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Retter Retter: Wasser stopp!

Von Katrin Löwe 06.02.2012, 18:59

Halle (Saale)/MZ. - Puh! "Das war schon extrem. In 20 Jahren habe ich so etwas nicht erlebt." Der das sagt, ist Stadtwehrleiter von Arnstein (Mansfeld-Südharz) und hat mit anderen Feuerwehren am Sonntag nicht nur gegen einen Brand in Sandersleben gekämpft, sondern auch gegen die eisigen Temperaturen im Einsatz. "Die machen es für uns schon körperlich viel schwerer", sagt Frank Raschke. Weil alles mehr Gewicht hat, was mit Wasser in Berührung kommt: die Schläuche, die Kleidung mit festgefrorenen Spritzern, angefrorene Handschuhe, die Leitern, auf denen sich blitzschnell Eispanzer bilden. Da wird jede Bewegung schwieriger als üblich, "und wir stehen ja nun einmal nicht nur auf der Stelle."

Schläuche einrollen unmöglich

Sechs Feuerwehren waren bei dem Hausbrand im Einsatz - bei diesem Wetter, so Raschke, müssen die Einsatzkräfte schneller ausgewechselt werden. Zwischendurch hätten sie sich im Gerätehaus aufgewärmt, "die Fahrzeugheizungen reichen nicht mehr, um die Kabinen aufzuheizen." Und selbst nach dem Einsatz ist alles anders. Löschschläuche zusammenrollen? Ein Unding mit dem gefrorenen Restwasser darin. "Wir haben sie in Zwei-Drei-Meter-Stücken auf den Lkw verladen und in der Garage auftauen lassen", so Raschke.

Trotz allem: Von größeren Problemen blieben die Feuerwehren in Sandersleben verschont, die Wasserversorgung selbst habe funktioniert, heißt es. Die hatte am gleichen Tag der Feuerwehr in Groß Börnecke (Salzlandkreis) Sorgen bereitet. Das Hydrantensystem, so Wehrleiter Danny Hille, ist nicht im besten Zustand. Als am Morgen um kurz nach 5 Uhr ein Zweifamilienhaus brannte, waren die Feuerwehrleute gezwungen, in einem Teich erst einen Eispanzer zu zerschlagen, um an Wasser zu kommen. Und dann froren ihnen Pumpen ein. Bei der Drehleiter kam das Wasser zuvor noch gut an, allein die Menge verhinderte ein Einfrieren. Anders sah es aus, als innen gelöscht wurde. Hille: "Die Restablöschung haben wir dann mit der Kübelspitze gemacht." Dass ohne die Probleme mehr zu retten gewesen wäre, glaubt er nicht. Das Haus habe schon völlig in Flammen gestanden, als die Feuerwehrleute eintrafen. "Aber es hat eben alles etwas länger gedauert."

Feuerwehren und Winter - mit welchen Tricks helfen sich Brandbekämpfer? Regel Nummer eins im Einsatz: Bloß nicht den Wasserfluss stoppen! "Jetzt lässt man Löschwasser am besten ständig fließen, damit es nicht einfriert", sagt Halles Feuerwehr-Sprecher Hans-Joachim Klein. Gegen festgefrorene Deckel von Unterflurhydranten helfe ein spezielles Auftaugerät - eine kleine Propangasflasche mit Brenner. Dennoch erinnert Klein: Hauseigentümer sind verpflichtet, Hydranten schnee- und eisfrei zu halten.

Und die Retter selbst? "Die Einsatzkleidung hält schon warm", so Klein. "Wenn es aber drei, vier Stunden dauert, dann kriecht die Kälte selbst unter diese Jacken."

Ein kleidungstechnisches Problem hat dieser Tage auch mancher Notarzt. Es ist nicht die Mütze, die er sich nun doch aufsetzt, sagt Oliver Demel. "Mir macht eher der ständige Wechsel zwischen Warm und Kalt zu schaffen", so der Unfallchirurg an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannstrost in Halle.

Schwitzend ins Freie

Zwölf Einsätze in zwölf Stunden - das heißt zwölfmal in dicker Kleidung in mollig warmen Wohnungen schwitzen. "Es muss ja schnell gehen. Da komme ich nicht in die Wohnung und sage, ich ziehe die Jacke aus, bevor ich nach dem Patienten frage", sagt er. Wenn es dann an den Transport im Rettungswagen geht, steht Demel minutenlang in der Kälte - mit Schweißperlen auf dem Rücken. "Da holt man sich schnell mal was weg."

Bei Einsätzen im Freien - etwa nach Unfällen - heißt es derzeit, Verletzte so schnell wie möglich ins Warme zu bringen. Also nicht erst die Infusion und dann der Rettungswagen. "Jetzt ist es umgedreht, der Schutz vor Kälte überwiegt", so Demel. Rettungs- und Notarztwagen sind geheizt, die Standheizungen laufen durch. Auch Infusionen sind vorgewärmt.

"Für die Retter sind solche Temperaturen oft schwieriger als für die Geretteten", so Demel. Kalte Hände inklusive, andere als die medizinischen Handschuhe verbieten sich. "Schlimmer", so Demel, "finde ich aber in der Kälte den Schweiß auf dem Rücken."