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Teilweise überraschende Ergebnisse Teilweise überraschende Ergebnisse: Landratswahl im Saalekreis mit Fragezeichen

Von Michael Bertram 02.10.2019, 05:00
Größere Plakate gleich mehr Stimmen? Am Ende landete Hartmut Handschak bei der Landratswahl tatsächlich vor Herausforderin Kerstin Eisenreich.
Größere Plakate gleich mehr Stimmen? Am Ende landete Hartmut Handschak bei der Landratswahl tatsächlich vor Herausforderin Kerstin Eisenreich. Katrin Sieler

Merseburg/Querfurt - Nicht viele hätten vor der Landratswahl damit gerechnet, dass es mit Hartmut Handschak (parteilos) schon im ersten Durchgang einen so deutlichen Sieger gibt. War der Wahlsieger einfach so überzeugend, dass 54,5 Prozent für ihn stimmten oder gab es noch andere Gründe für das Ergebnis? Die MZ wagt eine Analyse.

Warum konnte Hartmut Handschak auf Anhieb gewinnen?

Ein entscheidender Punkt für die Außenwirkung war sicher die 28-jährige Erfahrung in der Kreisverwaltung, die Handschak in den Wahlkampf mitbrachte. Ihm traute man aufgrund seiner Souveränität am ehesten zu, den Saalekreis auch künftig stabil regieren zu können. Auch wenn er nicht offiziell Landrat war: Durch die Vertretung des erkrankten Landrats Frank Bannert (CDU) in den vergangenen zweieinhalb Jahren wurde Handschak von vielen Bürgern als Amtsinhaber wahrgenommen.

Kein Wunder, traf er doch lange wichtige Entscheidungen und war bei unzähligen Terminen präsent. Vor allem in den letzten Tagen vor der Landratswahl tauchte Handschak bei allen möglichen Terminen auf, um sich zu zeigen. Natürlich profitierte auch er auch vom Amtsbonus, verfügte über Wissen, mit dem so mancher Herausforderer eben nicht glänzen konnte. Dank der Unterstützung von CDU, SPD und FDP verfügte Handschak darüber hinaus über ein Wählerpotenzial wie kein anderer der vier Kontrahenten.

Warum landete die erfolgsverwöhnte AfD nur auf dem dritten Platz?

Im Vergleich zu den letzten Wahlergebnissen waren die 16,4 Prozent für Florian Schröder für die AfD ein derber Rückschlag. Gemessen am von der Partei aufgestellten Kandidaten war es wiederum ein Erfolg. Denn der Kandidat sagte den allermeisten nichts. Hätte die AfD wirklich gewollt, hätte sie einen Kandidaten vom Kaliber Hans-Thomas Tillschneider aufgestellt.

Der Landtagsabgeordnete und Kreisverbandschef ist inzwischen politisch erfahren und hat sich durch zahlreiche rechtspopulistische Äußerungen in der eigenen Anhängerschaft einen Namen gemacht. Auch konnte die AfD mit ihrem Kernthema Asyl bei der Landratswahl nicht punkten. Denn in diesem Bereich verfügt ein Landrat per se nur über enge Handlungsspielräume.

Warum konnte Kerstin Eisenreich nicht erneut überraschen?

Bei der Landratswahl 2014 kam, sah und überzeugte Linken-Kandidatin Kerstin Eisenreich die Wähler, so dass sie als Quereinsteigerin in der Kommunalpolitik mit 19,6 Prozent in die Stichwahl einzog. Dass Eisenreich nun mehr als drei Prozentpunkte weniger holte, lag wohl weniger an ihrer Person. Wie schon 2014 zeigte sie sich kämpferisch und argumentierte mit griffigen Zahlen und Fakten. Am Ende war es wohl eher die Partei in ihrem Rücken. Denn auch wenn es nicht so dramatisch erscheint wie im Fall der SPD, auch die Linke verliert im Saalekreis immer mehr an Zuspruch. Zwischen 2006 und 2013 holte die Linke bei Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen stets mehr als 23,6 Prozent.

Bei der Bundestagswahl 2009 waren es bei den Zweitstimmen sogar einmal 31,3 Prozent. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Seit der Kommunalwahl ging es für die Linke stetig bergab. Bei der Kommunalwahl 2019 wählten zuletzt nur noch 15,1 Prozent Eisenreichs Partei. Das mag den langanhaltenden Flügelkämpfen in der Bundespartei geschuldet sein. Im Saalekreis, in dem die rechtspopulistische AfD zuletzt relativ starke Ergebnisse erzielte, dürfte auch der asylfreundliche Kurs der Linken zum Abschwung beigetragen haben.

Warum gingen so wenige Bürger zur Wahl?

Nur 32 Prozent der 158.000 Wahlberechtigten machten am Sonntag von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Traditionell zieht eine Landratswahl bei den Bürgern ohnehin nicht so sehr wie etwa Abstimmungen über die neuen Zusammensetzungen von Land- oder Bundestagen. Und doch lag die Wahlbeteiligung am Sonntag noch einmal zwölf Prozentpunkte unter jener von 2014. „Nach dem Tod Frank Bannerts waren viele überrascht, dass überhaupt Wahlen nötig sind“, berichtete SPD-Politiker Patrick Wanzek von Gesprächen mit Wählern.

Viele dachten demnach, Hartmut Handschak würde als Stellvertreter bis 2021 einfach das Ruder übernehmen. Zudem ist die Politikverdrossenheit bei vielen Menschen nach wie vor hoch. Dass ein größerer Anreiz, wählen zu gehen, tatsächlich zieht, zeigt das Beispiel Teutschenthal, wo am Wochenende auch über den Bürgermeister abgestimmt wurde. Dort lag die Wahlbeteiligung mit 50,33 Prozent weitaus höher. (mz)