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Raus aus der Kabine Raus aus der Kabine: EU will Übernachten in Lkw einschränken - das sagen die Firmen

Von Michael Bertram 10.12.2018, 06:00
Viele ausländische Fernfahrer verbringen auch die Wochenruhezeit in den Kabinen ihrer Lastwagen.
Viele ausländische Fernfahrer verbringen auch die Wochenruhezeit in den Kabinen ihrer Lastwagen. dpa

Merseburg/Weissenfels - Die EU will die Arbeitsbedingungen für Fernfahrer verbessern - unter anderem soll das Übernachten in den Fahrerkabinen eingeschränkt werden, Spediteure ihren Mitarbeitern stattdessen Zimmer bezahlen. Welche Auswirkungen hätte das auf die Branche? Die MZ hat mit regionalen Unternehmen gesprochen.

Für die Spedition Finsterwalder, die sowohl in Merseburg als auch Halle Niederlassungen betreibt, wird die EU-Forderung nur wenige Auswirkungen haben. „Zumindest was unsere deutschen Fahrer betrifft“, sagt Sven Köcke, Sprecher der Unternehmensgruppe Finsterwalder. Denn bereits seit dem Jahr 2016 sei eine solche Regelung nationales Recht.

Die Regelung sieht vor, dass Lkw-Fahrer gemäß Sozialvorschriften im Laufe jeder Woche eine der täglichen Ruhezeiten zu einer wöchentlichen Ruhezeit ausdehnen muss. 45 zusammenhängende Stunden dürfen sie ihre Brummis dann nicht lenken. Ausnahmen sind möglich. Während ausländische Lkw-Fahrer diese Zeit durchaus auf einem Autobahnrastplatz im Lkw verbringen, bekommen deutsche nach Branchenaussagen Heimaturlaub. „Außerdem planen wir unsere Touren von vornherein so, dass unsere Fahrer ihre Ruhezeiten zu Hause verbringen können“, erklärt Köcke.

Veränderungen können auch Verbesserungen bringen

Gerade für osteuropäische Fahrer kann eine solche Veränderung aber Verbesserungen bringen, glaubt er. „Die verbringen ja teils Wochen im Lkw, bevor sie mal wieder in ihre Heimat kommen“, sagt der Speditionsexperte. „Wobei sich die Bedingungen in den Lastwagen auch deutlich verbessert haben: die Kabinen sind klimatisiert, haben eine Standheizung, einen Kühlschrank“, zählt Köcke die bequemen Aspekte auf.

Dass eine solche EU-Regelung, die noch vom Parlament beschlossen werden müsste, aber wirklich durchsetzbar ist, mag er kaum glauben. Das sieht auch sein Kollege Lars Franke von der Weißenfelser Spedition Helo GmbH so. „Wer soll das denn in diesen Ausmaßen kontrollieren?“, fragt sich Franke, der seine Zweifel hat, ob die EU-Politiker vorher mal mit Menschen aus der Praxis gesprochen haben.

Übernachtung in Pensionen - wo sollen die Lkw parken? 

Frank erklärt, dass nach Inkrafttreten einer solchen Regelung dann plötzlich 500.000 Fernfahrer aus ganz Europa, die auf deutschen Straßen unterwegs sind, Übernachtungsmöglichkeiten bräuchten. Nur leider gibt es diese nicht. Unwahrscheinlich ist, dass nun entlang der Autobahnen Motels und Pensionen gebaut werden. „Das Argument des österreichischen Verkehrsministers, damit für eine Entspannung auf den Autobahnrastplätzen zu sorgen, läuft also ins Leere“, betont der Geschäftsführer. Und wenn die Fernfahrer dann zu Pensionen und Gasthäusern fahren: „Wo sollen die dort ihre Lastwagen sicher abstellen?“, hakt Franke nach.

Dass sich etwas an den Arbeitsbedingungen ändern muss, das sieht auch der Helo-Geschäftsführer durchaus ein. Aber was bringt eine Regel, bei der nicht wirklich großflächig kontrolliert und damit auch keine Verstöße dagegen geahndet werden können? „Warum verbindet man damit nicht die Auflage, dass die Wochenruhezeit am Heimatort zu verbringen ist?“, fragt sich Franke. Doch auch daran seien viele offene Fragen geknüpft? „Wie lässt sich das denn in Zeiten der Datenschutzgrundverordnung überprüfen, wann jemand wo war?“

Die Probleme bei der Überprüfung schärferer Vorschriften erkennt am Dienstag auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), lobt allerdings erstmal grundsätzlich die „EU-weit verbindliche Klarstellung des Verbots“, die Ruhezeit in der Fahrerkabine zu verbringen, sowie weitere geplante Änderungen. (mz)