Mitteldeutscher Marathon Mitteldeutscher Marathon: Viel zu erleben, aber wenig Zuschauer

Spergau/Leuna/Merseburg/MZ - Es ist vier Uhr morgens. Gisela Thoms ist bereits munter. Vielleicht doch ein wenig die Aufregung? Drei Stunden später gehört sie zu den Ersten an der Jahrhunderthalle in Spergau. Dort, wo der 13. Mitteldeutsche Marathon startet. Die Seniorin von der Gymnastikgruppe der SG Spergau hat nun den Hut auf. Mit sechs weiteren Sportfreunden ist sie für die Durchführung des Schnupperlaufes verantwortlich. Dafür liegen ab 7.30 Uhr die Startlisten aus. Rund 150 Kinder aus Schulen aus Spergau und dem Umkreis sind mit dabei.
„Früher bin ich selbst noch mitgelaufen, das war weniger stressig“, sagt Thoms mit einem Augenzwinkern. Spätestens nachdem die Jungen und Mädchen bis zur fünften Klasse die 1 400 Meter absolviert haben und ins Ziel rennen, weiß Thoms, dass sich die Mühe wieder gelohnt hat. „Jeder, wirklich jeder bekommt im Ziel direkt eine Medaille“, betont sie. Sogar die Eltern, die mit den Kleinsten die Runde gedreht haben. Einer von ihnen ist Dirk Dittrichs, Co-Trainer beim Weißenfelser Basketball-Bundesligateam Mitteldeutscher BC. „Ich bin mit meinen beiden Töchtern Mattea und Johanna schon zum zweiten Mal dabei“, erzählt der 37-Jährige. Mit seinen vier- und fünfjährigen Mädchen gehörte er zum guten Mittelfeld.
In Leuna dauert es bei der Verpflegungsstation am Autohaus genau 39 Minuten und 50 Sekunden, bis der erste Läufer die 10,2 Kilometermarke passiert. Sieben von ihnen beenden etwas später an dieser Stelle ihr Rennen. „Das sind einige Bekannte und Freunde von uns“, erläutert Seniorchef Hans-Joachim Hähnel, „das machen wir eigentlich von Anbeginn so und es ist mit den Organisatoren abgesprochen.“ Zusammen mit einem Kollegen stoppt er die Zeiten der Hobbyläufer per Hand. Einer von den Frühaussteigern ist David Schade, der im Autohaus ein Büro hat. Mit seinen 57 Minuten ist er nicht ganz zufrieden. „Aber es ist schön, hier anzukommen. Vielleicht können die Veranstalter ja diesen Punkt auch mal offiziell für einen Viertelmarathon als Ziel deklarieren“, regt Schade an.
Am Bahnhofsvorplatz ist es laut
Im Leunaer Ortsteil Ockendorf ist derweil Stimmung. Am Kilometerpunkt 16 stehen entlang der Friedrich-Ebert-Straße zahlreiche Läufer und warten auf die Übernahme des Staffelstabes. Thomas Lange begrüßt hier am Mikrofon im Namen des Dorfvereins jeden Läufer mit der Nummer. „Schade, dass nicht die Namen drauf standen“, bedauerte er. Einen flotten Spruch hat er dennoch für die vorbeieilenden oder -gehenden Akteure parat. Die Startnummer 300 etwa, eine Frau im besten Alter, ruft ihm auf Nachfrage zu, woher sie kommt: „Berlin.“ Lange: „Na da sind sie sicher zu Fuß gekommen. Aber nein, das wäre ja nur ein lockeres Training gewesen.“
Andreas Hajek verzichtete auf die Tour im VIP-Bus. Der ehemalige Olympiasieger im Rudern aus Halle, der sich in den vergangenen Jahren schon an diversen Aktionen des Mitteldeutschen Marathons beteiligte, setzte sich dieses Mal aufs Rad und fuhr damit erst einmal von zu Hause aus nach Spergau. Danach klapperte er Verpflegungspunkte ab, führte Siegerehrungen der Schülerläufe durch, plauderte und gab Autogramme. Rund 100 Kilometer spulte der gebürtige Weißenfelser am Sonntag ab und war stellenweise fast genauso schnell wie der VIP-Shuttle. In Leuna kam er nahezu gleichzeitig an. „Es ist auch ein Elektro-Rad“, gab Hajek zu, „damit ist man schon etwas flotter unterwegs.“ Ins Schwitzen kam der 46-jährige Inhaber eines Radgeschäftes aber dennoch.
Bei der Rollstuhl-Staffel mit sieben Behinderten gab es in diesem Jahr eine Premiere: Der hallesche Extremsportler Mario Gursky schob den 13-jährigen Adrian Jablonka alleine über die Halbmarathonstrecke. Ansonsten teilten sich immer mehrere Akteure das Anschieben und wurden nach einigen Kilometern ablöst.
Hungern oder dursten mussten die Athleten auf ihrem Weg von Spergau über Leuna und Merseburg nach Halle nicht. 6 000 Liter Getränke, 5 000 Bananen und 3 500 Äpfel wurden von Sponsoren zur Verfügung gestellt.
Und wieder waren es die Rosenbaum-Brüder, die beim Spergauer Schnupperlauf beinahe allen davon rannten. Schon im vergangenen Jahr belegten die elfjährigen Drillinge aus Braunsbedra die Ränge eins, zwei und vier. Der erstgeborene Ben gewann vor John, Max kam auf Rang vier. Dieses Mal hatte erneut Ben die Nase vorn und Max wurde Dritter. Den Silberrang schnappte sich unterdessen Tomcarlos Schmidt. Alle drei liefen für die Celook-Schule Großkorbetha. (st)
Laut ist es schließlich auch am Merseburger Bahnhofsvorplatz. Hier haben sich acht Kindertagesstätten zum Laufduell versammelt. Lautstark von Betreuern und Eltern angefeuert, setzt sich im Finale schließlich die Kita „Flax und Krümmel“ gegen das Team „Weinberg“ in einer Zielfoto-Entscheidung durch. Dritte werden die Knirpse vom Kinderland vor den Schkopauer Sonnenkäfern.
Fast unbemerkt ziehen derweil um 11.43 Uhr die letzten Marathonteilnehmer auf der König-Heinrich-Straße vorbei. Der Straßenrand ist wie leer gefegt.