Polizei-Strukturreform Polizei-Strukturreform: Leiser Abschied vom Dorfsheriff
Holzdorf/Dessau/MZ. - Jürgen Wolf gehört zu Holzdorf wie die Luftüberwachung. Glaubt man der stellvertretenden Bürgermeisterin des im östlichsten Zipfel Sachsen-Anhalts gelegenen Bundeswehr-Standortes, kann sich kaum einer der Einwohner der heute noch 1700 Seelen zählenden Gemeinde einen Alltag ohne den beliebten Ortspolizisten vorstellen. "Der Wolf sitzt seit Jahren bei uns im Gemeinderat und in der örtlichen Polizeistation, beides soll auch so bleiben", meint Ilona Batz.
Der zweite Teil des Wunsches der parteilosen Kommunalpolitikern wird sich allerdings nicht erfüllen. Nach den gesternin Magdeburg vorgestellten Plänen des Innenministeriums dürfte die Holzdorfer
Polizeistation bald Geschichte sein. Das Vorhaben, das im Ortszentrum gelegene Büro ebenso zu schließen wie sieben weitere Polizeistationen im Kreis Wittenberg, sorgt für Ängste bei den Einwohnern. Seit die Plattenbau-Siedlung Holzdorf-Ost mehr und mehr Mieter verliert, kommt es dort immer häufiger zu Sachbeschädigungen. Nur weil Wolf "seine Pappenheimer" kenne, seien schwerere Straftaten bislang ausgeblieben, so Ilona Batz: "Was wird, wenn wir keine eigene Polizeistation mehr haben?"
Polizeipräsidentin Brigitte Scherber-Schmidt, die mit fünf Kreisen und der kreisfreien Stadt Dessau den größten Direktionsbereich des Landes leitet, ist um eine Antwort nicht verlegen. "Für die Ordnung und Sicherheit wird in Holzdorf in Zukunft mindestens ebenso effektiv gesorgt wie bislang", so die Behördenchefin. Die nun vom Innenministerium vorgestellte Umstrukturierung sei schließlich von den Polizeiführern vor Ort unter taktischen Gesichtspunkten mitgestaltet worden. "Die Bündelung der personellen Kräfte macht mehr Sinn als die bislang rein politisch motivierte Zuordnung je einer Polizeiwache zu jeder Verwaltungsgemeinschaft", betont Brigitte Scherber-Schmidt.
Die Theorie: Unter den veränderten Umständen, die bereits zu Beginn des kommenden Jahres Einzug halten sollen, wird die normale polizeiliche Arbeit in Holzdorf von der nur zeitweise besetzten Revierstation Annaburg aus mit erledigt. In dringenden Fällen kümmern sich die Beamten der rund um die Uhr besetzten Revierwache Jessen beziehungsweise des einzigen im Kreis verbleibenden Polizeireviers in Wittenberg um die Sicherheit der Elster-Gemeinde.
Unter den Betroffenen freilich herrscht Skepsis, ob die Rechnung von Innenministerium und Polizeipräsidium tatsächlich aufgeht. Bereits seit längerer Zeit laufen sich Kommunalpolitiker und Verwaltungsspitzen warm, um gegen den von ihnen vermuteten Kahlschlag zu protestieren. Die Befürworter des Reformpakets haben allerdings Argumente, die speziell bei den Bürgern auf offene Ohren stoßen dürften. Denn trotz der Schließung und Zusammenlegung von Dienststellen soll die Anzahl der Einsatzkräfte gleich bleiben, in einigen Gebieten sogar steigen. "Wie der Jürgen hier herkommt, ist mir doch egal", meint etwa ein Holzdorfer. "Hauptsache, der Dorfsheriff ist da, wenn man ihn braucht."