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100 Jahre Volkshochschule? 100 Jahre Volkshochschule?: Warum im Saalekreis erst 2020 die Korken knallen

Von Michael Bertram 06.03.2019, 08:05
Sprachangebote - wie dieser Englischkurs - werden auch 99 Jahre nach der Gründung gut angenommen.
Sprachangebote - wie dieser Englischkurs - werden auch 99 Jahre nach der Gründung gut angenommen. Peter Wölk

Merseburg - „Wissen teilen“ - so lautet das Motto unter dem die Volkshochschulen in diesem Jahr deutschlandweit ihr 100-jähriges Bestehen feiern. Im Saalekreis allerdings nicht. Denn die hiesige Kreisvolkshochschule (KVHS) wird in diesem Jahr erst 99 Jahre alt. Nanu, wie geht das denn? Die MZ hat in der Bildungseinrichtung nachgefragt.

„Wir feiern dafür einfach doppelt: dieses Jahr mit den anderen, im nächsten Jahr unser 100-jähriges Bestehen“, stellt Melanie Peter, die Leiterin der Kreisvolkshochschule, gleich zu Beginn des Gesprächs klar. 2020 ist es dann auch in Merseburg, Querfurt und den Außenstellen soweit. 100 Jahre ist es dann im Saalekreis her, dass sich die Volkshochschule Merseburg gründete. Dabei hatten sich doch bereits 1917 Bildungsvereine gegründet.

Bildungsvereine bildeten sich in vielen Orten heraus

„Diese Bildungsvereine bildeten sich in vielen Orten heraus“, erklärt Peter die historische Entwicklung. In Merseburg trafen sich die Mitglieder in der Gaststätte am Gotthardteich. „Dort fanden dann regelrechte Bildungsabende statt“, so Peter. Das erste Mal am 29. Oktober 1917 - der eigentliche Startpunkt für die KVHS. Vermittelt wurden unter anderem politische Bildung, Sprachen, aber auch Hauswirtschaft.

Die Volkshochschule des Kreises ist sehr beliebt. Pro Semester melden sich mehr als 2.000 Teilnehmer für die Kurse an. Gut ein Drittel der Nutzer ist zwischen 50 und 65 Jahren alt. Die Kursangebote sind vielfältig. Weiterhin beliebt sind Sprach- und Computerkurse. Auch Gesundheitsangebote und Alphabetisierungskurse werden vorgehalten.

Die Leiterin des Schulverwaltungsamtes des Landkreises, Annette Hellwig, hat von 1997 bis 2018 die Geschicke der KVHS gelenkt und sich mit ihrer Geschichte intensiver beschäftigt. „Dass sich das Modell der Volkshochschule durchsetzte, hing mit Artikel 148 der Weimarer Verfassung zusammen“, erzählt sie. Dieser forderte den Staat dazu auf, die Volksbildung einschließlich der Volkshochschulen zu fördern. Die meisten dieser Einrichtungen schossen direkt 1919 wie Pilze aus dem Boden, andere - wie eben jene im Saalekreis - in den Folgejahren. 900 Volkshochschulen gibt es heute in Deutschland.

Volkshochschulen: Wichtig war, dass die angebotenen Kurse erschwinglich sein sollten

„Wichtig war, dass die angebotenen Kurse erschwinglich sein sollten, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu Bildungsangeboten zu ermöglichen“, betont Hellwig. Historische Dokumente zeigen, dass eine Wochenstunde an der Merseburger Volkshochschule 1922 drei Mark kostete. „Dozenten erhielten 15 Mark Honorar für eine Doppelstunde“, so Hellwig.

Von den Nazis verboten, lebten die Volkshochschulen dann nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs so richtig auf. Bereits am 13. April 1946, so geht es aus Unterlagen hervor, feierte die Merseburger Einrichtung ihre Neueröffnung. Außenstellen gab es in Leuna und im Chemiewerk Buna. Bis hinein in die DDR-Zeit stand unter anderem der Erwerb von Schulabschlüssen im besonderen Fokus. Immer wieder tauchen aber auch Sprachangebote, Chemie- und Stenografie-Kurse auf.

Volkshochschulen: „Man hat einfach versucht, die Menschen für ihre Arbeit zu qualifizieren“

„Man hat einfach versucht, die Menschen für ihre Arbeit zu qualifizieren“, erklärt Hellwig. Tausende Menschen nutzten jährlich die Weiterbildungsangebote, zu den Dozenten zählten auch Doktoren und Professoren. „Nach der Wende wurden dann EDV-Angebote und vor allem auch Studienfahrten immer beliebter“, berichtet Annett Hellwig. Mit der Kreisgebietsreform fusionierten auch die Volkshochschulen, seit 2010 besteht zudem eine Kooperation mit der Volkshochschule im benachbarten Halle.

Seit ihrer Gründung mussten sich die Volkshochschulen immer wieder wandeln. Vor allem galt es, sich an die zeittypischen Bedürfnisse der Nutzer anzupassen und auf aktuelle Trends zu reagieren. Das ist auch heute noch so. „Natürlich gibt es in Zeiten der Digitalisierung auch bei uns Onlineangebote“, erklärt die aktuelle Leiterin der KVHS, Melanie Peter. Dennoch schwört sie auf die echten Präsenzkurse. „Vom Austausch untereinander, vom Lernen in der Gruppe, haben die Volkshochschulen immer gelebt“, sagt sie. Das wüssten die Kursteilnehmer auch heute noch - fast 100 Jahre nach der Gründung - zu schätzen. (mz)