Trinseo in Schkopau Woher kommt das Pfeifen in der Nacht beim Kautschukproduzenten
Die Firma Trinseo wartet derzeit seine Kautschukproduktion. Das sorgt für Lärm.

Schkopau/MZ - Die hoch aufragenden Kolonnen für die Kautschukproduktion glitzern in der Mittagssonne. Scheinbar verlassen. Doch aus dem Innern des von Edelstahlbehältern und Rohren durchzogenen Gerüstes rauscht und dröhnt es bald. Immer wieder gibt es kurze besonders laute Momente. Gerade bei den Wärmetauschern höre sich das teils nach einem Pfeifton an, berichtet Carl McIntosh. Er ist Produktionsleiter bei Trinseo.
Doch Produktion ist beim Kautschukhersteller derzeit nicht das Hauptthema. Die modernste Anlage für Lösungskautschuk, der etwa in lärmreduzierenden Reifen verarbeitet wird, steht seit zwei Wochen still. Turnaround heißt der Grund im Vokabular des internationalen Unternehmens. Der TÜV kommt zur Routinedurchsicht: „Wir haben bestimmte gesetzliche Vorgaben. Ein Auto muss alle zwei Jahre hin, wir sind alle fünf Jahre dran“, erklärt McIntosh. Damit die Prüfer die chemischen Anlagen auf etwaige Schäden oder Korrosion überprüfen können, muss alles blitzblank sein. „Reinigung ist daher ein Großteil der Arbeit.“
Wasserstrahler mit sehr hohem Druck
Mit der hatte Trinseo Ende August begonnen. Zum Einsatz kommen Wasserstrahler mit sehr hohem Druck, die dann auch entsprechend laut sind. Das habe, so berichtet Geschäftsführer Ralf Irmert, in den vergangenen Tagen zu zahlreichen Beschwerden von Anwohnern in den nahen Merseburger Stadtteilen Annamarien-, Wassertal und Freiimfelde geführt. Gerade nächtliche Störungen seien beklagt worden.
Irmert bittet für die Lärmbelästigungen um Entschuldigung. Die Produktionsanlagen seien hoch, und wenn dann noch Nordwind dazukäme, drücke der Schall ins Tal hinein. „Die Kollegen hatten da anfangs nicht auf die Windrichtung geachtet. Das ist auch ein kleiner Lerneffekt“, sagt der Geschäftsführer.
Seit Ende August läuft der Wartungsstillstand. Betriebsleiter McIntosh hofft, dass die lärmintensive Reinigung bis Ende September durch ist. Man ergreife jetzt aber auch Maßnahmen, um die nächtliche Belastung möglichst gering zu halten. So sollen besonders laute Arbeiten nicht mehr in der Dunkelheit erfolgen. Zudem wolle man teils Schallschutzhauben einsetzen. Geschäftsführer Irmert bittet die Anwohner aber auch um Verständnis: „Wir sind Industrie, da geht es nicht ganz ohne Lärm.“
„Solche Maßnahmen gehen nur mit Handwerkern aus ganz Europa.“
Und nicht ohne Arbeitskräfte. Immerhin 800 sind beim Turnaround im Einsatz. Der sollte eigentlich schon im vergangenen Jahr stattfinden, doch dann kam die Pandemie. Es folgte die Verschiebung, weil viele Arbeiter gar nicht hätten anreisen können, wie McIntosh erklärt: „Solche Maßnahmen gehen nur mit Handwerkern aus ganz Europa.“
Die sollen nun bis Mitte, Ende Oktober die große Wartung der Kautschukanlagen über die Bühne bringen, bei der dann nach der Reinigung und Kontrolle gleich noch einige Geräte und Bauteile gewechselt werden sollen. Für Trinseo kommt es dabei durchaus auf das Tempo an, denn pro Monat würden jetzt 15.000 bis 20.000 Tonnen Produktion ausfallen: „Das ist schon gewaltig“, findet Irmert.
Er wird im Gegensatz zum Großteil seiner Mitarbeiter am Standort Schkopau auch künftig für Trinseo arbeiten. Die gut 450 Kollegen, die sich wie McIntosh nur oder vorrangig um den Kautschuk kümmern, bekommen dagegen einen neuen Arbeitgeber. Der Chemiekonzern Synthos kauft die Sparte von Trinseo ab, laut Branchenberichten für über 400 Millionen Euro. Der polnische Konzern produziert an seinem Stammsitz in Oswiecim (Auschwitz) ebenfalls Synthesekautschuk, ist also Mitbewerber. Deshalb, so erklärt Irmert, laufe derzeit noch die Prüfung der EU, ob der Verkauf genehmigt wird.