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Retter ohne Führerschein Retter ohne Führerschein: Wenn die Feuerwehr nicht zum Einsatz ausrücken kann

Von Oliver Müller-Lorey 09.12.2017, 06:00
Wir wären dann soweit... Nur auf für den Fahrersitz findet sich kein Feuerwehrmann.
Wir wären dann soweit... Nur auf für den Fahrersitz findet sich kein Feuerwehrmann. Lutz Winkler

Queis - Die beste Wasserpumpe, die modernste Schutzkleidung und das schnellste Feuerwehrauto nützen Rettern bei einem Einsatz nichts, wenn sie gar nicht erst zum Unglücksort kommen. Zum Beispiel weil es niemanden gibt, der den passenden Lkw-Führerschein hat, der für das Fahren des tonnenschweren Feuerwehrautos nötig ist.

Genau das ist der Feuerwehr Queis (Stadt Landsberg) am Mittwoch passiert. Auf ihrer Facebook-Seite schlagen die Retter nun selbst Alarm: „Heute wurden wir alarmiert konnten aber nicht ausrücken da kein Lkw Fahrer da war. Wir suchen dringend Leute, ansonsten können wir nicht helfen!“, heißt es im Netz.

Hilferuf von Feuerwehrmann aus Queis

Den Hilferuf hat Max Teichgräber, selbst Feuerwehrmann in Queis, in die Welt gesetzt. „Ich will damit um neue Mitglieder werben“, sagt der erst 19-Jährige. Schließlich sei es in diesem Jahr schon das zweite Mal gewesen, dass sich zwar einige Feuerwehrleute nach der Alarmierung am Gerätehaus eingefunden hätten - aber niemand von ihnen mit Lkw-Führerschein.

„Wenn das passiert, schreibe ich noch in unsere WhatsApp-Gruppe, ob nicht doch einer kommen kann. Und wenn keiner kommt, dann gehen wir wieder nach Hause“, sagt Teichgräber. Sie seien aber auch schon mit ihren Privatautos zum Einsatz gefahren - eine Lösung die weder besonders sicher noch praktikabel oder schnell ist.

Es werden immer drei Wehren gleichzeitig alarmiert

Dass es wegen der unbefriedigenden Lage irgendwann einmal zu Verletzten oder gar Toten kommen könnte, weil die Queiser Feuerwehr nicht anrücken kann, hält der amtierende Wehrleiter Gerd-Albert Heimer aber für ausgeschlossen. „Es werden immer drei Wehren gleichzeitig alarmiert. Bei uns sind das noch Zwebendorf und Siedtzsch“, sagt er. Bei besonders heiklen Lagen, etwa wenn ein Feuermelder in einer Schule auslöse, würden sogar alle Wehren alarmiert. So sei immer gewährleistet, dass Hilfe komme.

„Trotzdem ist es ein schlechtes Gefühl von Macht- und Hilflosigkeit“, sagt ein anderer Queiser Feuerwehrmann, Tobias Kutschka. „Wir sind in die Feuerwehr eingetreten um zu helfen, da ist es frustrierend, wenn das nicht geht“, sagt er. Im aktuellen Fall waren die Queiser übrigens zur Unterstützung des Rettungsdienstes angefordert worden, um einen übergewichtigen Patienten zu verladen. Für die Retter aus Queis musste am Mittwoch die Wehr aus Zwebendorf einspringen.

Stadtwehrleiter Landsberg: „Wir haben das Grundproblem erkannt“

Das Problem, dass Einsatzkräfte überhaupt und speziell solche mit Lkw-Führerschein fehlen, ist nicht neu. „Wir haben das Grundproblem erkannt“, sagt Landsbergs Stadtwehrleiter, Marcus Sägling. In Deutschland herrsche fast Vollbeschäftigung, das schlage sich auch auf die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren nieder. Während die Wehren nach Feierabend keine Probleme hätten, genug Einsatzkräfte zu finden, sei die Situation tagsüber, wenn die Mitglider auf Arbeit sind, deutlich schlechter.

„Es gibt Firmen, in denen es kein Problem ist, wenn Arbeiter zu einem Einsatz müssen. Aber etwa in kleinen Handwerksbetrieben ist es schwierig, jemanden gehen zu lassen“, sagt Sägling. Die in Landsberg ansässigen Firmen, etwa Rossmann, würden ihre Mitarbeiter sehr unkompliziert zu Einsätzen fahren lassen, doch viele Landsberger arbeiteten auch in Halle oder Leipzig.

Landsberg fördert pro Jahr vier Führerscheine für Feuerwehrleute

Die Stadt Landsberg versucht bereits, mehr Feuerwehrleute mit Fahrerlaubnissen auszustatten und fördere pro Jahr vier Führerscheine. Ab 2018 soll das Land mit zwei weiteren geförderten Führerscheinen pro Jahr mit einsteigen, sagt Sägling.

Andere Bundesländer haben auf das Personalproblem in Freiwilligen Feuerwehren anders reagiert. „In Bayern gibt es zum Beispiel einen sogenannten Dienstführerschein“, sagt Kutschka. Das sei eine Sondergenehmigung, mit der Feuerwehrleute mit normalem Pkw-Führerschein zweckgebunden trotzdem ein Feuerwehrauto fahren dürfen. Voraussetzung sei aber eine spezielle Schulung. (mz)