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Christiane Becker-Neumann Das tragische Ende eines Popstars in Bad Lauchstädt

Die großen Weimarer Dichter schwärmten für die jugendliche Schauspielerin. Doch Christiane Becker-Neumann überkam in Bad Lauchstädt das Unglück.

Von Robert Briest 17.06.2021, 18:00
Wagner- (l.) und Becker-Haus stehen nebeneinander in der Goethestraße
Wagner- (l.) und Becker-Haus stehen nebeneinander in der Goethestraße (Foto: Robert Briest)

Bad Lauchstädt - „Wenn sie nur noch einige Jahre so fortschreitet, wird Deutschland bald nur eine Schauspielerin haben.“ Diese euphorische Kritik schrieb der Dichter Christoph Martin Wieland Ende des 18. Jahrhunderts über eine Teenagerin: die Schauspielerin Christiane Becker-Neumann. Ein Jahrhunderttalent, dem die von Wieland erhofften Jahre jedoch nicht vergönnt waren. Ihre vielversprechende Karriere endete höchst dramatisch auf den Lauchstädter Theaterbrettern.

Das Schauspielern war der 1778 geborenen Christiane Neumann in die Wiege gelegt. Ihre Eltern Johann und Johanna waren beide in diesem Metier unterwegs, ihr Vater leitete gar eine Schauspielertruppe und so stand die Tochter bereits mit sechs Jahren das erste Mal auf der Bühne. Die Familie siedelte nach Weimar über, schloss sich dort der Bellomoschen Theatergruppe an – benannt nach Josef Bellomo. „Der hat das Sommertheater in Bad Lauchstädt gegründet“, erörtert der heutige Goethe-Theaterchef René Schmidt.

Mit neun in die Lehre

Die junge Christiane spielte ihre erste Titelrolle in Weimar mit nur neun Jahren und ebnete so ihren Weg zum Durchbruch. Denn zum Publikum zählte Herzogin Anna Amalia, die offenbar begeistert von der Leistung der Kinderdarstellerin war und einer bekannten Sängerin und Schauspielerin der damaligen Zeit, Corona Schröter, auftrug, sich um die Ausbildung des Mädchens zu kümmern. Diese nahm sie sogar für zwei Jahre bei sich auf.

Die Nachbildung einer historischen Zeichnung der Schauspielerin am Haus.
Die Nachbildung einer historischen Zeichnung der Schauspielerin am Haus.
(Foto: Robert Briest)

1791 schließlich kam die junge Neumann mit ihrer Familie an das frisch gegründete Weimarer Hoftheater, dessen Leiter kein geringerer war als Goethe selbst. Auch den Dichterfürsten zog sie schnell in ihren Bann. Er schrieb einst über sie: „Es kann größere Talente geben, aber für mich kein anmutigeres.“ Schon mit 15 Jahren war sie am Weimarer Schauspiel die „erste Liebhaberin“. Ein Fachbegriff der damaligen Zeit, wie Schmidt erörtert: „Immer wenn in Stücken ein verliebtes junges Mädchen gebraucht wurde, hatte sie vertraglichen Anspruch auf die Rolle.“

Ehe mit 15, Tod mit 18

Und Neumann spielte viele große Rollen heutiger Klassiker: In Lessing-Aufführungen gab sie die Emilia Galotti und Minna von Barnhelm. Sie mimte die Hauptrollen in Schillers „Räuber“ sowie „Kabale und Liebe“. Selbst frühe Schwangerschaften stoppten die steile Karriere nicht. Bereits mit 15 Jahren ehelichte sie den Schauspielerkollegen Heinrich von Blumenthal, der unter dem Namen Becker firmierte, den auch seine Ehefrau übernahm. Ein Jahr später brachte sie ihr erstes Kind zur Welt, zwei Jahre später folgte das zweite.

Zugleich ihr letztes. Denn während Becker-Neumann im Sommer 1797 mit dem Theater in Bad Lauchstädt gastierte, erkrankte sie an Tuberkulose. „Es verstärkte sich so, dass sie schließlich auf der Bühne zusammenbrach“, berichtet der heutige Theaterchef: „Der Legende nach wurde sie direkt in der Kutsche des Kurfürsten nach Weimar gebracht.“ Doch die Bemühungen halfen nichts. Christiane Becker-Neumann starb mit gerade einmal 18 Jahren. (mz)