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Für Preis nominiert Für Preis nominiert: Zappendorf zeigt wie Dorfgemeinschaft funktioniert

Von Sabrina Gorges 06.06.2016, 04:20
Bürgermeisterin Ina Zimmermann (4.v.r) steht mit Ehrenamtlichen im Hof des Landwirtschafts- und Heimatmuseums in Zappendorf.
Bürgermeisterin Ina Zimmermann (4.v.r) steht mit Ehrenamtlichen im Hof des Landwirtschafts- und Heimatmuseums in Zappendorf. dpa-Zentralbild

Zappendorf - Ina Zimmermann ist selten allein auf Fotos zu sehen. Sie umgibt sich lieber mit denen, die jeden Tag die Dorfgemeinschaft leben. Ehrenamtliche, die sich in Vereinen und Interessengemeinschaften engagieren, sich für Alte und Junge stark machen, Feste organisieren und anpacken, wenn es nötig ist. Ohne diese Menschen, sagt sie, geht nichts. Und in Zappendorf geht gerade viel. Im Juni stehen der blond gelockten Bürgermeisterin des Ortes im Saalekreis und den Engagierten zwei wichtige Termine ins Haus. Zwei Jurys reisen an, denn Zappendorf ist nicht nur in den Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ eingezogen, es wurde auch für den Europäischen Dorferneuerungspreis nominiert. Der steht unter dem Motto „offen sein“ - wie gemacht für Zappendorf.

Bevor sich die Aufregung in der 1370-Seelen-Gemeinde endgültig Bahn bricht, wird im örtlichen Landwirtschafts- und Heimatmuseum ländliche Gemeinschaft praktiziert. Das Museum ist der Dreh- und Angelpunkt. „Wir gehören zu Zappendorf“, sagen die Männer und Frauen, die an einem sonnigen Maitag am Tisch sitzen. „Wir sind Zappendorf.“ Gern und viel berichten sie über das, was sie für Zappendorf und die Ortsteile Müllerdorf und Köllme tun. Ehrenamtlern wie der ehemaligen Kindergärtnerin Gudrun Jäger kommen da sogar die Tränen. Hier gestalten Emotionen Dorfleben.

Martin Feudel ist 91 Jahre alt und sagt. „Man darf niemals im eigenen Saft schmoren.“ Aus seinem Mund klingt das wie eine in Stein gemeißelte Arbeitsanweisung. Aktuell schreibt der rastlose Senior und Leiter der ortsansässigen Arbeitsgruppe Wandern an der Ortschronik. Die Heimatkunde und das Bergsteigen haben es dem Ur-Hallenser angetan. Nach Zappendorf, sagt er mit einem Schmunzeln, sei er 1996 erst für seinen vierten Lebensabschnitt gekommen.

Das Dorfleben in Zappendorf

Ulrike Dietrich ist schon immer in Zappendorf. Sie ist eine von 13 „Zeitstiftern“ im „ZeitOase“-Projekt, das sich seit 2012 um die Alten im Ort kümmert. „Das ist mehr als Kaffee trinken und Kuchen essen“, sagt Dietrich. „Wir sprechen alle Sinne an. Wir motivieren, aktiv zu bleiben.“ Ehrenamtliche passen auf, dass die ältere Generation so lange wie möglich ein Teil der Gemeinschaft ist. Auch Hausbesuche gehören dazu. „Unser Landarzt bestätigt uns immer wieder die positive Wirkung dieses Engagements“, sagt der Vorsitzende des Museumsrates, Wolfgang Schumann, nicht ohne Stolz. Das Museum ist auch hier Treffpunkt. „Es hat sich seit der Gründung 2002 zu einem Begegnungszentrum entwickelt.“

Nachwuchs wird an das Dorfleben heran geführt

Auch Renate Schleicher hat über die regelmäßigen „ZeitOase“-Nachmittage erste Kontakte geknüpft. Das war vor sechs Jahren, als sie aus der Ruhrpottmetropole Dortmund nach Zappendorf gezogen war. „Dem Sohn hinterher“, sagt die 68-Jährige. Längst ist sie Teil des „Dorfteams“ und bringt sich ein, wo es geht.

Doch es sind nicht nur die Rentner, die Gemeindearbeit machen. Alle führen eigenen Aussagen zufolge den Nachwuchs an das gemeinsam gestaltete Dorfleben heran. Im Ort gibt es seit 2001 ein Kinder- und Jugendcamp und Angela Wilke hat es als Präsidentin des Zappendorfer Carnevals Vereins (ZCV) mit 118 Mitgliedern im Alter zwischen 3 und 85 Jahre zu tun. „Das wird in den Familien weitergegeben“, sagt sie. Erstmals hat der ZCV im Vorjahr eine Faschingssause für Menschen mit Behinderungen veranstaltet. Aus der gesamten Region feierten etwa 80 Männer und Frauen. „Klar, dass wir das dieses Jahr wieder machen“, so Wilke.

Bürgermeisterin Zimmermann strahlt. „Also ich könnte mir kein schöneres Hobby vorstellen“, sagt die 32-jährige Sozialpädagogin. Seit 2014 ist die zweifache Mutter im Amt. „Zappendorf hat mir schon viele emotionale Momente beschert. Und schlaflose.“ So wie im Februar, als eine 100-seitige Broschüre kurz vor knapp auf die Reise zur Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung ins österreichische Sankt Pölten ging. „Wir haben die Unterlagen für den Dorferneuerungspreis einen Tag vor Frist abgegeben.“ Am 16. Juni reist die vierköpfige Jury an. Sie sollen von Zappendorf überzeugt werden - auch bei einer Fahrt auf dem Traktoranhänger. (dpa)