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  5. Pfarrer in Sachsen im Hungerstreik: Pfarrer aus Hoyerswerda kampierte vor dem Landratsamt Bautzen

nach unbeantworteter beschwerde "Herr Landrat, ich warte auf Antwort!" - Hungerstreik: Pfarrer kampiert vor Landratsamt Bautzen 

In Bautzen saß von Montagvormittag bis Dienstagmittag ein Pfarrer aus Hoyerswerda vor dem Landratsamt. Seine Intention: Hungerstreik. Er wollte den Landrat Michael Harig persönlich erreichen. Denn auf eine im Januar eingereichte Dienstaufsichtsbeschwerde, Asylbewerber-Angelegenheiten betreffend, sei bis zum Start der Aktion nicht reagiert worden. Er prangert die Arbeitsweisen des Ausländeramtes an.

Aktualisiert: 24.05.2022, 12:42
Mittels eines Hungerstreiks will ein Pfarrer aus Hoyerswerda vor dem Landratsamt Bautzen auf sich aufmerksam machen.
Mittels eines Hungerstreiks will ein Pfarrer aus Hoyerswerda vor dem Landratsamt Bautzen auf sich aufmerksam machen. Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild

Bautzen/DUR/lb - "Herr Landrat, ich warte auf Antwort!" Stand auf dem Schild mit dem Pfarrer Jörg Michel am Montag, 23. Mai, 9 Uhr vor dem Landratsamtsgebäude in Bautzen seine Aktion begann. Der Sprecher des Bürgerbündnisses "Hoyerswerda hilft mit Herz" und Flüchtlingsbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises schlesische Oberlausitz hatte bereits vorab auf der Webseite des Bündnisses über die Aktion des Pfarrers informiert.

Pfarrer Michel hatte sich auf die Stufen des Gebäudes begeben, um in den Hungerstreik zu gehen. Ziel der Aktion sei der Wunsch gewesen, Antworten des Landrates auf eingereichte Beschwerden zu erreichen, die es bis zu Beginn des Vorhabens noch nicht gegeben haben soll. Grund für die Aktion seien zwei Vorfälle gewesen, die sich im Jahr 2019 bis 2020 ereignet haben sollen.

Asylbewerber musste zum Ausländeramt - finanzielle Notlage machte dies unmöglich

Laut des Bündnisses "Hoyerswerda hilft mit Herz" sei ein Asylbewerber im Jahr 2019/2020 vom Ausländeramt schriftlich aufgefordert worden, sich von Hoyerswerda nach Kamenz zu begeben, um sich dort ordentlich anzumelden. Das Problem: Er soll laut Bündnis kein Geld dafür besessen haben. Daher habe er dieser Aufforderung nicht nachkommen können. So half das Bündnis mit einem Darlehen von 100 Euro dem Betroffenen, um Fahrtkosten und Verpflegung stemmen zu können, erkären sie selbst.

Die Bitte um Erstattung dieses Betrages durch das Ausländeramt sei abgelehnt worden, erklärt das Bündnis ebenfalls auf deren Internetseite. Eine schriftliche Nachfrage, die an den Verantwortlichen des Ausländeramtes Udo Witschas ging, sei nicht beantwortet worden.

Auf Anfrage erklärte die Pressesprecherin des Landratsamtes Bautzen zu diesem Sachverhalt: "Die Kirchgemeinde hatte damals unbürokratisch helfen wollen, um unter anderem eine Fahrt zum Ausländeramt nach Kamenz zu finanzieren. Eine Erstattung von Privatdarlehen ist jedoch durch das Ausländeramt rechtlich nicht möglich." Udo Witschas selbst äußerte sich auf Anfrage zu den Vorfällen nicht.

Verletzung des Datenschutzes gegenüber einer Asylbewerberfamilie

Im Zweiten Vorwurf ging es laut des Bündnisses um eine "eklatante Verletzung des Datenschutzes." Unterlagen einer Asylbewerberfamilie, die dem Ausländeramt offengelegt wurden, seien außer Haus an unbeteiligte Dritte gegangen. Konkret habe es sich um einen Darlehensvertrag mit der Evangelischen Kirchengemeinde Hoyerswerda-Neustadt gehandelt.

Persönliche Daten der Familie seien dabei nicht geschwärzt worden. Auf eine entsprechende Beschwerde von Pfarrer Michel habe der Verantwortliche für das Ausländeramt Udo Witschas recht "patzig" geantwortet, so das Bündnis in deren Erklärung auf ihrer Webseite. Auch in dieser Sache äußerte sich Witschas auf Anfrage nicht.

Die Pressesprecherin des Landratsamtes Bautzen antwortet auf Anfrage zum Vorfall: "Diese Frage wurde bereits im Jahr 2019 beantwortet, ein fehlerhaftes Verhalten war nicht erkennbar. Weiterhin war ein Schreiben des Pfarrers an Landrat Harig von Ende Januar 2022 zunächst nicht aufzufinden. Mittlerweile ist das Schreiben Anfang Mai erneut eingegangen."

Landratsamt reagiert auf Aktion - Gespräche und Kaffee für Pfarrer Michel

Im Landratsamt habe man am Montagvormittag im ersten Schritt versucht, freundlich und kooperativ auf den Pfarrer aus Hoyerswerda zuzugehen. Mitarbeiter des Landratsamtes boten dem Pfarrer zu Beginn des Streiks neben einem Kaffee auch ein Gespräch zur Lösung der Fragen im Landratsamt an.

Dieses wurde durch den Pfarrer abgelehnt, heißt es in der Stellungnahme des Amtes: "Auch ein Gesprächsangebot des Landrates, der den Pfarrer persönlich antraf, wurde nicht angenommen. Stattdessen wurde eine schriftliche Antwort erwartet. Diese wurde nun zeitnah erarbeitet und überreicht. Für die ausgereichten Darlehen hat der Landrat eine Erstattung zugesagt."

Landrat Harig erklärte selbst: "Ich bedaure sehr, dass für den Pfarrer der ausgerufene Hungerstreik das einzig probate Mittel zur Lösung der angesprochenen Probleme zu sein scheint. Ein heute durch meine Mitarbeiter und mich kommuniziertes Gesprächsangebot zur Klärung der Fragen wurde leider ablehnt - und auf eine schriftliche Antwort bestanden." Das Schreiben sei dem Streikenden in der Mittagszeit überreicht worden. "Ich hoffe, dass dieses geeignet ist, wieder zurück zu einer guten Zusammenarbeit zu finden", so Landrat Harig.

Zum Dienstagmittag beendete laut Aussagen des Landratsamtes Pfarrer Michel seine Hungerstreik-Aktion. Offenbar konnte ein gemeinsamer Nenner gefunden werden. Genauere Informationen zur Einigung wurden nicht veröffentlicht.