Landtagswahl im Saalekreis So betreiben die Parteien in Corona-Zeiten Wahlkampf
Wegen Corona müssen die meisten Parteien im Wahlkampf neue Wege finden. Einige versuchen sich dabei im Netz – die AfD geht gar in die Luft.

Bad Lauchstädt/Halle (Saale)/Hohenthurm - „Schwierig.“ Die Antwort fällt oft, wenn man Landtagskandidaten jenseits der AfD in diesen Tagen nach den Wahlkampfmöglichkeiten in Corona-Zeiten fragt. SPD-Landeschef Andreas Schmidt, der in Merseburg antritt, findet es sogar „total schwierig“ und begründet: „Denn Wahlkampf bedeutet ja gerade, Menschen zu begegnen.“ Doch Begegnung bedeutet im Frühjahr 2021 auch Ansteckungsgefahr. Deshalb verzichtet das Gros der Parteien auf einige klassischen Instrumente im Kampf um die Wählergunst, wie etwa Kundgebungen oder Versammlungen.
Dialog mit Wählern wird im Netz gesucht
CDU-Kandidat Frank Bommersbach will sogar ohne Wahlstände auskommen. Er sieht das Risiko, dass sich dort jemand anstecken könnte als zu groß an. Stattdessen fahren er und sein Team im beklebten Werbewagen zu Supermärkten und Marktplätze. Präsenz zeigen und gegebenenfalls Fragen annehmen und Flyer loswerden. Den Dialog mit Wählern sucht der Bewerber für den Wahlkreis Bad Dürrenberg diesmal vor allem im Netz.
Profile in sozialen Medien gehören für die meisten Kandidaten ohnehin dazu, der CDU-Politiker bittet unter dem Label „Bommersbach Live“ zudem zu Gesprächsrunden via Facebook – zum Auftakt Mitte April etwa mit Bad Dürrenbergs Bürgermeister Christoph Schulze (CDU). Die Resonanz? „Unterschiedlich“, sagt der Kandidat. „Wir bewegen uns da viel im eigenen Saft. Es dient eher der Beruhigung der Parteimitglieder.“
Trotz Corona-Pandemie wird auf klassischen Straßenwahlkampf nicht verzichtet
Immerhin hatte Bommersbach überhaupt Gesprächspartner. SPD-Bewerber Schmidt blieb diese Woche bei seinem ersten Versuch einer Onlinesprechstunde für Braunsbedra allein. „Nicht so schlimm, dann versuchen wir es in modifizierter Form halt noch mal“, sagt der Sozialdemokrat und vermutet, dass vielleicht die Hürde, dass sich Interessierte erst anmelden mussten, um den Link zu bekommen, zu hoch war. Der Onlinewahlkampf ist für die Parteien vor Ort oft noch Neuland.
Deswegen will Schmidt auch nicht gänzlich auf den klassischen Straßenwahlkampf verzichten. „Wir werden im Mai Wahlkampfstände machen und Leute und Orte besuchen.“ Trotz der Einschränkungen wolle er sich in seinem Wahlkreis bewegen. Den teilt er sich etwa mit Grünen-Landeschef Sebastian Striegel. Auch der sagt: „Mit Maske und Abstand ist einiges möglich. Haustürwahlkampf und Stände wird es weiter geben.“ Veranstaltungen würden hingegen nur online stattfinden, erklärt Striegel, der schon länger rege auf Twitter und Instagram aktiv ist – dadurch auf letzterer Plattform beispielsweise zehn Mal so viele Follower hat wie Bommersbach.
AfD will demonstrieren
Über mangelnde Reichweite vor allem auf Facebook muss sich auch die AfD keine Sorgen machen. Allein die Seite des Kreisverbandes zählt über 13.000 Abonnenten und befindet sich seit Jahren im Dauerwahlkampfmodus. Die Partei schränkt sich, anders als die Konkurrenz, beim Werbeinstrumentarium vor der Landtagswahl kaum ein. Kein Wunder hält Kreischef Hans-Thomas Tillschneider Corona nur für eine „mittelschwere Grippe“ und will Anlaufpunkt für Maßnahmenkritiker und Querdenker sein.
Daher hat die AfD nicht nur Autokorsos gegen Corona-Maßnahmen organisiert, sondern mobilisiert in jedem der vier hiesigen Wahlkreise auch zu Demonstrationen mit Parteiprominenz. So erhält der Merseburger Kandidat Daniel Wald vor Ort etwa Unterstützung vom ehemaligen „Flügel“-Chef Björn Höcke. Apropos Flügel: Tillschneider, der in seinem Querfurter Wahlkreis eine eigene Zeitung verteilen lässt, setzt gar auf den Luftwahlkampf und will ein Flugzeug mit AfD-Banner über dem Saalekreis aufsteigen lassen. Vermutlich eine exklusive Idee.
Straßenplakat als Wahlkampfinstrument
Einig sind sich die Parteien dagegen bei einem Klassiker, der dieser Tage überall an Laternenmasten auftaucht: dem Wahlplakat. „Es ist so etwas wie ein Weckruf, dass demnächst Wahlen sind“, ordnet Bommersbach dessen Bedeutung ein. Auch Schmidt hält Wahlplakate für unverzichtbar.
„In einer Welt, in der vielleicht ein Viertel der Haushalte noch Zeitung hat und nur die Hälfte Fernsehnachrichten schaut, ist das Plakat für viele das Signal, dass A Wahl ist und B man selbst zur Wahl steht.“ Deshalb grüßt Schmidt nun von Masten in Leuna, Merseburg und Braunsbedra. (mz)