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Fördermittel „Wo, wenn nicht hier?“ - Starthilfe für Bioeconomy-Hub in Leuna

Im Bioeconomy-Hub in Leuna sollen Firmen die Herstellung von Produkten im industriellen Maßstab testen. Jetzt gab es die Starthilfe.

Von Robert Briest 09.09.2021, 14:02
Der Ministerpräsident übergab den Bescheid an Joachim Schulze (l.)
Der Ministerpräsident übergab den Bescheid an Joachim Schulze (l.) (Foto: rob)

Leuna/MZ - „395.398 Euro und 60 Cent“ – Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) las am Mittwoch auch die Nachkommastellen vor. Vielleicht um sicher zu gehen, dass die Fördersumme, die er auf der Schotterfläche am Rande des Leunaer Chemiestandorts an den Verein Bioeconomy-Hub übergab, wirklich so klein war. Schließlich ging es um den Strukturwandel in der bald einstigen Kohleregion – und da wird normalerweise in achtstelligen Beträgen ohne Komma gearbeitet. Zumal, wenn es sich wie beim Bioeconomy-Hub um ein Leuchtturmprojekt handelt, das die Region in den kommenden Jahrzehnte n mitprägen soll. Aber die knapp 400.000 Euro, die Haseloff nun übergab, sind auch nur eine Starthilfe.

Geld, mit dem der Trägerverein den eigentlichen Förderantrag vorbereiten soll. Da geht es dann tatsächlich um knapp 50 Millionen Euro, die das Gesamtprojekt kosten wird. Das soll letztlich ein Geburtshelfer für neue Produkte und Verfahren im Bereich der Bioökonomie sein. Unter diesem Begriff wird eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Wirtschaft verstanden, die auf natürliche nachwachsende Rohstoffe setzt.

„Uns geht es eher um die Nutzung der Biomasse zur Herstellung von Stoffen“

„Wir stellten die Möglichkeit zur Verfügung, damit Start-Ups und Unternehmen ihre Produkte marktreif entwickeln können“, erklärte Joachim Schulze. Er war früher selbst Geschäftsführer in der Chemie, arbeitet heute als Berater und ist Chef des Vereins, der nun den Antrag für das Bioeconomy-Hub vorbereitet. Zu dessen Vorstand zählen etwa auch InfraLeuna-Chef Christof Günther und Führungskräfte des Konzerns UPM, der in Leuna gerade eine Bioraffinerie baut.

Der Fokus des Bioeconomy-Hubs liege aber weniger auf der Energiewirtschaft, sagte Schulze: „Uns geht es eher um die Nutzung der Biomasse zur Herstellung von Stoffen. Das geht von biobasierten Kunststoffen bis hin zu Biopestiziden.“ Das Hub soll dabei wohlgemerkt die Plattform sein, auf der Firmen ihre Ideen testen und entwickeln können, die erdachten Verfahren in industrielle Maßstäbe übersetzen, die Produkte schon mal dem Markt zur Erprobung zur Verfügung stellen. „Das geht aber nicht in Grammmengen, nicht im Labor“, sagte Schulze. Sondern es gehe um Produktionsmengen im Tonnenbereich.

„Wir haben hier als Kreis mal die aktive Rolle, können Wirtschaft gestalten.“

Dafür soll ein Neubau am Chemiestandort entstehen, vermutlich direkt neben dem Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP). Das ist zwar laut Schulze institutionell nicht direkt am Hub beteiligt, aber man wolle natürlich zusammenarbeiten. Das Hub selbst soll eine Halle mit Produktionseinheiten bieten, die die Firmen dann für ihre Verfahren nutzen und modifizieren können. Zudem sind Labore und Büros geplant. Drei bis vier Unternehmen könnten künftig parallel ihre Ideen zur Marktreife treiben, sagte Schulze. In vier Jahren könnte es losgehen.

Vorausgesetzt Haseloff bringt vorher noch einen größeren Scheck vorbei. Den würde wohl der Saalekreis in Empfang nehmen. Denn dessen neue Entwicklungsgesellschaft soll den vom Verein entwickelten Antrag stellen und baulich umsetzen. Wer die Anlage letztlich betreibt, ist laut Landrat Hartmut Handschak (parteilos) noch offen. Der sagte am Mittwoch: „Wir haben hier als Kreis mal die aktive Rolle, können Wirtschaft gestalten.“ Es gehe um die Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft. Dafür habe man in Leuna ideale Voraussetzung, Labore und Forschung am Standort: „Wo, wenn nicht hier, kann man sowas realisieren?“

Laut Schulze gibt es bisher nur zwei ähnliche Anlagen in Europa - in Belgien und den Niederlanden. Das Hub in Leuna werde aber besser, verspricht er: „Wir wollen ein Kompetenzzentrum in Europa, ja weltweit sein.“ Und so letztlich neue Firmen in die Region locken. Denn das eigentliche Ziel lautet, nachhaltige Industriearbeitsplätze zu schaffen: „Denn dort wird Wohlstand generiert“, begründete Handschak.