Erhöhter Ertrag Mietwagen im Dauereinsatz auf den Feldern
Im Agrarunternehmen Barnstädt läuft die Ernte, mit deutlich besserem Ertrag als zuletzt. Doch das aktuelle Wetter ist nicht ohne Tücken.

Döcklitz/Nemsdorf/MZ - Theoretisch könnte Sebastian Franke an seinem Arbeitsplatz entspannen. Denn nur die erste Spur muss er den Mähdrescher per Hand über den Acker steuern. Danach würde sich das über zehn Meter breite Schneidwerk in vordefinierten Bahnen von selbst über den Acker bewegen. „Aber man muss trotzdem vorne reingucken“, sagt der Mitarbeiter des Agrarunternehmens Barnstädt und deutet aufs Feld. Aufgeschobene Erde, Fraßschäden und andere Unbill kann jederzeit zur Kurskorrektur zwingen.
Franke hat seinen Mähdrescher gerade am Rande eines Rapsfeldes bei Döcklitz abgestellt. Er zeigt das übersichtliche Cockpit. Zwei Pedale, ein Lenkrad, rechts zwei Monitore. Auf dem oberen kann er das Schneidwerk einstellen, Raps wird etwa höher über dem Boden gekappt als Weizen, das andere ist das GPS-Gerät. Hinter ihm, unter der grau-grünen Verkleidung, ist das Dreschwerk verborgen, das das abgeschnittene Getreide bearbeitet. Streu von Korn trennt. Die Körner werden gesiebt und landen in einem Tank. Die Streu fliegt zurück aufs Feld.
Nur die Stoppeln zurückgeblieben
Dort sind nur die Stoppeln zurückgeblieben. Das geerntete Korn wird gerade von den sogenannten Überladewagen, die während der Ernte neben dem Drescher herfahren, damit der nicht anhalten muss, auf Traktoren mit Anhängern umgefüllt. Die bringen die Ernte zu den eigenen Lagern oder gleich zum Händler.

Die Lieferscheine legen die Fahrer Stefan Engel auf den Tisch seiner „Erntezentrale“ in einem funktionalen DDR-Flachbau in Altweidenbach. Dort erfasst das Vorstandsmitglied die Erträge. Seite Anfang Juli holen seine Mitarbeiter die Ernte ein. Erst die Wintergerste, jetzt Weizen und Raps. Engel ist zufrieden. „Die Wintergerste war nicht schlecht.“ 7,6 Tonnen des Getreides hätten sie pro Hektar geerntet. „Nicht schlecht“ ist nach den vergangenen Dürresommern mit entsprechenden Missernten gut. 2021 scheint ein durchschnittliches Jahr für die Landwirte zu werden.
„Der Regen holt uns gelegentlich vom Feld“
Der Grund dafür ist der Regen, der in den vergangenen Monaten wieder deutlich häufiger fiel. Jetzt, während der Erntezeit, nach dem Geschmack des Landwirts vielleicht sogar zu häufig. „Der Regen holt uns gelegentlich vom Feld. Früher hätte man gesagt, dass wir die Ernte dieses Jahr reinmausern.“ Denn geerntet werden kann nur, wenn das Getreide einigermaßen trocken ist: Sonst sei es nicht lagerfähig, erklärt Engel, und man bekomme beim Händler weniger Geld da-für.
183 Euro bringt derzeit die Tonne Weizen. Beim Raps sind es aktuell sogar 500 Euro. Allerdings bekomme das Agrarunternehmen durch langfristige Verträge eher 390 bis 400 Euro, berichtet Engel und hofft, dass am Ende der Ernte mehr Raps eingefahren wurde als zuvor vertraglich gebunden war.

Denn dem Verkaufserlös stehen Ausgaben gegenüber, etwa für Ackerpacht, Personal – allein mit der Ernte sind derzeit fast 20 Mitarbeiter befasst – und Technik. Die vier Mähdrescher seien gemietet, sagt das Vorstandsmitglied. 60.000 Euro kostet ein Fahrzeug pro Jahr. Das sei aber immer noch günstiger als zu kaufen. Denn im Agrarunternehmen müssten die Maschinen große Flächen bearbeiten. „Wenn man den Drescher dann nach vier Jahren abbezahlt hätte, fangen die Reparaturen an.“ So bekommt das Unternehmen im Zweifelsfall einfach einen neuen Drescher.
„Wir haben aktuell noch circa 2.000 Hektar Raps und Weizen vor uns“
Das aktuell im Einsatz befindliche Quartett könnte bis zu 150 Hektar pro Tag abernten. Auf diese Leistung kommt es wegen der Regenschauer dieses Jahr fast nie. „Wir haben aktuell noch circa 2.000 Hektar Raps und Weizen vor uns“, berichtet Engel. Sein Unternehmen sei mittlerweile wieder stärker dazu übergegangen, die Ernte selbst einzulagern – aus Kostengründen. Denn gerade beim Weizen geht ein Großteil des Ertrages nicht direkt in die Lebensmittelproduktion, sondern dient als Futter für die Kühe und die 50.000 Schweine des Unternehmens. Engel schätzt, dass das Verhältnis etwa 1:3 ist. Deshalb schließe man mit den Agrarhändlern teils gleich Verträge für den Rückkauf der Ernte ab. Doch das dann extern zwischengelagerte Getreide kostet natürlich mehr Geld. „Die Lagerkosten für das Futter liegen im Bereich von Hunderttausenden Euro pro Jahr“, erklärt Engel. Deswegen lagere man jetzt selbst wieder mehr ein.
Die Lager zu füllen, ist Aufgabe der Erntekolonne. Die macht sich gerade von Döcklitz auf den Weg nach Lossa. Die Mähdrescher haben ihr breites Schneidwerk auf Anhänger verladen und ziehen es längs hinter sich her. Anderthalb Stunden, so schätzt der Chef, werde es dauern, bis sie am 30 Kilometer entfernten neuen Einsatzort wieder loslegen können – bis das Feld leer ist oder der nächste Regen kommt.