Leukämie-Erkrankung Leukämie-Erkrankung: Warum es für Antonio schwierig ist, einen Arzt zu finden

Leuna - Antonio hat überlebt. Das ist das Wichtigste. Denn es gab eine Zeit, da hing sein Leben am seidenen Faden. Die akute Leukämie hat er mittlerweile überwunden. Mit den Folgen der Behandlung hat er allerdings heute noch zu kämpfen, denn die starken Kortisongaben am Anfang haben sein rechtes Kniegelenk komplett zerstört, so dass er sich jetzt nur noch langsam und mit einem Rollator fortbewegen kann.
Trotzdem will der 14-Jährige nicht zu Hause sitzen und sich seinem Schicksal ergeben. Deshalb wird er jetzt nach den Februarferien zum ersten Mal nach anderthalb Jahren wieder in die Schule gehen - in die 7. Klasse der August-Bebel-Sekundarschule in Leuna. „Ich weiß noch nicht, ob das funktionieren wird, denn es gibt dort keinen Fahrstuhl. Antonio wird viel Unterstützung brauchen“, sagt seine Mutter Katja Probst, die mit ihrem Sohn erst vor kurzem aus Baden-Württemberg zurück ins heimische Leuna gezogen ist.
Leukämie-Erkrankung: Wie sich Antonio durch seine neue Schule bewegen wird, ist nicht das einzige Problem
Wie sich Antonio durch seine neue Schule bewegen wird, ist nicht das einzige Problem, das die kleine Familie hat. „Antonio hat zwar zunächst die schwere Erkrankung überstanden, obwohl er alle vier bis sechs Wochen noch eine Chemo-Injektion ins zentrale Nervensystem bekommt, um zu verhindern, das eventuell wieder auftretende Krebszellen ins Gehirn wandern könnten - aber er bekommt natürlich auch mal eine Erkältung.“ Und dann einen Arzt zu finden, der ihn behandelt, sei nahezu unmöglich, sagt Katja Probst.
Von zwei Ärzten in der Region habe sie eine Absage bekommen. Man nehme keine neuen Patienten auf, habe es unter anderem geheißen. Ein erfahrener Kinderarzt aus Merseburg hat Antonio dann schließlich angenommen, hat ihn von den anderen jungen Patienten isoliert, um Antonios schwaches Immunsystem keiner Ansteckungsgefahr auszusetzen. Doch auf Dauer braucht Antonio einen Spezialisten. Dafür müsste er mit seiner Mutter jedoch nach Halle, Leipzig oder Dresden fahren.
Arzt kann durchaus verstehen, dass sich normale Kinderärzte an solche Fälle nicht heran trauen
„Das kann nur ein Kinderonkologe oder Kinderhämatologe sein, der sich mit den spezifischen Problemen von Antonios Krankheit auskennt“, erklärt Dr. Axel Schobeß, Chefarzt auf der Kinderstation des Merseburger Carl-von-Basedow-Klinikums. Er könne durchaus verstehen, dass sich normale Kinderärzte an solche Fälle nicht heran trauen. „Da gibt es sehr viel zu beachten, wenn ein Kind noch in zytostatischer Behandlung ist.“ Es bestehe aufgrund des geschwächten Immunsystems ein erhöhtes Risiko, schwerer zu erkranken. Und das Blutbild könne immer auffällig sein.
Bis vor fast zwei Jahren war Antonios Leben und das seiner Mutter noch völlig in Ordnung. „Wir waren im September 2014 nach Baden- Württemberg gegangen, weil ich dort ein Jobangebot hatte“, erzählt Katja Probst.
Dann der Sommer 2015. Zunächst bekam die Leunaerin die Diagnose, dass ihr Sohn Asperger-Autist sei. „Das war der erste Schock“, sagt sie. Asperger-Autisten sind intelligent, werden von ihrer Umwelt allerdings manchmal als ungeschickt wahrgenommen. „Am 19. Juli sind wir dann zum Arzt gegangen, weil Antonio auf der linken Schulter in Halsnähe eine Beule hatte“, erzählt Antonios Mutter.
Erst Wochen später haben Spezialisten in Berlin das Non-Hodgkin-Lymphom identifiziert.
Als die Beule nach drei Wochen immer noch da war, habe sie auf einer Biopsie bestanden. Die Spezialisten in Böblingen konnten allerdings nichts finden. Erst Wochen später haben Spezialisten in Berlin das Ganze als Non-Hodgkin-Lymphom identifiziert, das behandelt werden muss. Die Klinik der Wahl wurde Tübingen.
Dort wurde wenig später festgestellt, dass sich das Lymphom zu einer akuten Leukämie ausgeweitet hatte, die bösartigen Zellen also schon das Knochenmark erreicht hatten. Schnell wurde mit der Chemo begonnen.
Antonio nahm an einer europaweiten Studie teil, erhielt über zehn Monate eine Intensiv-Chemotherapie - auch um zu verhindern, dass die Krebszellen das zentrale Nervensystem und das Gehirn erreichen. „Er hat zweieinhalb Monate in der Klinik verbracht, und leider ging es Antonio bei der ersten Behandlung sehr schlecht. Er hatte eine Vergiftung, die seine Nieren und seine Leber angegriffen hat. Er lag auf der Intensivstation und die Ärzte haben echt um sein Leben gekämpft.“ Allerdings sei die Leukämie relativ schnell sehr gut zurückgedrängt worden. „Er lag also damals im Sterben, aber die Leukämie war fast verschwunden. Zum Glück ist es gut ausgegangen“, freut sich Katja Probst.
Seit der Chemo mit den sehr hohen Kortisongaben kann Antonio auch seine Finger extrem verbiegen wie ein Gummimensch. „Das ist eklig“, meint seine Mutter scherzhaft. Antonio lächelt und kontert: „Das ist nicht eklig, das ist besonders.“ (mz)