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„In der Neuzeit ankommen“ Der neue Chef vom Ausländeramt im Saalekreis will reden

Eugen Wanke ist nun offiziell Leiter und setzt auf Kommunikation.

Von Robert Briest 17.09.2021, 16:03
Arbeitsplatz - Symbolbild
Arbeitsplatz - Symbolbild (Foto: picture alliance/dpa)

Merseburg/MZ - Er habe lange überlegt, ob er die Stelle übernehmen will, erzählt Eugen Wanke. Schließlich ist die Leitung des Ausländeramtes kein Wohlfühlposten, sondern wie es der 36-Jährige ausdrückt, „ein sensibler Bereich mit viel Ausstrahlung“. Das Amt erhält vor allem dann Aufmerksamkeit, wenn etwas nicht läuft oder zumindest politische Akteure dieser Auffassung sind. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist groß, schließlich polarisiert das Thema Migrationspolitik wie kaum ein anderes.

Wanke schreckte das letztlich nicht. Er bewarb sich auf die interne Ausschreibung und wurde auf der jüngsten Sitzung vom Kreisausschuss bestätigt. Damit hat er nun offiziell die Funktion, die er seit einem Jahr kommissarisch ausübte. Damals machte sein Vorgänger Jan Rosenstein Schlagzeilen. Es gab Vorwürfe der Nötigung und der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole gegen ihn. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen ihn im Frühjahr zwar ein, doch da war der Arbeitsvertrag mit dem Saalekreis längst gekündigt.

„Ein abgelehnter Asylbewerber ist abzuschieben. Das steht im Gesetz, ob es einem gefällt oder nicht.“

Wanke äußert sich nicht zu seinem Vorgänger, hält aber den von Flüchtlingsunterstützern immer wieder gegen Rosenstein erhobenen Vorwurf, unter seiner Führung habe das Amt Gesetze möglichst hart ausgelegt, für ungerechtfertigt: „Weil es immer so dargestellt wurde, dass wir bei jedem Fall freie Hand haben. Das ist nicht so.“ Vielmehr gebe es bei den meisten Angelegenheiten gar kein Ermessen, sagt Wanke: Wenn das Bundesamt einen Flüchtling anerkenne, erhalte dieser einen Aufenthaltstitel. „Ein abgelehnter Asylbewerber ist abzuschieben. Das steht im Gesetz, ob es einem gefällt oder nicht.“ Bei Kann-Regeln orientiere er sich an der Gesetzesbegründung, also dem, was der Gesetzgeber erreichen wollte, und der Rechtssprechung.

Wanke ist Jurist. Nach dem Studium stand er vor der Wahl, was er werden wolle, Anwalt, Richter oder Verwaltungsmitarbeiter. „Das war 2015, als man von einer Flüchtlingskrise sprach.“ Verwaltungen suchten Mitarbeiter. Wanke bewarb sich beim Kreis, ohne dass er vorher viel mit Ausländerrecht zu tun hatte. Doch seine Vorbereitungen in der Bibliothek waren offenbar erfolgreich. Er habe sich gegen 30 Mitbewerber durchgesetzt, berichtet er, und wurde Hauptsachbearbeiter für Asyl.

„Das Ausländeramt soll in der Neuzeit ankommen.“

2017, nachdem Ausländerbehörde und die für die Leistungen zuständige Abteilung des Sozialamtes zum Ausländeramt fusionierten und in die Merseburger Haber-Straße zogen, wurde Wanke zum Sachbearbeiter Rechtsangelegenheiten. Die Position hat er bis heute inne. Er führt also einen wesentlichen Teil der Rechtsstreitigkeiten seines Amtes selbst. Meist laufe das alles schriftlich, weil es nur um die Frage gehe, wer das Recht richtig ausgelegt habe.

Dass ihm diese Aufgabe Spaß macht, war ein Grund, warum er sich für die Amtsleitung entschied. Der andere sei der Mitarbeiterstamm. Außerdem habe er gedacht, wenn er mit der Ausrichtung des Hauses unter anderer Führung unzufrieden sei, könne er nichts ändern. Deshalb will Wanke nun selbst gestalten. Sein wichtigstes Thema ist dabei die Kommunikation: „Oft entsteht Unmut aus Mangel an Transparenz. Wenn man die Leute ein Stück weit mitnimmt, erklärt, warum man so handeln muss, wird es eher verstanden.“ Selbst dann, wenn die Entscheidung nicht im Sinne der Antragsteller ausfällt. In seinen bisher wenigen Besuchen im Sozialausschuss setzte Wanke auf sachliche Erklärung, wo sein Vorgänger gerade bei kritischen Fragen schnell oberlehrerhaft seine Rechtsauffassung doziert hatte.

Der zweite wichtige Punkt des neuen Chefs ist die Digitalisierung. Die Ausländer sollen Anträge bald online stellen können, Akten elektronisch statt gedruckt sein: „Das Ausländeramt soll in der Neuzeit ankommen.“