In allen ostdeutschen Ländern sollen es insgesamt etwa 17 000 gewesen sein.