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Restaurant im "Stolberger Hof" Restaurant im "Stolberger Hof": Schützt das Höhenvieh

Von Anja Herold 16.12.2013, 10:10
Eine Platte mit Harzer Spezialitäten wird im gotischen Gewölbekeller gereicht.
Eine Platte mit Harzer Spezialitäten wird im gotischen Gewölbekeller gereicht. andreas stedtler Lizenz

Lassen wir das Essen mal beiseite, vorerst. Und wenden wir uns dafür kurz dem kleinen mittelalterlichen Städtchen Stolberg zu, im Südharz gelegen, Geburtsort Thomas Müntzers, 900 Jahre alt. Fachwerkhäuser reihen sich aneinander, eingebettet in tiefe Täler. Im Sommer ist Stolberg beliebtes Ausflugsziel für Biker. Jetzt, im Winter, ist es herrlich ruhig in den alten Gassen. Der Wald schmiegt sich an die alten Mauern, über allem thront ein wieder zu besichtigendes Schloss, Weihnachtsschmuck und Lichter glänzen überall. Na, und wenn man ein wenig durchgefroren und hungrig ist, dann kann man einkehren. Es gibt, und daran erkennt man dann doch das Touristentreiben, zahlreiche Restaurants und Cafés.

Fast alles kommt aus der Region

Wir gingen in den „Stolberger Hof“. Der ist im „Slow-Food-Genussführer“ erwähnt. Slow Food bedeutet soviel wie langsames Essen und versteht sich als Gegenbewegung zu Fastfood. Hamburger und Pommes und so, Sie kennen das. Die Bewegung ist ursprünglich in Italien entstanden und bemüht sich unter anderem um die Verwendung regionaler Produkte. Vermutlich kann man gar nicht viel falsch machen, wenn man Gast einer Küche ist, die sich dieser Art des Essens verschrieben hat.

Adresse:
Markt 6
06536 Stolberg

Kontakt:
Telefon: 034654/320
Internet: www.stolbergerhof.de

Öffnungszeiten:
wochentags ab 18 Uhr, Samstag,
Sonntag, Feiertag ab 12 Uhr

Angebote:
Hauptgerichte ab 6,20 Euro bis 26 Euro
Teuerste Flasche Wein: 46 Euro

Glücklicherweise war am Tag unseres Besuches Wochenende, nur dann und an Feiertagen hat neben der großen Gaststube auch der alte Gewölbekeller geöffnet. Nur wenige Tische stehen da, es ist gemütlich. Das gotische Gewölbe wurde erstmals 1282 erwähnt, war viele Jahrhunderte verborgen und diente als Lagerkeller. 2002 wurde es eröffnet als Gastraum. Getöpfertes Geschirr steht auf den Tischen, auch die Getränke werden darin gereicht. Für Puristen gibt es den Wein aber auch im Glas, klar.

Die Speisekarte ist erfreulich übersichtlich, drei bis vier Speisen stehen jeweils als Gang zur Verfügung. Bei vielen Komponenten ist die lokale Herkunft angegeben, aber man kann davon ausgehen, dass so gut wie alle Zutaten aus der Region stammen. Das Harzer Rote Höhenvieh geisterte dieser Tage durch die Medien, es soll auf Antrag der Landesregierung Sachsen-Anhalts als immaterielles Kulturerbe durch die Unesco geschützt werden. Wir sind unbedingt dafür, hat doch diese alte Nutztierrasse einen hervorragenden Geschmack! Als Carpaccio mit Ruccola, Parmesan und altem Balsamico (10,50 Euro) kam es zunächst als Vorspeise daher, wohlschmeckend war es. Der zweite erste Gang war ein Feldsalat mit Birnen, gerösteten Speckwürfelchen und Walnüssen (7,50 Euro), ergänzt durch eine milde, säuerliche Vinaigrette. Vielleicht könnte man zukünftig dazu einige Scheiben Brot oder Baguette reichen? Obwohl, so richtig vermisst haben wir das auch wieder nicht, wissen wir doch einen nur wenig gefüllten Magen vor dem Hauptgang durchaus zu schätzen. Die Vorspeisenkarte übrigens, so viel sei noch gesagt, hält auch Ziegenkäse aus dem Harz bereit, zubereitet in verschiedenen Variationen.

Dann gab es nochmal Harzer Höhenvieh. Einst stand es übrigens bei einem Bauern in Tanne auf der Bergwiese, die Herkunft der Tiere ist genau angegeben. Slow Food eben. Jedenfalls, als Rinderfilet, knapp medium gebraten, lernten wir es besser kennen (180 Gramm für 21 Euro). Und waren trotz der, naja, leicht blutigen Angelegenheit recht begeistert. So zart, so würzig. Dazu gab es Rosmarinkartoffeln, die wirklich knusprig waren, was nicht vielen Köchen gelingt. Und Schmorzwiebeln. Die Beilagen können zum Filet extra gewählt werden (jeweils 2,50 Euro).

Ebenfalls aus dem heimischen Mittelgebirge stammte auch das Schwein, aus dem der Harzer Bierbraten (13,20 Euro) fabriziert wurde. Eine dicke, dennoch weiche, durchwachsene Scheibe Fleisch thronte auf einem Rahmwirsing-Bett; drumherum waren Risoleekartoffeln drapiert. Das sind gekochte Salzkartoffeln, in Butter solange gebraten, bis sie rundum schön braun sind.

Hervorzuheben sind übrigens die Saucen. Erwähnten wir schon, dass wir Saucenfetischisten sind? Nun, diese hier ähnelten sich farblich durchaus, aber sie schmeckten nicht gleich! Das ist leider keine Selbstverständlichkeit heutzutage. Und die Saucen waren zwar dick, aber sehr intensiv im Geschmack. Sie werden, verriet uns Marietta Schuster, Chefin des Hauses, reduziert, nicht etwa angedickt. „Da unsere Art der Zubereitung auch für Allergiker und Rheumatiker geeignet ist, verzichten wir weitestgehend auf Zusatzstoffe.“ Das schmeckt man. Kompliment!

Nicht kosten konnten wir die Forelle aus Wickerode und auch nicht das Rotwild-Ragout aus Dankerode. Als Beweis für die regionale Besinnung wollten wir es aber wenigstens erwähnen.

Rumtopf und Topfen

Da die Portionen auch quantitativ angenehm ausfielen, stellte sich zwar eine gewisse Sättigung ein, aber Nachtisch muss schon sein. Da war einmal das Espressodessert mit einer Gänschhals-Calvados-Praline (4,80 Euro; Köstlich, wer Gänschhals war, müssten Sie mal selber nachschlagen), und es gab weiterhin einen Beerenrumtopf mit Topfenschaum (4,80 Euro). Und einen Grappa Barrique (vier Euro) für den Beifahrer.

Viele der Weine stammen übrigens auch aus der Region. Wir tranken einen Dornfelder Saale-Unstrut-Wein (8 Euro, aber es ist auch ein exklusives Gebiet!). Und ein Wasser aus Blankenburg, das musste natürlich sein. Leider gab es kein Bier aus der Region. Marietta Schuster allerdings kündigte an, sich mal nach Wippraer Bier erkundigen zu wollen. Soll ja auch sehr gut sein.

Fachwerkidylle im Herzen des Harzstädtchens Stolberg
Fachwerkidylle im Herzen des Harzstädtchens Stolberg
Andreas Stedtler Lizenz