"Ein Minister zum Anfassen sein" "Ein Minister zum Anfassen sein": Holger Stahlknecht auf Sommertour in der Region

Landsberg - Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) schaut sich anerkennend in dem kleinen Turmzimmer um, blickt dann auf die Platte mit Wurstbroten und entscheidet sich für ein Schinkenbrötchen. Kauend hört er zu, was Elke Hahn, Vorsitzende des Kultur- und Heimatgeschichtsvereins Hohenthurm, über das Wahrzeichen des Ortes zu erzählen hat.
Stahlknecht: „Ich will ins Gespräch kommen und ein Minister zum Anfassen sein“
934 ist der „Hohe Thurm“ erbaut worden, diente als Befestigung. Inzwischen könne man darin heiraten, fügt Hahns Ehemann an. Die Haken in der Decke seien nicht dafür da, heiratsunwillige Männer aufzuknüpfen, sondern dienten damals dazu, das Zaumzeug der Ochsen zu trocknen. Ein kleiner Scherz. Holger Stahlknecht hat das Schinkenbrötchen fast aufgegessen und lächelt. Draußen hat der Regen inzwischen aufgehört, und im Turm wird es heiß und schwül.
Der Besuch in Hohenthurm ist Stahlknechts erste Station seiner Sommertour im nördlichen Saalekreis. „Seit 2011 veranstalte ich zweimal im Jahr eine solche Tour und besuche Vereine, Feuerwehren und Unternehmen. Ich will ins Gespräch kommen und ein Minister zum Anfassen sein“, sagt Stahlknecht, der als Kronprinz Ministerpräsident Reiner Haseloff zu beerben hofft und auf seine Gastgeber an diesem Tag eine besondere Wirkung auszuüben scheint. Manche wollen ein Foto mit ihm machen, einige sprechen ihn ehrfürchtig mit „Herr Minister“ an.
Stahlknecht auf Wahl-Tour?
Wie sie den Besuch des Ministers denn finde, sei sie gefragt worden und da habe sie gesagt: „Einfach geil“, gibt Elke Hahn zur Verabschiedung der Entourage aus dem Hohen Thurm zu. Die Runde lacht. Mit Stahlknecht reisen Frank Bommersbach, Landtagsabgeordneter für den Saalekreis, Michael Hayn, Vorsitzender der wegen des Streits um Parteibeiträge krisengeschüttelten Saalekreis-CDU-Fraktion, und Hartmut Handschak, der während der Krankheit des jüngst verstorbenen Landrates Frank Bannert die Geschäfte übernommen hatte.
Handschak will sich zu einer möglichen Kandidatur nicht äußern, gilt aber als aussichtsreicher Kandidat für den nun freien Posten, was Stahlknecht auf seiner Tour an diesem Tag das ein oder andere Mal durchblicken lässt. Den Mitgliedern des Heimatvereins geht es allerdings eher um etwas anderes. Als Handschak die Finanzierung der Denkmalpflege im Kreis anspricht und in Aussicht stellt, die Mittel zu erhöhen, leuchten bei den Vereinsmitgliedern die Augen. Man habe noch viel vor, Geld sei dafür wichtig.
Bei Apfel-Krapfen mit Vanilleeis kommen die CDU-Politiker ins Gespräch
Für Stahlknecht sind Fragen nach mehr Geld auf seinen Touren an der Tagesordnung und keine Überraschung mehr. Trotzdem seien ihm die Besuche und Gespräche wichtig. „Natürlich spielt Geld eine Rolle, aber auch der Wunsch zu zeigen, was die Leute geleistet haben. Es geht auch um Anerkennung“, sagt Stahlknecht. Auch wenn von 100 besuchten Vereinen 98 nach mehr Geld fragen würden, mache ihm die Tour Spaß. „Ich sehe das fast ein bisschen wie Urlaub.“
Immerhin: Um den Transport zwischen seinen „Urlaubszielen“ muss sich der Innenminister nicht selbst kümmern. Nachdem er die enge Wendeltreppe des Hohen Thurms hinabgestiegen ist, geht er zu seinem Dienstwagen und wird, zusammen mit seinen Bodyguards, zum nächsten Stopp gefahren: Mittagessen im Gasthof Zwebendorf. Inzwischen ist die Luft etwas abgekühlt und nicht mehr so schwül. Stahlknecht sitzt im Biergarten des Gasthofs und steckt sich eine Pfeife an - seit 34 Jahren sein Markenzeichen. Während die Personenschützer an einem Koi-Teich stehen, tippt Stahlknecht auf seinem Smartphone herum.
„Ich muss noch ein paar E-Mails checken.“ Dann geht es hinein zum Vier-Gänge-Menü. Es gibt Bruschetta, Salat, Gulasch mit reichlich Beilagen und einen Apfel-Krapfen mit Vanilleeis. Dazwischen kommen die CDU-Politiker ins Gespräch. Über Parteifreunde, den Tod Bannerts und das leidige Thema Parteienbeiträge. Aber auch über Nicht-Politisches wie die neuen Arbeitsstellen der Söhne, gestohlene Autos und die lächerliche Frisur des neuen britischen Premiers Boris Johnson.
Stahlknecht hat gerade zwei neue Helikopter für die Landespolizei in Empfang genommen
Um 14 Uhr steht der dritte Termin des Tages an: Ein Besuch bei der DRF-Luftrettung am Flugplatz Oppin. Stahlknecht, der gerade erst zwei neue Helikopter für die Landespolizei in Empfang genommen hat, weiß, wie viel Geld in den Maschinen steckt und schaut sie bewundernd an. Bis zu zehn Millionen Euro kostet ein Heli, der als fliegende Intensivstation bezeichnet werden könne, erklärt ein Pilot. Beim anschließenden Gespräch will der Minister wissen, „wo der Schuh drückt“. Eigentlich sei alles gut, sagt ein Vertreter der Luftretter. Aber die baulichen Bedingungen könnten etwas besser sein.
Allein: Man tue sich schwer damit, in die Halle zu investieren oder gar eine neue zu bauen, wenn die Konzession für die Rettungsflieger immer nur für ein paar Jahre gelte. Eine Art Standortgarantie könnte da helfen. Die CDU-Männer schauen sich an und verabreden, sich dem Thema bei der nächsten Vergabe anzunehmen. Dann schaut Bommersbachs Referentin auf die Uhr. Die Feuerwehr in Landsberg, der VfB Blau-Weiß Hohenthurm und der TSV Niemberg warten auf den Minister. Es wird noch ein langer Tag. (mz)

