Bad Lauchstädt Bad Lauchstädt: Sanierung von Kuranlagen und Goethe-Theater fast abgeschlossen

Bad Lauchstädt - Zumindest die Menschen mit den weißen Schutzanzügen und den Atemmasken sind wieder verschwunden. Im Sommer 2018 saugten sich Mitarbeiter einer Spezialfirma durch das seit über einem Jahrhundert ungeputzte Zeltdach über dem Zuschauerraum des Bad Lauchstädter Goethe-Theaters.
Dessen Reinigung sollte eigentlich nur eine Randnotiz bei der Sanierung des Daches des vom Dichterfürsten selbst auf den Weg gebrachten Kulturbaus sein. Doch nachdem ein Gesundheitskoordinator giftige Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) im Leinenstoff diagnostiziert hatte, entpuppte sie sich als Bremsklotz.
Um 14 Wochen verzögerten sich alle folgenden Baumaßnahmen. Mittlerweile ist das ursprüngliche Ziel, im September 2018 fertig zu werden, auf Mai 2019 verschoben worden. Denn die Pak-Funde blieben nicht die einzige unliebsame Überraschung. So musste der Dachunterbau versteift werden, weil sich herausstellte, dass die Decke keine Traglast mehr hatte, ein Problem für die geplante zusätzliche Dämmung und auch für den Brandfall. Schließlich soll die Decke den Zuschauern bei einem Feuer nicht gleich auf den Kopf fallen.
Bad Lauchstädt hat eher Bauherren als Kulturmanager
„Da sind wir Leid geprüft“, fasst René Schmidt die Erfahrungen der vergangenen Monate zusammen. Der Mittfünfziger mit kurzem blonden Haar und Rahmenbrille ist Geschäftsführer der Landes-GmbH, die sich nicht nur um das 1802 eröffnete Theater kümmert, sondern auch um die großzügigen Kuranlagen gegenüber, die einst den Aufstieg des kleinen Städtchens bei Halle bewirkt hatten.
Er empfängt im alten Badehaus, übermannshoch geratene Flügeltüren führen in den Konferenzraum. Schmidt selbst passt wunderbar in dieses Ensemble. Er inkarniert die Aura der mondänen Hochkultur, die die Lauchstädter Anlagen umgibt. Er ist eloquent, die historischen Fakten sitzen, selbst zum Baustellengespräch trägt er Hemd, Schlips und langen Mantel.
Schmidt ist eigentlich auch niemand, der zum Jammern neigt, sondern mehr der Typ Macher. 2010 war er ursprünglich nach Bad Lauchstädt gekommen, um dort Kultur zu machen. Doch neun Jahre später räumt er ein: „In den letzten Jahren war ich mehr Bauherr als Kulturmanager.“
Der Zufall wollte es so. Nach seinem Amtsantritt wollte er eigentlich nur eine Treppe im Theater erneuern lassen. Als Arbeiter dafür jedoch ein Stück Putz wegnahmen, sei das kaputte Holz hinterher gekommen, berichtet der Theater-Chef. Auch die Bauwerke im Kurpark offenbarten bei Untersuchungen unter der hübschen Fassade zahlreiche Mängel.
Sanierung ist auf gutem Weg
Die erste große Sanierung seit 1968 musste her. Doch die Finanzierung war zunächst unklar. Das Land kürzte seine Zuschüsse für die GmbH um fast zwei Drittel. Schmidt hatte damals gar den Eindruck, die Gesellschaft könnte abgewickelt werden. Er ging zum Arbeiten nach Pirna, kümmerte sich nur noch kommissarisch um Bad Lauchstädt.
2014 einigten sich beide Seiten dann auf einen neuen Vertrag. „Da wusste ich dann, was mich erwartet.“ Das Land gab ihm sechs Millionen Euro und die Verantwortung für die Sanierung in die Hand.
Ein Tatort war das Theaterdach zwar nicht. Doch weil dort giftige Kohlenwasserstoffe entdeckt wurden, musste eine Spezialfirma die Reinigung des Zeltdaches über dem Zuschauerraum übernehmen. Der Douche-Pavillon war das erste Gebäude in den Kuranlagen, dass René Schmidt sanieren ließ. Dabei legte der Chef viel Wert auf Details, wie etwa bei der Restauration der Deckengemälde im Kursaal.
Fünf Jahre später bilanziert der Geschäftsführer: „Das, was wir uns 2014 vorgenommen haben, ist zu gut 80 Prozent abgearbeitet.“ Das sieht auch der Besucher. Der historische Kursaal erstrahlt innen wie außen in neuem alten Glanz und hat mit dem Genscher-Saal einen modernen, flachen zweiten Veranstaltungsraum bekommen.
Bad Lauchstedt - die ersten Anlagen glänzen wie früher
Im restaurierten Badehaus residiert mittlerweile die GmbH und der Douche-Pavillion beherbergt eine Ausstellung über den historischen Kurbetrieb, der eben selbst Goethe gelockt hatte. Auch am Theater ist bereits viel geschehen, die Schäden am Mauerwerk sind beseitigt, die Fassade ist fast fertig und bei den Dacharbeiten ein Ende erkennbar.
Schmidt hofft nun auf 2,2 Millionen Euro aus einem EU-Topf, um ab Herbst das Theater auch innen auf Vordermann zu bringen. Zumindest auf die Prioritätenliste des Landes hat es der Bau schon mal geschafft. Wenn die Arbeiten dann planmäßig 2021 beendet sind, hätte die GmbH auch dank der Unterstützung privater Stiftungen, von Lotto-Toto und des Freundeskreises des Theaters, knapp elf Millionen Euro verbaut.
Das kommt auch 200 Meter weiter, im Rathaus, gut an. Schließlich sind Theater und Kuranlagen in Kombination mit dem benachbarten Schloss das einzige touristische Pfund, mit dem die Goethestadt wuchern kann. Sie ist zwar formal Anrainer des Geiseltalsees, allerdings auf der falschen, schwer zugänglichen Seite. „Wir verdanken unsere touristische Entwicklung den Kuranlagen“, sagt Bürgermeister Christian Runkel (CDU). Auch die Hotels im Ort würden davon profitieren. Genaue Zahlen hat er allerdings nicht.
Kulturprogramm bringt Leben in alte Gebäude
Die Stadt zahlte den Kuranlagen jedes Jahr 40.000 Euro für die Parkpflege. Den Löwenanteil des Jahresetats, zusammen fast eine Million Euro, überweisen Land und Saalekreis. Hinzu kommen Ticketeinnahmen.
Schmidt organisiert damit das Kulturprogramm. Viel klassische Musik, Oper- und Theatergastspiele. Ein eigenes Ensemble hat Bad Lauchstädt nicht. Mit thematischen Kaminzimmergesprächen und Aktionen wie dem Klassikpicknick will der Geschäftsführer auch die Bevölkerung mitnehmen.
Der Fokus des Landes ist freilich ein anderer. Es sieht die Kuranlagen als kulturellen Leuchtturm mit weiter Strahlkraft. Kulturminister Rainer Robra (CDU) scheut, wenn es um die avisierte Rolle der Anlagen geht, deshalb auch keine großen Vergleiche und stellt sie in eine Reihe mit den Weltkulturerbestätten wie Quedlinburg (Harz) oder dem Bauhaus Dessau. Man sei sich der Tradition der Gesamtanlagen bewusst: „Diese Tradition zu bewahren, die Pflege der Weimarer Klassik, ist auch im vereinten Europa eine Aufgabe.“
Bad Lauchstädt als Eckpfeiler des Kulturtourismus
Robra lässt jedoch auch ökonomische Motive für das Landesinteresse erkennen: „Der Kulturtourismus ist der Treiber für den wachsenden Tourismus in Sachsen-Anhalt. Da ist Bad Lauchstädt ein wichtiger Eckpfeiler. Es strahlt weit über Sachsen-Anhalt hinaus.“ Wenn der Kulturminister da von einer „großartigen Entwicklung“ spricht, meint er daher wohl nicht nur den baulichen Fortschritt.
Das Festspiel der Deutschen Sprache, das alljährliche kulturelle Highlight in Lauchstädt, erhält ab 2019 erstmals Bundesförderung. Eine Adelung, durch die sich das Budget mehr als verdoppelt. Seit der Entscheidung sind aus der Politik immer wieder Vergleiche mit den Wagner-Festspielen in Bayreuth zu hören.
Zwar standen bei der letzten Auflage bereits Reisebusse mit Kennzeichen der fränkischen Stadt vor dem Goethe-Theater. Um in der Bedeutung tatsächlich aufzuschließen, muss der Kulturbetrieb in Lauchstädt allerdings noch deutlich wachsen. Nach Fertigstellung des Goethe-Theaters kann sich Schmidt endlich vollständig auf diese Aufgabe konzentrieren. Einen Plan, wie er die Anlagen künftig bespielen lassen will, hat er schon: „So wie es ist, nur besser.“
Neue Baustelle: Pächter der Gaststuben gesucht
Vorher muss der Geschäftsführer aber noch eine neue Baustelle bewältigen, die sich zum Jahresende überraschend aufgetan hat. Da zog sich nach über zwei Jahrzehnten der Pächter der mitten im Kurpark befindlichen „Lauchstedter Gaststuben“ zurück. Eigentlich bräuchte auch dieser Bau eine große Überholung. Doch die sei derzeit nicht zu finanzieren, sagt Schmidt. Er will deshalb aus dem eigenen Budget vorerst nur Küche und Gastraum für einen neuen Pächter herrichten lassen.
Die Suche nach diesem Verlaufe überraschend gut, berichtet der Hausherr. Erste Gespräche habe er geführt. Dabei sind Schmidts Ansprüche auch hier gesteigert: „Gehobene sächsische Küche“, lautet das Anforderungsprofil. Schließlich seien die Gaststuben ein gutbürgerliches Restaurant: „Da kommt niemand hin, der eine Pekingente verspeisen will.“ (mz)