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Raubüberfälle von 1999 und 2003 Raubüberfälle von 1999 und 2003: Verdächtiger war Chef einer berüchtigten Bande

Von Katrin Löwe und Helge Treichel 09.11.2005, 19:46

Naumburg/Berlin/MZ. - Als Chef der berüchtigten "Hammerbande", die von 1973 bis 1979 zwölf Raubüberfälle in West-Berlin beging, ist Klaus-Dieter L. schon einmal zu zweifelhafter Berühmtheit gelangt. 4,5 Millionen D-Mark erbeuteten die Täter damals bei ihren Überfällen, die häufig nach dem gleichen Muster abliefen: Geldtransporter wurden umstellt, ein Ganove zerschlug mit einem Vorschlaghammer die Frontscheibe.

Lange Haftstrafe

Als die Bande 1979 bei einem missglückten Coup in Berlin-Schöneberg aufflog, erlitt eines der Mitglieder beim Schusswechsel mit der Polizei eine tödliche Verletzung. Bandenchef Klaus-Dieter L. wurde festgenommen und im Dezember 1980 zu einer 15-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm gelang 1981 die Flucht, Monate später wurde er aber wieder dingfest gemacht und saß bis 1991 in Haft.

In den 70er Jahren war L. auf das schnelle Geld aus. Jetzt wieder? Am Mittwochabend bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass es sich bei ihm um den 54-jährigen Mann handelt, der am Vortag wegen der Geldtransporter-Überfälle in Dolle (Ohrekreis) und bei Kayna (Burgenlandkreis) gemeinsam mit seinem 35-jährigen Sohn festgenommen wurde. Im November 1999 sollen beide bei Kayna 3,2 Millionen D-Mark, im März 2003 in dem Ort nahe Magdeburg rund drei Millionen Euro erbeutet haben. Der Überfall in Dolle war insbesondere durch seine Brutalität aufgefallen: Ein Wachmann wurde dort durch Schüsse aus einer Maschinenpistole am Bein verletzt.

Bald führten erste Spuren nach Berlin, weil von dort die gestohlenen Tatautos und das bei den Überfällen verwendete Werkzeug stammten. Als im Juni 2005, fast sechs Jahre nach der Tat, der Fall Kayna noch einmal in der ZDF-Fahndungsreihe "XY ungelöst" ausgestrahlt wurde, hatten die Ermittler die beiden jetzt Festgenommenen nach einem Tipp aus der Szene schon im Auge. Die Razzia, bei der am Dienstag 250 Beamte 13 Gebäude in Berlin und Brandenburg durchsuchten, war von langer Hand geplant.

Der Wohlstand der Verdächtigen ist unübersehbar. "Das war schon ein schönes Haus", hieß es am Mittwoch aus Ermittlerkreisen zu einem der durchsuchten Grundstücke in Bergfelde (Brandenburg). Die Siedlung vor den Toren Berlins besteht aus Eigenheimen und Sommerwohnungen, umgeben von Wäldern und Heide. Dort herrscht großes Erstaunen. Keiner der Nachbarn fand am Mittwoch ein negatives Wort über die Familie. "Sehr angenehme Zeitgenossen", hieß es über den Mann, der mit seiner Lebensgefährtin und einem weiteren Sohn seit Juni 2000 das luxuriöseste Haus an der Straße bewohnte und gern von seinem 50. Geburtstag schwärmte. Der Hausbesitzer hatte seinen Reichtum mit Spekulationsgeschäften an der Börse erklärt.

Nobelkarossen im Besitz

Auch was die Polizei bei den Durchsuchungen fand, deutet auf Wohlstand. "Beide Männer sind arbeitslos", sagte der Naumburger Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Neufang. Der Jüngere wurde direkt vor dem Arbeitsamt festgenommen. Dennoch sind sie im Besitz mehrerer Immobilien, haben vor der Haustür Nobelkarossen stehen. Drei Autos stellte die Polizei sicher, darunter soll sich ein Mercedes im Wert von 150 000 Euro befinden. Eine hohe fünfstellige Summe Bargeld wurde konfisziert, dazu Konten, Sparbücher, Immobilienunterlagen. Von den Maschinenpistolen fehlt jede Spur, nur eine andere Pistole fanden die Beamten.

"Jetzt geht die Puzzlearbeit weiter", sagte Neufang. Ob der Wert der Immobilien und Konten dem der Gesamtbeute aus Dolle und Kayna entspricht, muss noch abgeglichen werden. "Auch im persönlichen Umfeld wird ermittelt, ob und wo plötzlich größere Beträge aufgetaucht sind", so der Staatsanwalt. Darüber hinaus gibt es einen Haftbefehl gegen einen vermeintlichen Komplizen - in Kayna waren drei Täter aufgetreten. "Die Fahndung nach dem dritten Verdächtigen läuft noch", sagte Neufang.

In Sachsen-Anhalt, wo die beiden Festgenommenen inzwischen in Untersuchungshaft sitzen, hofft die Staatsanwaltschaft aber vorerst auf einen ganz eindeutigen Beweis: Geplant ist ein Vergleich von DNA-Material der vermeintlichen Räuber mit einer Spur, die nach dem ersten Überfall bei Kayna im Fluchtauto gesichert wurde. Die Verdächtigen selbst schweigen. Die Auswertung aller Beweise wird wohl Monate in Anspruch nehmen.