1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Trotz Nachfrage keine neuen Wohngebiete: Trotz Nachfrage keine neuen Wohngebiete: Land bremst Leuna aus

Trotz Nachfrage keine neuen Wohngebiete Trotz Nachfrage keine neuen Wohngebiete: Land bremst Leuna aus

Von Robert Briest 29.01.2019, 10:30
Bauland in Friedensdorf ist sehr gefragt, sagt die Stadt Leuna.
Bauland in Friedensdorf ist sehr gefragt, sagt die Stadt Leuna. Robert Briest

Leuna - In welchem Leunaer Ortsteil gibt es die größte Nachfrage nach Baugrundstücken? Die Antwort von Bauamtsleiter Silvio Lämmerhirt überrascht, denn sie lautet: „Friedensdorf.“ Das beschauliche Dorf, das leicht versteckt hinter einem Bahndamm zwischen Merseburg und Wallendorf liegt, zählt nämlich gerade mal 300 Einwohner.

„Klein, aber fein“ sei der Ort, begibt sich Lämmerhirt auf Ursachensuche. Und er liege vergleichsweise dicht an Merseburg und den dortigen Einkaufsmöglichkeiten. „Die Anfragen kommen jedenfalls nicht nur von Angehörigen jetziger Einwohner, sondern auch aus Merseburg.“, berichtet der Bauamtsleiter.

Leuna würde Nachfrage nach Bauland gern nutzen

Leuna würde diese Nachfrage nach Bauland natürlich gern nutzen, um das zuletzt wieder leichte Bevölkerungswachstum in der Stadt zu fördern. An der Straße Richtung Kötzschau vom Ortsausgangsschild gesehen linker Hand soll eine Wiese daher zum Wohngebiet deklariert werden. Die Änderung soll mit dem neuen Flächennutzungsplan, den der Stadtrat noch in diesem Jahr verabschieden will, festgeschrieben werden.

Doch es gibt ein Problem: Das Land Sachsen-Anhalt, dessen Behörden den Plan genehmigen müssen, sperrt sich. Nach Durchsicht eines Vorentwurfes für den Flächennutzungsplan signalisierte etwa das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr, dass es diesem nicht zustimmen würde. Der Grund dafür sind die geplanten neuen Wohngebiete, die nicht den Landesvorgaben entsprechen. Neben Friedensdorf will Leuna nämlich auch gern in Kötschlitz, Kötzschau, Günthersdorf, Zöschen und Spergau neue Bauflächen ausweisen.

Ministerium pocht auf Einhaltung des Raumordnungsgesetzes und des Regionalentwicklungsplanes

Das Ministerium pocht jedoch auf die Einhaltung des Raumordnungsgesetzes und des Regionalentwicklungsplanes von 2010. Darin ist das Zentrale-Orte-Konzept festgelegt. Das besagt vereinfacht ausgedrückt: Die Entwicklung im ländlichen Raum soll vor allem auf die Kernorte der Gemeinde konzentriert werden, um dort die Infrastruktur für Bildung, Medizin, Handel und so weiter vorzuhalten. Im Falle Leunas wäre dies also die Kernstadt.

Aus Sicht von Silvio Lämmerhirt ist dieser Ansatz „weltfremd“. Das liegt auch daran, dass die Nachfrage in Leuna eine andere ist, weil die Stadt im Osten fast an das stetig wachsende und damit sich in seinen Baupreisen verteuernde Leipzig grenzt. „Wir wollen von diesem Speckgürtel profitieren, aber das fällt uns schwer“, erklärt Lämmerhirt und setzt sein Nachfrage-Ranking nach Bauland fort: Auf Friedensdorf würden zunächst die Speckgürtelgemeinden folgen, erst dann käme die Kernstadt Leuna. „Die Behörden sagen aber, wir sollen dort die Wohngebiete ausweisen.“ Für die übrigen Ortschaften, so die Landesregierung, solle man nicht mehr leere Baugrundstücke haben als für fünf Prozent der Bevölkerung. „In Friedensdorf wären das fünf. Ich habe aber schon jetzt zehn Anmeldungen hier zu liegen.“

Lämmerhirt zeigt sich von der Haltung des Ministeriums „überrascht“

Mitte Januar trafen sich Ministerium und Stadt nun zum Gespräch. Nähergekommen sind sie sich dabei nicht. Das Ministerium erklärt im Nachgang: Man sehe angesichts der zugrunde gelegten Bevölkerungsentwicklung über die vorhandenen Baulücken hinaus keine Erforderlichkeit für die Ausweisung neuer Wohnbauflächen. Diese mit dem Ziel Bauwillige aus Leipzig und dem Umland zu gewinnen, entspreche nicht den Vorgaben des Landes- und Regionalentwicklungsplanes. Sie wären „unzulässig.“

Lämmerhirt zeigt sich im Nachgang von der Haltung des Ministeriums „überrascht“, dass man keine Bevölkerung aus Großstädten abwerben soll. Er sieht einen Widerspruch zu Aussagen von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der zuletzt in der MZ eine Stärkung des ländlichen Raumes gefordert hatte. „Wenn man aber auf tiefere Ebenen kommt, will davon niemand mehr was wissen“, beklagt der Bauamtsleiter. „Da verweist man auf Gesetzestexte. Aber dann muss man das Gesetz halt ändern.“ (mz)