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Beamter auf Probe in der JA Raßnitz Jugendanstalt Raßnitz: Mit 28 als Gefangenenbetreuer freiwillig hinter Gittern

Von Michael Bertram 15.09.2018, 07:00
Martin Müller arbeitet seit August als Vollzugsbeamter in der Jugendanstalt Raßnitz. Künftig wird er hier bis zu 24 Gefangene betreuen.
Martin Müller arbeitet seit August als Vollzugsbeamter in der Jugendanstalt Raßnitz. Künftig wird er hier bis zu 24 Gefangene betreuen. Peter Wölk

Raßnitz - 26 junge Männer und Frauen in Sachsen-Anhalt befinden sich seit August dieses Jahres freiwillig hinter Gittern. Der Grund ist ihre Ausbildung zum Beamten im Allgemeinen Justizvollzugsdienst. Einer, der die zweijährige Ausbildung bereits erfolgreich abgeschlossen hat, ist Martin Müller. Seit August ist er als Beamter auf Probe in der Jugendanstalt in Raßnitz im Einsatz, um die dortigen Gefangenen zu betreuen.

Müller ist 28, machte Abitur. Da er nicht so recht wusste, wo es beruflich hingehen sollte, entschied er sich zunächst für eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. „Ich habe dann aber einen Job mit mehr Absicherung gesucht und bin auf den Staatsdienst aufmerksam geworden“, erzählt Müller.

Job hinter Gittern: Die Bewerber werden streng ausgesiebt

Über eine Ausschreibung im Internet landete er schließlich im Auswahlverfahren, das von den Bewerbern einiges abverlangt: Ein Allgemeinwissen- und Intelligenztest, ein Sport- und medizinischer Test standen an. „Es gab auch ein Konfliktrollenspiel, bei dem man herausgefordert wurde.“ Die Auswahljury wollte sehen, wie er in brenzligen Situationen, die sich in einer Justizvollzugsanstalt jederzeit ereignen können, reagiert.

Die Ausbildung läuft analog zu anderen Berufszweigen dual. Ein gutes halbes Jahr lernen die angehenden Vollzugsbeamten an einer Schule in Benneckenstein unter anderem die rechtlichen Grundlagen ihrer späteren Arbeit.

Job hinter Gittern: Für die Ausbildung geht es in mehrere JVA's

Der Rest ist Praxis. „Wir haben während der Ausbildung mehrere Anstalten kennengelernt, weil es ja auch unterschiedliche Vollzugsarten gibt“, sagt Martin Müller. Durch die enge Betreuung durch die Bediensteten lerne man sehr schnell. Nach Abschluss der Ausbildung können die Vollzugsbeamten zudem in allen Anstalten und Bereichen arbeiten.

„Ich bin froh über meine Entscheidung, denn ich erlebe hier jeden Tag etwas Neues“, sagt er im Rückblick auf seine Berufswahl. Als weniger erfahrener Mitarbeiter sei er zwar für zwei Wohngruppen, also bis zu 24 Gefangene zuständig, könne aber immer auf die Unterstützung eines Kollegen zählen, der schon mehrere Jahre in Raßnitz arbeitet. Man sei mit den Gefangenen nie alleine, sagt Müller.

„Als Bedienstete sind wir für viele Insassen aber auch der Vater, der Bruder, aber auch mal der Böse“

Das sei auch gut so, wie er mit einem Lächeln meint. Nicht etwa in erster Linie, weil die Insassen eine ständige Gefahr darstellen, sondern weil sie die Bediensteten gern einmal gegeneinander ausspielen. Erlaubt der eine bestimmte Dinge nicht, fragt man halt den anderen Beamten.

„Als Bedienstete sind wir für viele Insassen aber auch der Vater, der Bruder, aber auch mal der Böse“, ergänzt der 28-Jährige, mit dem die Gefangenen aufgrund seines Alters oft auch einen anderen Draht pflegten. „Sie kennen die Grenze zwischen Freund und Bediensteten aber genau“, betont Martin Müller, der die kommenden drei Jahre zunächst als Beamter auf Probe arbeitet.

JA in Raßnitz kann Nachwuchs gut gebrauchen

Über die junge Verstärkung freut sich Klaus-Dieter Schmidt. „Wir können Nachwuchs gut gebrauchen“, meint der Leiter der Jugendanstalt. Der Altersschnitt der insgesamt 200 Mitarbeiter in Raßnitz liege bei 47 Jahren.

Direkt von der Schulbank weg werde das Land aber auch keine Auszubildenden unter Vertrag nehmen. „Ein bisschen mehr Lebenserfahrung ist in diesen Bereich schon erwünscht“, sagt Schmidt und schaut hinüber zu Müller. Der Ex-Kfz-Mechatroniker ist das beste Beispiel. (mz)