Eine Fest ohne Geschenke Weihnachten hinter Gittern: So läuft Heiligabend für Häftlinge der JA Raßnitz

Raßnitz - Weihnachten sei für ihn schon ein bisschen schwierig, sagt Thomas (Name geändert). Schließlich sind seine Freundin und sein erst ein halbes Jahr altes Kind draußen und er hier drin. In der Jugendanstalt Raßnitz verbringt er wegen Diebstahls und Verstößen gegen Bewährungsauflagen sein nunmehr zweites Weihnachtsfest. Es werde auch sein letztes hier sein, fügt der groß gewachsene Mann an, der mit 28 zu den ältesten Gefangenen im Jugendknast zählt.
Weihnachten in der JA Raßnitz: Es gibt einen Weihnachtsbaum, Plätzchen und Entenkeule für die Hätflinge
Doch auch hier hinter Gittern ist Weihnachten etwas Besonderes. In seinem Hafthaus hätten sie einen Baum geschmückt, Plätzchen gebacken, erzählt Thomas. Um das Fest herum gebe es vermehrt Sportturniere. „Die Wachen geben sich viel Mühe, damit wir die Zeit sinnvoll nutzen.“ Auch kulinarisch hinterlässt das Fest seine Spuren.
„Heiligabend gibt es traditionell Wiener Würstchen. Am 25. dann Entenkeule“, zitiert Anstaltsleiter Klaus-Dieter Schmidt den Speiseplan. Die meisten Gefangenen seien so etwas von zu Hause nicht gewöhnt. Er spricht von den „schwierigen Verhältnissen“, aus denen viele seiner Insassen kommen, und betont, er wolle damit keineswegs auf die Tränendrüse drücken, aber: „Zu Weihnachten denkt jeder, dass die Delinquenten aus gutbürgerlichen Familien kommen und nur einen Fehltritt gemacht hätten.“
Das sei nur selten der Fall. 90 Prozent würden aus Broken-Home-Familien kommen, etwa mit wechselnden Stiefvätern, teils auch mit häuslicher Gewalt.
Weihnachten in der JA Raßnitz: Geschenke und Familienbesuch gibt es dagegen nicht
Ihre Familie können die Gefangenen an Weihnachten ohnehin nicht sehen, denn spezielle Besuchszeiten gibt es nicht – und auch mit Geschenken sieht es schlecht aus. Eine Regel, dass Häftlinge zu Ostern, Weihnachten und Geburtstag Lebensmittelpakete bekommen dürfen, gilt nicht nicht mehr. Schmidt ist froh darüber, schließlich seien diese ein „Einfallstor für Drogen gewesen“. Die Insassen dürfen aber Sondereinkäufe im Gefängnisladen tätigen, wenn ihnen jemand von außen Guthaben schenkt.
Doch auch die Gefangenen selbst würden ihren Angehörigen gern etwas schenken, erzählt Markus Herold. Um Weihnachten würden die Bastelanfragen, etwa für Rosenkränze, deutlich ansteigen. Der katholische Anstaltsseelsorger deutet dies auch als ein Zeichen, Verantwortung zu übernehmen.
Weihnachten in der JA Raßnitz: Zum Fest hält Seelsorger Markus Herold Gottesdienste im Akkord
Für Herold selbst bedeutet Weihnachten viel Arbeit, obwohl nur ein Bruchteil der Gefangenen katholisch ist. Die Gottesdienste seien gefragt im Gefängnis, auch weil der moderne gitterlose Bau, den Jugendlichen ein Stück Freiheit vermittle. Zum Fest hält der Seelsorger nun Gottesdienste im Akkord. Schon am Samstag gehe es mit vier Terminen los. „Es wird die Weihnachtsgeschichte gelesen, dann predige ich.“ Dabei soll es in diesem Jahr um die Hingabe Gottes in der Weihnachtsgeschichte gehen, verrät Herold. Er sieht in dieser durchaus Anknüpfungspunkte für die Gefangenen. Viele hätten wie Maria und Joseph Erfahrungen mit materieller Armut und Obdachlosigkeit gemacht.
Nach den Gottesdiensten soll es dann Stolle und Kaffee geben. Man wolle ja schließlich auch das Gesellige von Weihnachten haben, begründet der Seelsorger. In Einzelgesprächen würde er merken, dass viele Gefangene in der Weihnachtszeit ihre Ausnahmesituation im Gefängnis, die Trennung von Familie und Freunden noch einmal deutlicher wahrnehmen: „Das äußert sich darin, dass die Jugendlichen vor Weihnachten noch mal zur Besinnung kommen, über ihr Leben, ihre Zukunft nachdenken.“ Thomas möchte die gern dauerhaft außerhalb von Gefängnismauern verbringen. Er hofft auf ein baldiges Haftende. Zunächst blickt er jedoch erstmal auf den Tag nach Weihnachten. Dann kommen ihn Freundin und Kind besuchen. (mz)