Rittergut in Niemberg Rittergut in Niemberg: Diese Familie macht aus einer Ruine ein echtes Schmuckstück

Niemberg - Es sieht herrschaftlich aus, das Haus mit der Freitreppe im Wendenring 16 in Niemberg. Das ist auch nicht verwunderlich, denn der um 1780 errichtete Bau gehörte einst dem Grafen von Wuthenau, der ihn als landwirtschaftlichen Betrieb, als Rittergut nutzte. Die Kellerwände verraten zudem, dass es an der Stelle einen noch älteren Vorgängerbau gegeben haben muss.
Eigentlich wollte Familie Gloistein, die am 1. April 2000 aus Norddeutschland nach Halle kam, ursprünglich ein Holzhaus bauen. Doch dann wurden sie durch Zufall auf das historische Gebäude in Niemberg aufmerksam. Es liegt in unmittelbarer Nähe der für Veranstaltung bekannten Alten Brennerei. Diese und ein an das Haus angrenzender Park gehörten früher auch zu dem Rittergut.
Altes Rittergut in Niemberg: Flüchtlingsheim und Schule
Das Haus war nach dem Zweiten Weltkrieg Flüchtlingsheim und später Schule. Viele Jahre wurde es zuletzt als Niemberger Rathaus genutzt. Danach stand es viele Jahre leer. Manch ein Niemberger hatte schon befürchtet, dass das alte Gebäude irgendwann in sich zusammenfallen wird.
„Erst haben wir gedacht, das ist doch viel zu groß für uns“, erinnert sich Gloistein an den Tag, als sie sich das Gebäude zum ersten Mal ansahen. Und nicht nur das: Er uns seine Frau Verena standen vor einer Ruine. Der Putz war großflächig abgefallen, das Dach undicht, es gab Schimmel- und Schwammbefall im Haus.
Altes Rittergut in Niemberg: Wintergarten ausgebrannt
Der im Jahr 1917 angebaute Wintergarten war ausgebrannt, die Hauswände mit Graffiti beschmiert. Die Treppe war desolat und schlecht saniert. Herausgebrochene, gedrechselte Teile des Geländers waren durch einfache Bretter ersetzt und alles mehrfach mit brauner Farbe überstrichen. „Allein die Treppenaufarbeitung war in Großeinsatz“, so Gloistein.
Dass sie sich trotz all der Mängel trotzdem für das alte Rittergut entschieden, war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. „Der Wintergarten, die Freitreppe draußen, die hohen Räume haben uns beeindruckt. Wir haben gedacht, daraus kann man ein Schmuckstück machen.“ Dazu kam, dass Hermann Gloistein selbst auf dem Land aufgewachsen war und wieder aufs Dorf ziehen wollte. Dass es bis zur endgültigen Sanierung des Schmuckstücks ein langer, teils mühsamer Weg werden würde, wussten sie natürlich damals noch nicht.
Altes Rittergut in Niemberg: Sanierung dauerte viele Jahre
Heute sind die Gloisteins stolz auf ihr Haus. Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes hat viele Jahre gedauert. Die Familie denkt noch oft daran, wie sie bei starkem Frost am 1. März 2003 in das neue Heim eingezogen sind. Die Wohnung in Halle war gekündigt, sie mussten raus, obwohl das Niemberger Haus noch ganz und gar nicht fertig war. „Die ersten Wochen haben wir alle zusammen in einem Zimmer auf Luftmatratzen campiert. Alle Innentüren, selbst die zum Dachboden und die zum Keller haben noch gefehlt. Es war ein eisiger Durchzug“, erzählt Verena Gloistein.
Damals waren die Töchter, heute 18 und 17 Jahre alt, noch kleine Kinder, der zwölfjährige Sohn Hermann war noch nicht geboren. Nach und nach wurde alles fertig. „Bis jedoch der Sockelputz und die Freitreppe fertig waren, vergingen mehrere Jahre“, sagt Hermann Gloistein.
Altes Rittergut in Niemberg: Absprachen mit dem Denkmalschutz
Die Sanierung gestalteten die Gloisteins in ständigen Absprachen mit dem Denkmalschutz. So entspricht etwa die Farbe des Außenputzes der vom Christina-Wolff-Haus in Halle. Die Blenden der noch vorhandenen Messingkastenschlösser ließen sie von einer Firma im Vogtland nachgießen. Hermann Gloistein besuchte selbst Messen für historisches Baumaterial, denn die neuen Besitzer wollten sich ganz am Historischen orientieren. „Für die Beschaffung des Baumaterials haben wir viel Zeit aufgewendet“, blickt Gloistein zurück.
Doch das hat sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Familie Gloistein hat ein Schmuckstück wieder hergestellt. Das Engagement hat ihnen zudem den Bundesdenkmalpreis für die hervorragende originalgetreue Restaurierung des Daches mit handgestrichenen Ziegeln eingebracht. (mz)

