Ortsumgehungen Ortsumgehungen: Späte Weihnachten oder schon 1. April?
Halle/MZ. - In Ermsleben werden die Sektkorken geknallt haben. "Das ist Weihnachten pur", sagt Klaus Wycisk (CDU), Bürgermeister der Stadt Falkenstein/Harz (Landkreis Aschersleben-Staßfurt).
Ausgangspunkt freudiger Überraschung ist eine von Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) öffentlich gemachte Prioritätenliste mit neu zu bauenden Ortsumgehungen, versehen mit Kilometer- und Kostenangaben (die MZ berichtete). Seit 1992 pocht Ermsleben - heute Ortsteil von Falkenstein - auf eine Umgehung, hatte nach vielen vergeblichen Versuchen aber die Hoffnung darauf "längst begraben", wie Wycsik sagt. Und nun steht Daehre vor der Tür . . .
Doch nicht überall sehen sich Gemeinden in spätweihnachtliche Stimmung versetzt. Viele glauben, es mit 1. April zu tun zu haben. "Mit 'Umgehungsstraße' ist wohl der falsche Begriff gewählt. In Wettelrode ist die Ortsdurchfahrt sanierungsbedürftig", sagt Sibylle Lukas, Chefin des Verwaltungsamtes. Aus Zehbitz (Landkreis Köthen) ist zu hören, dass es konkrete Planungen für den Ausbau der Ortsdurchfahrt gibt. Und Adelbert Stickel, Leiter des Verwaltungsamtes Allstedt (Landkreis Sangerhausen), meint: "Wir brauchen keine Umgehungsstraße."
Kopfschütteln, wohin man schaut - in Köthen, in Bernburg, im Mansfelder Land. Und überall von der Liste "überlistete" Kommunalpolitiker. Dabei war's immerhin ein Kabinettsbeschluss, den Daehre servierte. Ein erstaunter Landrat Hans-Peter Sommer (CDU) aus dem Mansfelder Land mutmaßt: "Die Liste geht auf Wünsche der Gemeinden von 1991/92 zurück. Sie macht nur als Diskussionsvorschlag Sinn." "Richtig", sagt Ministeriumssprecher Harald Kreibich. "Etwas zum Diskutieren - für die Kommunen und den Landtag." Nach der vollmundigen Ministerankündigung vom Dienstag ("Wir wollen, dass jeder weiß, was auf ihn zukommt") wird jetzt kräftig gerudert - und zwar zurück. Noch einmal Kreibich: "Es besteht wirklich nicht die Gefahr, dass die Gemeinden heute oder morgen mit Umgehungen beglückt werden." In CDU-Kreisen schlägt man die Hände über den Kopf zusammen: Hat da jemand ungeprüft einen verstaubten Forderungskatalog ausgekramt? Nahrung erhält dieser Verdacht durch Wilfried Weidling, Leiter des Straßenbauamtes Sangerhausen: Irgendwann sei einmal eine Zuarbeit zur Bedarfsplanung an das Ministerium gegangen. Irgendwann, irgendwo, irgendwie. . .
Schon steht die Opposition auf der Matte. "Mit solchen Plänen werden Hoffnungen geweckt, die nicht realisierbar sind", sagt SPD-Sprecher Theo Struhkamp. Kreibich hält dagegen. Es gehe um Verkehrsführungen, um Ausweichstrecken für Autobahnen. "Da wird eine Kommune eine Umgehung erhalten, die noch gar nicht daran denkt." Aber womöglich erst in zehn oder elf Jahren.