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Outlet-Center Outlet-Center: Duell an der Autobahn

Von Ralf Böhme 27.01.2012, 19:03

Brehna/Wiedemar/MZ. - Outlet-Center? Die Männer, die im Gewerbegebiet arbeiten und an der Feldküche in Wiedemar (Sachsen) ihre Suppe löffeln, zucken mit den Schultern. Outlet-Center? Die Frauen, die sich beim Frisör im benachbarten Brehna (Kreis Anhalt-Bitterfeld) die Locken drehen lassen, haben davon zwar gehört. "Aber sehen kann man noch nichts."

Damit sind die Einheimischen auf dem neuesten Stand. Baugenehmigungen für die beiden Handelszentren an der A 9 sind zwar erteilt, aber sichtbar passiert ist bislang nichts. Nicht einmal Bauschilder gibt es. Doch im Hintergrund bereiten sich zwei Investoren auf ein regelrechtes Duell vor. Sie planen - praktisch nebeneinander - zwei nahezu identische Projekte. In Wiedemar will das niederländische Unternehmen Stable International aus Amersfoort durchstarten. Und in Brehna plant die Düsseldorfer Immobilien-Treuhandgesellschaft (ITG) den Umbau des PEP-Einkaufsparkes.

Beide Standorte trennen nur zehn Kilometer. Und es tobt seit Jahren ein Streit. Städte wie Halle fürchten Nachteile für die Geschäfte in ihren Zentren. Vertreter der Kommunen, die auf die Ansiedlung hoffen, halten sich unter Hinweis auf die Brisanz der Angelegenheit daher bedeckt. Sowohl in Wiedemar als auch in Brehna wissen die Verantwortlichen: Es ist ein Pokerspiel um eine Millioneninvestition. Ingo Gondrow, Chef der Wirtschaftsförderung von Sandersdorf-Brehna, spricht von "einem überaus sensiblen Markt".

Viel steht auf dem Spiel

Kein Wunder, der Spieleinsatz ist immens: Tausende Quadratmeter neuer Verkaufsfläche können entstehen, wenn die jeweilige Rechnung aufgeht. Damit verbunden wären Hunderte neuer Arbeitsplätzen in Handel und Logistik. Und die Region besitzt offensichtlich Potenzial: Verschiedene Prognosen gehen übereinstimmend davon aus, dass ein Outlet-Center in Mitteldeutschland jährlich bis zu 1,5 Millionen Kunden anlocken kann.

Pokerspieler brauchen eiserne Nerven. Über Jahre ist die Stadt Leipzig gegen das Vorhaben in Wiedemar ins Feld gezogen - erfolglos, wie der jüngste Gerichtsentscheid vom Dezember 2011 zeigt. Doch auch das Projekt in Brehna erweist sich als Zankapfel. In diesem Fall klagen laut Landkreis Anhalt-Bitterfeld die beiden Städte Dessau-Roßlau und Leipzig. Möglicherweise ist das der Grund, warum die Bauleute nicht im November angerückt sind. Jetzt soll es im März losgehen.

Natürlich will ITG-Sprecher Horst Jütte, der sich momentan nicht zu Anfragen äußert, die Ankündigungen nicht als Bluff verstanden wissen: 76 Millionen Euro stehen bereit. Im Frühjahr 2013 soll das Brehna-Outlet-Center mit 20 000 Quadratmetern mietbarer Fläche öffnen. Zahl und Namen von Läden bleiben indes ein Geheimnis. Nur so viel: "Wir würden nicht mit dem Bau beginnen, wenn wir nicht mit dem Vermietungsstand zufrieden wären." Es gibt noch einen anderen Grund. Das 20 Jahre alte Einkaufszentrum muss unbedingt aufgepeppt werden.

Identischer Zeitplan

Auch der Kontrahent Stable International lässt sich nicht in die Karten schauen. Projektmanager Kees Woltering zieht lediglich nach. Man werde jetzt so schnell wie möglich mit dem Bau beginnen. Ein Termin Anfang Mai ist im Gespräch. Sogar der von ihm genannte Fertigstellungstermin ist identisch mit dem Nachbarn in Sachsen-Anhalt - Frühjahr 2013. Allerdings wollen die Niederländer kleinere Brötchen backen. Von 60 Geschäften auf 10 000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist die Rede - halb so groß wie das Brehnaer Vorhaben. 50 Millionen Euro sollen dafür ausgegeben werden. Welches Angebot die Kauflustigen erwartet, lässt sich im Moment nicht absehen. Üblicherweise bieten Outlet-Center Markentextilien, Schuhe und andere Modeartikel an. Branchenkenner gehen davon aus, dass es bis jetzt wohl nur Absprachen mit beiden Investoren geben könne. Viele Anbieter wollen sich so beide Optionen offen halten. Die Mietverträge, so vermutet man in der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, dürften erst 2013 unterschrieben werden.

Wer schafft es?

IHK-Expertin Antje Bauer: "Aus heutiger regionalplanerischer Sicht hätte keines dieser beiden Center eine Chance auf Genehmigung." Nach dem Landesentwicklungsplan könnten derartige Projekte nur in den Zentren größerer Städte realisiert werden. Unter Fachleuten herrsche ihr zufolge Einigkeit, dass keine zwei Outletcenter so dicht nebeneinander bestehen könnten. Die Folgen liegen auf der Hand: Nur eines könne der Sieger sein.