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Tiefschlag für die "Tieroase" Tiefschlag für die "Tieroase": Teutschenthal lässt Tierpension im Saalekreis fallen

Von Oliver Müller-Lorey 04.09.2018, 11:22
Barbara Herbst führt in Delitz am Berge eine Tierpension. Sie hat finanzielle Probleme, seit die Gemeinde Teutschenthal einen Vertrag mit ihr beendet hat.
Barbara Herbst führt in Delitz am Berge eine Tierpension. Sie hat finanzielle Probleme, seit die Gemeinde Teutschenthal einen Vertrag mit ihr beendet hat. Oliver Müller-Lorey

Delitz am Berge - Dass Besucher der „Tieroase“ im Saalekreis-Örtchen Delitz am Berge schon am Eingang angemeckert werden, ist nicht böse gemeint. Jeder, der durch das Metalltor schreitet und zur Besitzerin der Tierpension, Barbara Herbst, will, muss an zwei Ziegen vorbei, die interessiert aus ihrem Gehege schauen und die Eindringlinge lautstark begrüßen.

Es ist tatsächlich eine Oase, die sich die 60-Jährige hier vor einigen Jahren geschaffen hat, nun aber kaum genießen kann, weil ihr ihrer Meinung nach nur Steine in den Weg gelegt werden. Zwei Teiche liegen in der Mitte des weitläufigen Grundstücks, dahinter gibt es Zwinger für Hunde, die unter Sonnensegeln im Schatten liegen. Ein Kaninchenstall ist mit allerlei Brettern und Häuschen ausgebaut, vor dem Haus, in dem Katzen und weitere Hunde leben, steht ein Gartentisch mit Blick auf das Gelände.

Tieroase hat jahrelang entlaufene Tiere der Gemeinde Teutschenthal eingefangen und versorgt

Doch dafür hat Barbara Herbst gerade keinen Blick. Jahrelang hat sie als Betreiberin der Tierpension mit angeschlossenem Gnadenhof die entlaufenen Tiere der Gemeinde Teutschenthal eingefangen und versorgt, bis die Besitzer sie zurücknahmen. Dafür hatte sie einen Vertrag mit der Gemeinde geschlossen und Geld von ihr bekommen.

Doch Ende 2017 schrieb Teutschenthal die Leistung neu aus und den Zuschlag erhielt das Tierheim im thüringischen Gehofen. Von Teutschenthal aus sind das rund 40 Minuten Fahrzeit und fast 60 Kilometer. Seit dem 1. Januar 2018 müssen eingefangene Tiere nun von dort abgeholt werden. „Ich denke da auch an die alten Leute, die jetzt die Tiere aus Thüringen abholen müssen“, sagt Herbst.

Tieroase hat finanziell unter der Entscheidung zu leiden

Einerseits hat sie finanziell unter der Entscheidung zu leiden. „Die Situation ist angespannt. Ich hatte zwei Mitarbeiter, die ich inzwischen entlassen musste“, sagt sie. Einem Azubi, der bald bei ihr anfangen wollte, musste sie absagen. Außerdem liege der Betrieb des Gnadenhofs, in dem Tiere leben, die nicht zurück zu ihren Besitzern konnten, lahm. Er wird derzeit nur von den Einnahmen aus der Tierpension, in die Privatleute ihre Tiere etwa während des Urlaubs geben, finanziert. Immerhin: Die acht Kaninchen, zwei Ziegen, zwei Katzen und acht Hunde sind nicht in Gefahr. Die wolle sie auf jeden Fall behalten, egal wie schwierig es werde.

Andererseits ärgert sich Herbst darüber, dass Gemeinden in Sachsen-Anhalt Aufträge überhaupt in andere Bundesländer vergeben. Denn Teutschenthal sei damit nicht allein. Merseburg arbeite schon seit Jahren mit dem Tierheim Gehofen zusammen, so wie weitere kleinere Gemeinden im Saalekreis. „Merseburg ist eine große Stadt, deren Beispiel kleinere Gemeinden wie Teutschenthal folgen“, sagt sie. Doch der Saalekreis könne die Betreuung von Fundtieren auch selbst stemmen, wenn er einen Zweckverband gründen würde, ist sie überzeugt.

Teutschenthal: Gemeinde ist zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet

Auf Nachfrage der MZ, warum die Gemeinde Teutschenthal zu einem Tierheim nach Thüringen gewechselt hat, heißt es, man bediene sich einer „fachkundigen, leistungsfähigen, zuverlässigen und nach Tierschutzgesetz behördlich genehmigten Einrichtung“, sagt Katharina Zinke-Beinert, Sprecherin der Gemeinde Teutschenthal. Nach dem Kommunalverfassungsgesetz sei jede Gemeinde zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet. Mit anderen Worten: Die Gemeinde muss auf die Kosten schauen und Gehofen schnitt dabei besser ab als Barbara Herbsts „Tieroase“ in der Nähe. „Der Auftrag wurde auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt“, sagt Zinke-Beinert.

Außerdem, das räumt Herbst ein, habe sie eine Bescheinigung bei der Bewerbung für die Ausschreibung nicht rechtzeitig beigelegt, weil sie damals im Krankenhaus gelegen habe. Am Telefon habe ihr die Gemeinde noch gesagt, das sei nicht schlimm, das könne sie nachreichen. „Doch jetzt will sich niemand mehr an dieses Gespräch erinnern“, sagt die 60-Jährige, die vor zehn Jahren noch eine Ausbildung zur Tierpflegerin gemacht hat. Gegen die Gemeinde Teutschenthal hege sie keinen Groll, damit habe sie abgeschlossen. Doch von den Bürgermeistern und Einwohnern aus Delitz am Berge und Bad Lauchstädt wünsche sie sich mehr Unterstützung. (mz)