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Gewichtheben Gewichtheben: Ehrgeiz spielt einen Streich

Von ANKE LOSACK 17.05.2011, 20:37

MERSEBURG/MZ. - In ihrem ersten Versuch im Reißen waren für die D-Jugendliche 19 Kilogramm aufgelegt. Sie stemmte die Langhantel in die Höhe, legte ab und schaute fragend zu den Kampfrichtern. Diese zückten das rote Fähnchen: technische Mängel, ungültig. Jona brach in Tränen aus, suchte die erstbeste Schulter zum Anlehnen. Immer noch ins Schluchzen verfallen, musste sie zu ihrem zweiten Versuch ran. Wie eine Wiederholung, es passte erneut nicht. Die zehnjährige Merseburgerin konnte es nicht fassen. Die Tränen kullerten.

Dann nahm sich Vereinskollegin Jessica Reichmann ihrer an, hatte tröstende Worte und helfende Ratschläge. "Man muss ihr Mut zureden. Ich habe gesagt, dass mir das auch schon einmal passiert ist. Sie soll sich konzentrieren, richtig zufassen, und dann klappt es", verriet die 14-jährige Reichmann das Erfolgsrezept. Und ja, es klappte. 19 und später sogar noch 20 Kilogramm konnte sich Jona ins Ergebnisprotokoll eintragen lassen. Mutter Heike war stolz auf ihre Tochter: "Sie ist ein so ehrgeiziges Mädchen." Dass der Ehrgeiz ihr diesmal so einen Streich gespielt hatte, war der kleinen Merseburgerin auch nicht recht. "Ich habe Mutti und Vati immer zu Hause erzählt, wie gut ich trainiert habe. Und dann so etwas. Gerade dann, wenn sie zugucken." Jona hatte ihr Lächeln aber schnell wieder gefunden und fügte an, dass es erst ihr zweiter Wettkampf im Gewichtheben gewesen sei.

Überhaupt tummelten sich am Samstag um den 66-jährigen Schkopauer Abteilungsleiter und Trainer Heinz Schulze mehr weibliche als männliche Gewichtheber. "Das ist ungewöhnlich, ich weiß", so Schulze. In den 60er Jahren habe er fast nur mit Jungen trainiert, heute sind es fast nur Mädchen. Als einen wesentlichen Grund dafür nannte Schulze die Arbeitsgemeinschaft "Fitness", die er in der Grundschule "Rosenthal" wöchentlich anbietet. Damit wecke er das Interesse bei den Mädchen. "Würde die Arbeitsgemeinschaft Kraftsport heißen, würde vielleicht gar kein Mädchen dabei sein", meinte der Abteilungsleiter.

Es kommt also auch nicht von ungefähr, dass ein Mädchen derzeit das Aushängeschild der Bunesen ist. Jessica Reichmann, die gute Seele, die sich gern junger Sportler wie Jona annimmt, wenn es bei denen mal nicht so gut klappt. Jessica gehört in ihrer Altersklasse zum Bundeskader der Gewichtheberinnen, sieht dies aber nicht als so spektakulär an. "Verändert hat sich dadurch nichts für mich", so die 14-Jährige. Schulze hakt ein: "Doch, sie unterliegt der Dopingkontrolle." Die Merseburgerin war 2010 Landesmeisterin und konnte so an den Deutschen Meisterschaften teilnehmen. "Für einen Platz auf dem Treppchen hat es da nicht gereicht. Dabei sein ist aber alles", sagte die 14-Jährige bescheiden.

Erfolge kann Schulze mit seiner Abteilung über Jahrzehnte vorweisen. Einen seiner Musterschüler hatte er zum Rabenturnier extra eingeladen und auf die Starterliste gesetzt. Der 27-jährige Lars Lorenz, mehrfacher deutscher Jugendmeister und Teilnehmer der Jugend-Europameisterschaften, kam aus Hamburg, natürlich mit der Sporttasche auf der Schulter. "Zwei Jahre hatte ich keine Hantel mehr in der Hand. Ob das heute was wird?", schmunzelte Lorenz. Und siehe da: Er konnte es noch, wurde bei den Senioren Dritter.