Saale-Elster-Kanal Saale-Elster-Kanal: Per Boot von Leipzig zur Nordsee?
Leipzig/Merseburg/MZ. - Heiko Rosenthal ist zweifellos ein Mann mit Visionen. "Da unten ist Wasser", sagt der Leipziger Umweltbürgermeister, obwohl "da unten", unterhalb der Luisenbrücke im Leipziger Westen, doch nur Bagger zu sehen sind, die Erde hin- und herschieben. Erst Ende 2014 wird dort tatsächlich Wasser sein, wird der innerstädtische Karl-Heine-Kanal in den Lindenauer Hafen münden. Rund 650 Meter fehlen noch. Und vom Lindenauer Hafen geht es dann weiter auf dem Saale-Elster-Kanal Richtung Saale. Und damit, rein theoretisch, könnte man von den Seen im Süden Leipzigs mit dem Boot über die Saale und die Elbe bis zur Nordsee fahren.
Es gibt da nur ein Problem: Der Saale-Elster-Kanal, gebaut ab 1933, wurde nie fertiggestellt. Er endet bei Günthersdorf im Saalekreis im Nichts, rund acht Kilometer fehlen bis zur Saale. Der Lindenauer Hafen hat zwar ein gefülltes Hafenbecken, aber keinen Wasseranschluss. Der Wasserweg von Leipzig bis zur Nordsee bleibt bis heute ein Traum.
In Leipzig und auch in Halle wollen sie, dass dieser Traum Wirklichkeit wird. Nicht nur ein Förderverein, auch die beiden Stadtverwaltungen, Leipzig an der Spitze, machen sich stark dafür, den Kanal bis zur Saale zu verlängern. Es wäre, glauben sie, ein Schub für den Wassertourismus. Der Beginn des Durchstichs vom Karl-Heine-Kanal zum Lindenauer Hafen in Leipzig war so etwas wie der Startschuss. Der erste Spatenstich vor ein paar Wochen war groß gefeiert worden.
Neues Stadtviertel
In Leipzig hoffen sie nun auf Investoren, die auf den Brachen am Hafen ein neues Stadtviertel aus dem Boden stampfen. 400 bis 500 Wohnungen sind geplant, dazu Gewerbe, Einzelhandel, eine Kita. Es gebe bereits Interessenten, sagt Sebastian Pfeiffer, Projektleiter bei der städtischen Entwicklungsgesellschaft. Wer am Ende zum Zuge komme, entschieden Wettbewerbe. "Wir wollen Qualität." Und sie wollen Angebote für Wassertouristen: Am Hafen soll eine Marina entstehen. In den alten Lagerhäusern kann Bürgermeister Rosenthal sich Hotels und Gastronomie vorstellen.
Doch ob Kanuten und Sportbootfahrer von dort jemals bis zur Saale schippern können, ist völlig offen. Es gibt da nämlich noch ein weiteres Problem - das Geld. Zwar geht eine erste Studie davon aus, dass ein schiffbarer Kanal von Leipzig zur Saale pro Jahr bis zu 500 000 Gäste zusätzlich in die Region locken könnte. Die Kanalverlängerung würde demnach aber rund 100 Millionen Euro kosten. Einschließlich eines Schiffshebewerkes, um an der Saale Höhenunterschiede zu überwinden.
Der Bund und Sachsen-Anhalt, auf dessen Gebiet gebaut werden müsste, haben angesichts dieser Summe bereits abgewunken. "Der Kanal hat keine Bedeutung als Transportweg. Der Bund wird dafür sicher kein Geld ausgeben", sagt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Zwar erarbeitet das Haus von Minister Peter Ramsauer (CSU) ein bundesweites Wassertourismus-Konzept, in dem auch der Saale-Elster-Kanal Platz finden könnte. "Aber touristische Projekte sind Sache der Länder", bescheidet der Sprecher.
Allerdings ist der Saale-Elster-Kanal nach wie vor als Bundeswasserstraße eingestuft. Weshalb Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) mit dem Finger nach Berlin zeigt: "Wir stehen dem Projekt positiv gegenüber, allerdings ist es Sache des Bundes." Wenn der Bund Geld für den Kanal-Ausbau zur Verfügung stelle, werde das Land das unterstützen. Priorität habe für Sachsen-Anhalt aber der Saale-Seitenkanal. Kein Wunder: Webel hat genug damit zu tun, dem Bund dieses Projekt schmackhaft zu machen, mit dem die Saale zwischen Halle und der Mündung in die Elbe durchgängig schiffbar gemacht werden soll. Da will er mit dem Saale-Elster-Kanal nicht noch eine andere Baustelle eröffnen. "Wir drehen uns im Kreis", beklagt Michael Witfer, der Vorsitzende des Saale-Elster-Kanal-Fördervereins aus Merseburg.
Sind Sachsen-Anhalt und der Bund also die Bremser? Leipzigs Umweltbürgermeister Rosenthal bleibt demonstrativ gelassen: "So weit sind wir noch nicht. Es lohnt sich, weiter über das Projekt nachzudenken." Deshalb solle im kommenden Jahr eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. "Erst dann reden wir über die Finanzierung." Außer den Verkehrsministerien in Magdeburg und Berlin seien auch andere Geldquellen denkbar, die angezapft werden könnten. Glaubt er an das Projekt? "Ja", sagt Rosenthal ohne Zögern. Als im Februar die erste Studie zum Kanal vorgestellt wurde, schwärmte er von der Region bereits als künftiges "Zentrum des Wassersports in der Bundesrepublik".
Pläne für Hebewerk
Auch Vereinschef Witfer mag sich nicht entmutigen lassen. "Ich rechne fest damit, dass der Kanal verlängert wird." Das sei nur eine Frage der Zeit. "In zehn Jahren werden wir soweit sein." Schon jetzt lässt der Verein Studenten der Technischen Universität Dresden Entwürfe für das Schiffshebewerk anfertigen. Eigens dafür ist Witfer im Sommer nach Dresden gefahren. Er will vorbereitet sein.