Berufe im Handwerk Berufe im Handwerk: Immer weniger Frauen im Blaumann

Bad Dürrenberg - Immer weniger junge Frauen in der Region um Halle und Merseburg entscheiden sich für eine Ausbildung im Handwerk. Wie aus einer aktuellen Pressemitteilung der Handwerkskammer Halle hervorgeht, wurde im vergangenen Jahr nur jeder fünfte neue Ausbildungsvertrag mit einem weiblichen Lehrling geschlossen.
Von 1.272 Auszubildenden waren nur 270 junge Frauen - 48 weniger als noch im Jahr zuvor. Die bevorzugten Berufe bei den weiblichen Auszubildenden waren im vergangenen Jahr Friseurin, Kauffrau für Büromanagement und Augenoptikerin. Hingegen wurden laut der Handelskammer nur jeweils einmal ein Ausbildungsverhältnis als Straßenbauerin, Elektronikerin, Metallbauerin, Fleischerin und Karosserie- und Fahrzeugbauerin eingetragen.
„Es ist nicht ganz einfach, als Frau in technischen Berufen Fuß zu fassen“
Auch im Saalekreis ist man sich dieser Entwicklung bewusst. „Es ist nicht ganz einfach, als Frau in technischen Berufen Fuß zu fassen“, sagt Sabine Saupe von der SASA Enerkom GmbH in Bad Dürrenberg. Die Elektromeisterin hat sich mit ihrem Energie- und Kommunikationsbauunternehmen vor zwanzig Jahren selbstständig gemacht. In ihrem Unternehmen, zu dem momentan 38 Mitarbeiter zählen, werden Stahlbaumonteure in mehreren Schritten zu Freileitungsmonteuren ausgebildet.
Dabei gibt die Unternehmerin auch Quereinsteigern, die vorher beispielsweise eine Lehre zum Gerüstbauer, Dachdecker oder Stahlbauschlosser absolviert haben, eine Chance. Momentan sind unter ihren technischen Mitarbeitern keine Frauen. „Natürlich gibt es auch in unserer Branche Frauen, die arbeiten dann aber hauptsächlich in der Projektleitung und nicht als Monteurin“, sagt sie. Zwar sei sie von der Vorstellung, eine technisch ausgebildete Frau auf den Funkmast zu schicken, nicht abgeneigt - zweifelt aber daran, dass sie die körperlichen Anforderungen auf Dauer durchhalten würde.
Freileitungsmonteure erwartet bei ihrer Arbeit nicht nur eine extreme Höhe
„Unsere Freileitungsmonteure erwartet bei ihrer Arbeit nicht nur eine extreme Höhe, sondern auch oft lange Strecken, die sie im Team zurücklegen müssen“, sagt sie. Eine Bewerbung für eine Stelle als Freileitungsmonteurin hat sie bisher noch nicht bekommen. „Wenn das aber doch einmal passieren sollte, würde ich ihr aber ebenfalls eine Chance geben“, so Saupe.
Dass das baubegleitende Handwerk in der Region bei jungen Frauen nicht an erster Stelle steht, weiß auch die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis, Petra Patzschke. „Die Gründe dafür lassen sich aber nicht so einfach beantworten“, sagt sie. Zum einen würde die Anzahl der Auszubildenden im Handwerk generell seit Jahren zurückgehen, damit inbegriffen natürlich auch die Zahl der weiblichen Bewerber.
Ansehen der Sekundarschulen stärken
Zum anderen sieht sie die langjährige Kampagne der Politik, eine gymnasiale Ausbildung und ein Studium gegenüber der dualen Ausbildung im Handwerk zu bevorzugen, als kritisch. „Wichtig wäre es aus handwerklicher Sicht, das Ansehen der Sekundarschulen zu stärken“, fügt sie hinzu. Auch versuche die Kreishandwerkerschaft seit einigen Jahren mit ihren Innungen, in der Berufsorientierung und bei Ausbildungsmessen in Halle und im Saalekreis die Handwerksberufe zu bewerben und vorzustellen.
Mit Erfolg: Seit etwa zwei Jahren setze sich in der Gesellschaft so langsam ein Umdenken ein, sagt Petra Patzschke. Trotzdem würden es die Bewerberinnen für Lehrausbildungen zum Maurer, Fliesenleger, Maler oder Elektriker in der Realität nicht so einfach haben, meint Patzschke.
Betriebe stellen ungern weibliche Lehrlinge ein
„Die baubegleitenden Betriebe stellen ungern weibliche Lehrlinge ein, da sie dann beispielsweise in der Firma und auch auf den Baustellen für getrennte Umkleidemöglichkeiten und Duschen sorgen müssen“, sagt sie. Dies sei für die kleinen und mittleren Betriebe nur schwer zu realisieren. Trotzdem hofft sie, dass sich die weiblichen künftigen Auszubildenden von den scheinbar harten Bedingungen nicht abschrecken lassen und trotzdem etwa Angebote - wie etwa den „Girlsday“- nutzen, um sich über berufliche Perspektiven zu informieren.
„Im Handwerk gibt es die vielfältigsten Berufe mit tollen Aufstiegschancen und außerdem die Möglichkeit, sich später selbstständig zu machen“, so Petra Patzschke. (mz)