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Handwerk Verboten bunt: Tätowierern im Saalekreis gehen die Farben aus

Aufgrund einer EU-Verordnung dürfen Tätowierer ab Januar zwei Drittel ihrer Farben nicht mehr einsetzen. Die Folge ist ein Endspurt vor Weihnachten.

Von Robert Briest 13.12.2021, 16:03
Diese Farben darf Sabine Drews bald nicht mehr unter die Haut stechen.  Foto: Robert Briest
Diese Farben darf Sabine Drews bald nicht mehr unter die Haut stechen. Foto: Robert Briest Foto: Robert Briest

Merseburg/Bad Lauchstädt/MZ - Sabine Drews wird in Zukunft mehr Schwarz sehen. Bisher seien knapp die Hälfte ihrer Arbeiten bunt, berichtet die Tätowiererin vom Studio „Wild Style“ am Merseburger Entenplan. Doch auch an dem gilt ab Januar die EU-Verordnung namens „Reach“. Diese legt Grenzwerte für Konservierungs- und Bindemittel fest, die nach Ansicht von Branchenverbänden so niedrig sind, dass ein Großteil der bisher verwendeten Farben nicht mehr zum Einsatz kommen darf: „Das betrifft insgesamt 65 Prozent der Tattoofarben, auch bestimmte Grau-, Schwarz- und Weißtöne. Das heißt, es bleibt nicht viel Farbe über“, konstatiert Drews.

Weitere Verbote ab 2023

Sie und ihre Kollegin haben deshalb wie 53.000 weitere Europäer bisher die Petition „Save the Pigments“ unterzeichnet, die einen Erhalt der Farben fordert. Sie richtet sich an die EU-Kommission. Die hatte eine Studie zu Gesundheitsrisiken der in Tätowierfarben verwendeten Chemikalien in Auftrag gegeben. Am Ende stand das Ergebnis, dass ein Krebsrisiko nicht ausgeschlossen werden könne. Aus ähnlichem Grund sollen ab 2023 auch zwei beliebte Pigmente für Blau und Grün verboten werden.

„Es ist nicht bewiesen, dass die Stoffe krebserregend sind“, kritisiert Drews und argumentiert: „Wenn man konsequent wäre, dürfte man dann auch keinen Alkohol oder Zigaretten verkaufen.“ Sie findet, die Leute sollten selbst entscheiden können. Ganz allein sind die Tätowierer mit ihrer Kritik nicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sah in einer Stellungnahme aus dem Vorjahr mit Blick auf die beiden ab 2023 verbotenen Pigmente „keinen dringenden Handlungsbedarf“, auch weil die Datengrundlage noch nicht ausreichend für eine Bewertung sei. Das Institut merkte allerdings an, dass die Stoffe seit vielen Jahren ohne große Auffälligkeiten verwendet würden und bei einem Verbot womöglich weniger erprobte Alternativen zum Einsatz kämen.

„Aber das ist nicht das, was die Kunden wollen.“

Marcel Banuscher, Tätowierer

Vorerst steht aber das Verbot dieser Pigmente ab 2023 und vieler anderer Farben ab Januar 2022. Drews stellt sich daher darauf ein, dann erstmal nur noch Schwarz-Weiß zu tätowieren. Neue Aufträge für farbige Motive nehme sie nicht mehr an: „Ich versuche jetzt das fertig zu kriegen, was ich an großen Sachen angefangen habe.“

Auch Marcel Banuscher, Inhaber von „Hateball Tattoo’s“ in Bad Lauchstädt, stellt sich auf eine stressige Weihnachtszeit ein. „Ich probiere jetzt so schnell wie möglich die Projekte fertig zu bekommen“, erklärt er, während er einen Namen auf den Arm einer Kundin schreibt. In Schwarz. Doch auch Banuscher schätzt, dass mindestens ein Drittel seiner Projekte in bisheriger Form vorerst nicht mehr möglich sein werden: „Natürlich kriege ich viele Motive auch in Schwarz-Weiß hin, aber das ist nicht das, was die Kunden wollen.“

Hoffen auf Alternativen

Drews sagt zwar, ihre Kunden seien flexibel, doch sie stellt sich erstmal auf einen Rückgang des Geschäfts nach dem Jahreswechsel ein. Ihre und Banuschers Hoffnung ist, dass die Hersteller bald Farben auf den Markt bringen, die mit der Reach-Verordnung kompatibel sind. „Die sollen schon in Arbeit sein. Die Kunden warten teilweise auf die neuen Farben. Das Problem ist, dass keiner weiß, wann die kommen.“

Trotz der Ungewissheit zeigt sich die Tätowiererin optimistisch: „Wir sollten den Kopf nicht hängen lassen.“ Die Hautmalerei ist auch nicht Drews einziges Standbein. Sie macht nebenbei Piercings und ihre Kollegin bietet Kosmetik und Nageldesign an.