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Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Polizeiaffäre erfährt überraschende Wende

Von Katrin Löwe und Kai Gauselmann 28.06.2007, 19:50

Dessau/MZ. - Christian Kappert hat es Mittwoch erfahren: Er ist offiziell im Beschuldigtenstatus. Am Donnerstag bestätigte die Staatsanwaltschaft Dessau der MZ, dass gegen den Ex-Staatsschützer aus Dessau wegen des Verdachts auf Strafvereitelung im Amt ermittelt wird.

Kappert ist eine zentrale Figur in der Affäre um den Dessauer Polizeivize Hans-Christoph Glombitza. Dieser soll im Februar drei Staatsschützern gesagt haben, bei Ermittlungen gegen Rechts "müsse man nicht alles sehen", weil sonst das Ansehen des Landes "nachhaltig geschädigt werden könnte". Als die Staatsschützer im Mai versetzt wurden, wehrte sich Kappert - und begründete seinen Widerspruch damit, dass nicht er sich falsch verhalten habe, sondern Glombitza, dessen Aussagen möglicherweise sogar Straftatbestände seien.

Pflicht zu Ermittlungen

Darauf gründet die Staatsanwaltschaft nun die von Amts wegen eingeleiteten Ermittlungen. "Wenn Herr Kappert die Äußerungen für strafrechtlich relevant gehalten hat, hätte er als Polizist Ermittlungen einleiten müssen", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann. Unerheblich sei, dass die Staatsanwaltschaft selbst inzwischen in Glombitzas Aussagen keinen Verdacht auf eine Straftat sieht. "Es bleibt dann bei einem untauglichen Versuch der Strafvereitelung", so Bittmann. Geprüft werde aber noch, wann die Polizeiführung von Glombitzas Aussagen erfuhr. Laut Staatsschützern soll zumindest ein Teil der Spitze schon im Februar von dem Gespräch informiert worden sein - hätte also handeln können, bevor die Polizeipräsidentin selbst später die Unterlagen an die Staatsanwaltschaft leitete. Bittmann: "Dann müssten wir neu beurteilen, ob Herr Kappert alles Erforderliche getan hat."

In Magdeburg löste der Fall Kopfschütteln aus. "Wir können nicht nachvollziehen, auf welcher Basis die Staatsanwaltschaft Ermittlungsbedarf sieht - insbesondere, weil die Ausgangsprüfung ergab, dass gar keine Straftat vorliegt", sagte Theo Struhkamp, Sprecher im Innenministerium. "Die Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen", sagte FDP-Innenexperte Guido Kosmehl. "Das ist ein starkes Stück", so Gudrun Tiedge (Linke). "Ich verstehe das nicht."

Innenausschuss berät

Donnerstag war der Fall Glombitza auch Thema im Innenausschuss. Der Chef der Polizeischule Aschersleben, Rainer Nitsche, stellte seinen Bericht vor. Er bestätigte, dass Glombitzas Äußerungen gefallen sind. Sie seien aber aus dem Zusammenhang gerissen worden. Ihm seien Sympathien für Rechte nicht vorzuwerfen. Im Fachkommissariat sei es bei so genannten Vorfeldermittlungen zu Übereifer gekommen. Deshalb habe Glombitza zu anderer "Prioritätensetzung" aufgefordert.

Man könne nicht länger von einem Polizeiskandal sprechen, erklärte Koalitionspolitiker Bernward Rothe (SPD) daraufhin. "Seine Wortwahl war unglücklich, aber die Zusammenhänge entlasten Glombitza", sagte er. Die Opposition sieht das anders. "Wenn die Landesregierung nicht endlich ein Zeichen setzt, dass sie an der Aufklärung der Vorwürfe gegen Glombitza interessiert ist, zwingt sie uns in einen Untersuchungsausschuss", sagte Linke-Fraktionschef Wulf Gallert. Das Innenministerium hatte ein Disziplinarverfahren gegen Glombitza abgelehnt. Am 5. Juli soll der Fall im Innenausschuss erneut beraten werden.